Heft 
(1880) 42
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ksans ksoffmann in Stettin.

doch besser waren als grade ein armer blinder Junge, der obendrein recht häßlich war, seinem Namen zum Trotz".

Ja, und das ist er auch heute noch. Und da habt ihr Recht, sie hätte haben können wen sie wollte; zum Mindesten ein Dutzend von den jungen Burschen war längst halb toll nach dem schönen Kinde. Aber sie wollte es nicht anders, sie verschmähte Alle und nahm den blinden Krüppel".

Unbegreiflich! Und wie erklärt man sich ihren seltsamen Geschmack?"

Ei Herr, wenn ich die Wahrheit sagen soll, so ist sie durch ihre Lügen selbst daran schuld. Sie hat ihm so oft vorgelogen, er sei der schönste und reichste und beste Mensch im Lande, bis sie's am Ende wahrhaftig selbst geglaubt hat, wie's ja wohl Manchem geschieht, der Anderen ein Märchen aufbinden will: hat er es erst ein paar Mal erzählt, so fängt er an, es selbst

für wahr zu halten, und zuletzt schwört er darauf und ist dumm geworden,

wo er Andere betrügen wollte. Und so erkläre ich mir auch diese Seltsamkeit. Im Uebrigen ging die Sache ganz einfach zu: als seine Mutter todt war, wäre er wohl ganz einsam, elend und verlassen gewesen denn Don Elemente that zwar viel für ihn, konnte doch aber nicht immer um ihn sein wenn nicht das wunderliche Kind Carmela ihn getröstet und heimlich für ihn gesorgt hätte. Sie pflegte ihn nicht schlechter, als seine Mutter früher, brachte ihm sein Essen und seinen Wein, und, was das Sonderbarste dabei war, sie stellte sich, als ob sie das alles nur um Lohn thäte. Denn ich

sagte Euch schon, sie hatte ihm immer vorgeschwatzt, er sei reich genug, und

nun gab sie ihm manchmal Geld und sagte: Der und Der hat's gebracht als Pacht für Deine Vigne oder Deinen Oelgarten! Und dann ließ sie sich zum Schein ihre Mühe davon bezahlen. Sie ertrug es auch geduldig, daß man sie um dieses Treibens willen schalt und ihrer spottete; denn Ihr dürft glauben, daß schon damals mancher von den jungen Leuten neidisch und eifersüchtig war auf den Blinden, obgleich Carmela doch noch ein ganzes Kind war. Ja, ihre eigene Mutter tadelte sie, nicht aus bösem Willen, denn sie gönnte dem Checco gewißlich alles Gute, aber sie meinte, ihre Tochter verschwende thöricht ihr eigenes Gut an einen Bettler, der ihr nimmermehr vergelten könne, was sie an ihm gethan. Das Kind schwieg dazu, gehorchte ihr aber nicht. Auch war es nicht so gar arg mit der Verschleuderung ihres Gutes, denn Carmelas Mutter war so arm nicht, daß sie nicht den Checco und wenn's nöthig war, noch Einige dazu von ihrem Pachtzins hätte ernähren können.

So lebte das zarte Geschöpschen ganz und gar für den verlassenen Checco und war ihm Alles, Mutter und Schwester zugleich: und da hat sie sich's denn wohl allmählich so angewöhnt, daß sie's nicht mehr lassen konnte.

Nun starb vor Kurzem auch ihre Mutter. Und weil sie jetzt ganz er­wachsen war, so sah sie ein, daß sie nicht gut so ganz allein für sich leben konnte, und sie beschloß, sich kurz und gut einen Mann zu nehmen. Sie wollte aber durchaus keinen Anderen wählen, als ihren Checco, obgleich alle