Heft 
(1880) 42
Seite
406
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p?aul Lindau in Berlin.

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-Gelehrte Fausten Genesung bringen könne, ist mir etwas Ueberraschendes, und ich finde für diese Auffassung in der Dichtung keinen genügenden Anhalt.

Bald daraus macht Devrient einen andern Zusatz. Es ist ihm augen­scheinlich darum zu thun, daß Faust gesundet. Nun hat Mephisto, seine Ansicht geändert. Er erwartet nicht mehr von Wagner, daß dieser Fausten zur Genesung helfe

Nur bei Helenen kann er uns gesunden",

sagt er jetzt.

Zwischen dem zweiten und dritten Acte des Originals muß ein Ueber- gang hergestellt werden. Devrient hat diese Nothwendigkeit erkannt. Mephisto hat die Gestalt der Phorkyas angenommen. Er erlangt in dieser Ver­mummung den Zutritt zu Helena. Mit dem Homunculus, der da herum- irrlichterirt, muß doch auch wieder einmal gesprochen werden. So möge dieser denn später Helena aus der klassischen Walpurgisnacht zur gothischen Burg hiuüberführen! So hat sich's Devrient zurechtgelegt und aus diesem Raisonnement sind folgende Programmierst entsprungen, die Mephisto vorträgt:

Kaum als Phorkyade steh' ich da,

So naht schon Muhme Helena.

In den antiken Hüllen Zwing' ich sie meinem Witten.

(Zu Homunculus.) Nun leuchte zu,

Du Ausgeburt des Wissens, Du!

Bei Deinem Schein entführ' ich schnelle Aus Hellas Helena zur nord'schcn Helle".

Ja, wenn das gute, wenn's auch nur leidliche Verse sind, dann muß ich mich eines jeden Urtheils begeben. Denn mir kommen sie entsetzlich miß­lungen und gar betrübsam in widersinniger Komik vor:

Kaum als Phorkyade steh' ich da,

So naht schon Muhme Helena",

paßt doch eigentlich besser in eine Offenbachsche Parodie als in Goethes Faust". Diese Verse könnten gleich an den Auftritt der Könige in der Schönen Helena" sich anschließen:

Ich bin Menelaus, der gute, 'laus der gute, 'laus der gute,

Der Mann der Helena".

Muhme Helena", sagt Devrient schalkhaft. Das soll an Goethe anklingen. Ach, es klingt nicht an! Und die verwandtschaftlichen

Beziehungen zwischen Mephisto und dem göttergleichen antiken Weibe sind doch nicht dieselben, wie die, die ihn mitseiner Muhme, der berühmten Schlange" verbinden. Undzuleuchten" soll Homunculus!Du Ausgeburt des Wissens, Du", wie Devrients Mephisto liebkosend sagt. Auch da sollen wohl Goethes Klänge nachzittern:Du ahnungsvoller Engel, Du!" Nein, Devrient sollte keine Verse machen. Er kann's wirklich nicht!

Ebenso unerfreulich sind die Worte, die Devrient als letzte Ansprache Mephistos an den Homunculus richten läßt: