Heft 
(1880) 41
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M. L. von Sosnowski in Posen.

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den besten Hoffnungen auf seine Zukunft erfüllen; er konnte mit Recht erwarten, daß er auf der fo glücklich betretenen Bahn zu einem akademischen Lehramt bald gelangen werde. Indessen sollten die Unsterne nicht ausbleiben. Unter den Zuhörern befanden sich auch viele junge Theologen, für deren Glaubens- sestigkeit man besorgt wurde, wenn sie dem fortwirkenden Einflüsse der philo­sophischen Vorträge Fischers ausgesetzt blieben. Von dieser Seite kam der Angstrus. Seine Lehre wurde nach dem Erscheinen des ersten Theils seinerGeschichte der neuern Philosophie" im Schooße einer kirchlichen Behörde des Pantheis­mus beschuldigt und im Juli 1853 wurde ihm plötzlich, ohne irgendwelche Untersuchung, selbst ohne Angabe der Gründe, durch eine vom Minister von Wechmar Unterzeichnete Verfügung die einem Privatdocenten widerruflich ertheilte venia IsAsncli entzogen. Die seitens der Universität unternommenen Schritte, um ihn ffeiner erfolgreichen, in ihrem Werthe anerkannten Lehr­tätigkeit zu erhalten, blieben ohne Erfolg. Ich erinnere mich, welches große und peinliche Aufsehen dieser Schritt des badischen Ministeriums damals in ganz Deutschland hervorrief. Man glaubte, daß die Reaction, die im vollen Zuge war, eine ArtVesper" wider die akademische Lehrfreiheit im Schilde führe. Indessen blieben die badischen Maßregeln ohne Nachfolge und beschränkten sich in Heidelberg auf Fischer und Gervinus. Jener schrieb zu seiner Ver­teidigung und zur Widerlegung irrtümlicher Anklagen^, die literarisch auf­getreten waren, die beiden Streitschriften:Das Jnterdict meiner Vorlesungen" undDie Apologie meiner Lehre"; im klebrigen benutzte er die unfreiwillige Muße, um das begonnene große Werk:Die Geschichte der neuern Philosophie" fortzusühren. Daß eine in der Sache so grundlose, in ihrer Folge so ver­nichtende Maßregel beschlossen und in der Form eines büreaukratischen Geschäfts ausgeführt werden konnte, hätten die betriebsamen Einflüsse einzelner Personen schwerlich erwirken können, wie rührig von ver­schiedenen Seiten sie sich in die Angelegenheit auch gemischt haben mögen. Die eigentliche Erklärung liegt in der damaligen kirchenpolitischen Lage des Landes. Nach dem Tode des Großherzogs Leopold' begann der badische Kirchenstreit. In Freiburg hatte man wegen Auflehnung gegen die Gesetze akademische Lehrer vom Amte suspendirt; die katholischen Parteiblätter priesen diese Märtyrer der kirchlichen Treue und tobten heftig gegen die Regierung, die in Freiburg die akademische Lehrfreiheit vernichte, während sie dieselbe in Heidelberg zum Schaden der Kirche ungehindert ihr Wesen treiben lasse. Die Regierung, schon eingeschüchtert und nachgiebig gestimmt, glaubte das Geschrei beschwichtigen und das Gleichgewicht der Dinge Herstellen zu können, wenn sie in Heidelberg gegen die akademische Lehrfreiheit als solche einschritt, was sie in Freiburg keineswegs gethan hatte. Einem Privatdocenten die vsnia, IsAsucki nehmen, kostete buchstäblich nichts, nicht einmal Gründe. Und der Minister von Wechmar war, wie keiner seiner Vorgänger und keiner seiner Nachfolger, ganz dazu augethan, aus solchen Motiven mit büreau- kratischer Trockenheit zu handeln. Baden hatte schon damals seinenCultur-

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