M. L. von Sosnowsk: in Posen.
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unterblieb,, als mittlerweile an die Stelle der Habilitation in Berlin die Berufung nach Jena trat.
Während der Jahre des akademischen Exils lebte Fischer zu Heidelberg in der Stille seiner glücklichen, eben begründeten Häuslichkeit, mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt, im Verkehr mit befreundeten Männern, unter denen besonders Gervinus und D. Frdr. Strauß zu nennen sind. Der letztere hatte sich im Jahre 1854 in Heidelberg niedergelassen. In seinem
poetischen Gedenkbuch findet sich ein schönes Monument jener Zeit in dem Gedicht „An Kuno Fischer:"
„Es waren Tage voll Genuß:
Man grüßte sich am frühen Morgen,
Vergaß im Redetausch die Sorgen,
In Zukunftsplänen den Verdruß".
Die Frucht der Heidelberger Muße in den Jahren 1853—56 waren Fischers Werke über Spinoza, Leibniz und Bacon. Aber die angenehmsten persönlichen Verhältnisse und die Fülle literarischer Aufgaben vermochten in dem jugendlichen Manne den Trieb der Lehrthätigkeit und das schmerzliche Gefühl ihrer Entbehrung nicht zu unterdrücken. Das ersehnte Ende der unfreiwilligen Muße kam durch den Ruf nach Jena (October 1856), einer Universität, die durch diese That den glorreichen Ruf ihrer Vergangenheit von neuem bewährt hat.
Fischer begann seine Lehrthätigkeit sogleich mnd eröfsnete sie mit Vorträgen über Kant und dessen Vernunftkritik. Mein Interesse, das ich für den philosophischen Lehrberuf und, wie ich gern gestehe, auch für die Person Fischers selbst hege, hat in meiner Erinnerung das Andenken an den glänzenden Erfolg, den er gleich Anfangs in Jena errungen, aufbewahrt. Das Auditorium war, wie in Fichtes Tagen, von Zuhörern überfüllt; nicht blos sein wissenschaftlich begründeter Ruf hatte die Zuhörer herbeigelockt, sondern die Individualität des Vortragenden, die Form und der Inhalt seines Gegenstandes bewirkten, daß der ungemein zahlreiche Besuch seiner Vorlesungen sich gleich blieb. Nicht von der akademischen Jugend allein, sondern von allen Kreisen wurde er willkommen geheißen und mit Sympathie ausgenommen. Unter einer einsichtsvollen und wohlwollenden Regierung, in der Mitte trefflicher Freunde, bei einem Lehrerfolge, der sich von Jahr zu Jahr steigerte und festigte, verlebte Fischer in Jena sechszehn der schönsten Jahre seines Lebens. Für den Winter 1865—66 wurde er beurlaubt, um den jungen Erbherzog, der während seiner Anwesenheit in Jena einige Jahre hindurch von ihm unterrichtet worden, auf seiner Reise nach Italien und Sicilien zu begleiten.
Während der jenaischen Zeit schrieb er den dritten, vierten und fünften Band seiner „Geschichte der neuern Philosophie"; seine ausführlichen und umfassenden Werke über Kant und Fichte. Die ersten Bände über Descartes, Spinoza und L eibniz erschienen in neuer, völlig umge-
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