Heft 
(1878) 20
Seite
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Organisation ist ziemlich straff, die Häuptlinge haben aus­gedehnte Befugnisse, z. B. das Recht, die Frauen des Stammes zu verheirathen und ihren Preis zu bestimmen, der gewöhnlich auf ein bis zwei Schweine festgesetzt wird. Die Hütten find groß und außerordentlich kunstreich gebaut, zum Theil auf einer 4 Fuß hohen Steinunterlage sehr sorgfältig aus Bambus und Palmenblättern mit Hilfe von Stricken konstruirt und in mehrere Räume getheilt, mit einem Vorraume und einer ringsherum lausenden, nach außen offenen Galerie. Die Hofräume um die Hütten find äußerst reinlich gekehrt und mit hübschem Holzzaun umgeben. Die einzelnen Dörfer sind durch eine ca. 12 Fuß breite gepflasterte und vorzüglich im Stande gehaltene Kunststraße ver­bunden. Ebenso hat jedes Dorf zum bequemeren Anlegen der Boote eine große massive Steinpier. In der Mitte des Dorfes steht das Gemeindehaus, ein 120 Fuß und mehr langes Ge­bäude, von den Fremden gewöhnlich Bighouse genannt, das als Rathhaus, Casino, Herberge für Fremde und zu mehreren an­dern Zwecken dient. Vor dem Haufe ist ein freier Platz, einem Kirchhof ähnlich, mit großen Steinen besetzt. Hier werden die geselligen Zusammenkünfte abgehalten; auch zu unserer Ehre wurden Tänze aufgeführt und Gesänge vorgetragen. Letztere bestanden aus langgezogenen eintönigen unisono vorgetragenen Rythmen.

Interessant sind die vor den meisten Hütten in verschie­dener Menge und Größe, von einem Decimeter bis einem Meter Durchmesser, stehenden runden, durchbohrten Steine,

die genau wie Mühlsteine aussehen. Es ist dies das Aap- geld, das wenigstens in seinen größeren Stücken den nicht genug zu schätzenden Vorzug hat, daß man es ebenso schwer stehlen kann, wie einen eisernen Kassenschrank. Dies sonderbare Geld wird auf den Palauinseln, wo es indes nicht cursirt, aus Steinbrüchen gewonnen (es besteht aus einem krystallinischen Kalkstein), und sein theilweise hoher Werth beruht jedenfalls auf der schwierigen Fortschaffung der größeren Stücke über den stets bewegten Ozean vermittelst der kleinen Fahrzeuge. Hohen Werth haben auf Jap auch die von einem Theile der Einwohner ge­tragenen manschettenartigen weißen Armbänder, welche aus der äußeren Windung einer großen Schnecke gearbeitet sind.

Einigermaßen zu meinem Aerger, da ich nur wenige Stunden hatte an Land zubringen können, verließen wir schon am 3. Februar unter Dampf die Tomil-Bai. Der gute achter­liche Wind trieb uns schnell nach Südwest, und schon am folgenden Tage passirten wir die ausgedehnte Gruppe des Matelotas, auch hier umschwärmt von einer Reihe Canoes, die das sonderbare riesige fremde Fahrzeug bewunderten. Schon am 5., Sonnabend abends, kam der östlichste Punkt der Palau­inseln in Sicht, Kap Artingal. Wir kreuzten während des Sonntags an der Ostseite der Gruppe, umsegelten die Süd­spitze und erreichten am Montag, der Westküste entlang nach Norden dampfend, die aus den Karten falsch angegebene, ge­suchte Einfahrt durch das Korallenriff, welches die ganze Gruppe in der Entfernung von ein bis drei Seemeilen umgibt.

Die beiden Brautpaare.

(Zu dem Bilde auf Seite S17.)

Im Hause unseres greisen Kaisers herrscht hohe Freude, denn in wenigen Tagen werden eine Enkelin und eine Großnichte des Mo­narchen vor den Traualtar treten. Schon ist die Aussteuer der Prin­zessinnen den Augen des theilnehmenden und wißbegierigen Pu­blikums zugänglich gemacht worden, und die Berliner Zeitungen bringen lange Berichte über alle die Herrlichkeiten, die dort zu sehen gewesen sind. Andererseits wird auch das Schloß schon hergerichtet für alle die glänzenden Festlichkeiten, mit denen die Hochzeiten der Töchter aus unserem Kaiserhause umgeben zu werden pflegen.

Da ist es denn an der Zeit, daß auch das Daheim seinen Lesern das Bild der beiden Brautpaare bringt und demselben einige Angaben über das Alter der Betheiligten hinzufügt.

Die Prinzessin Charlotte, die Tochter unseres kronprinzlichen Paares, ist am 24. Juli 1860 zu Potsdam geboren. Ihr Bräutigam, der Erbprinz Bernhard von Meiningen, ist neun Jahre älter, denn er erblickte das Licht der Welt am 1. April 1851.

Die andere Braut, die Prinzessin Elisabeth Anna, die zweite Tochter des Prinzen Friedrich Karl, ist am 8. Februar 1857 ebenfalls in Potsdam geboren. Sie ist verlobt mit dem Erbgroßherzog Frie­drich August von Oldenburg, geboren 16. November 1852.

Jagdpoesic.

(Zu dem Bilde auf S. S25.)

So lange es lebt, hat unser Volk den Wald und das Waidwerk geliebt. Alle seine Lieder und Sagen sind erfüllt von Waldlust und Waidlust. Die Riesen gingen auf die Jagd, und der höchste Gott jagte allnächtlich von seinen Rüden umbellt durch die Lüste. In Friedens­zeiten lagen die deutschen Männer fast den ganzen Tag im Walde; an Eber und Bär machten die jugendlichen Recken ihre Probestücke. Alle großen Helden, welche die alten Epen besingen, waren kühne Jäger. Im Nibelungenlied ist die Jagd derwaldfrische Hintergrund" des blutigen Todes Siegfrieds. Die Volkslieder des XV. und XVI. Jahr­hunderts lassen das Jagen meist in ein Liebesabenteuer anslaufen:

Es ritt ein Jäger wohlgemut!) als er da kam auf grüne Heid', wohl in der Morgenstunde, fand er seines HerzensLustundFreud; wollt jagen in dem grünen Wald im Maien am Reihen mit seinem Roß und Hunde; sich freuen alle Knaben und Mägdelein.

Aus viel späterer Zeit stammt das Lied, dessen Anfang uns beim Anblick des Simmlerschen Bildes unwillkürlich in den Sinn kam:

Ein Jäger aus Kurpfalz Ju, ja, jn

der reitet durch den grünen Wald, ja lustig ist die Jägerei

er schießt das Wildpret her allhier auf grüner Heid'!

gleich wie es ihm gefallt.

Doch weiter paßt das Lied nicht zu dem Bilde; denn der Dichter zielt auf einMägdlein" hin, während der Maler die Heimführung des mächtigen Hirsches, der Beute des Tages, feiert.

Auch die Jagd als solche, ohne Liebesanklänge und ohne jegliche Symbolik, hat ihre Vertretung in der deutschen Poesie gefunden. Ein Stück solcher Jagddichtung enthält Gottfried von Straßburgs Tristan und Isolde". Das ganze fünfte Buch handelt von des Helden Jagdkünsten, die an einem Hirsch zur Ausführung und An­wendung kommen. Zuletzt ordnet er nach allen Regeln den Zug:

Paart euch aber zwei und zwei und reiht euch ganz so wie ihr wißt, daß der Hirsch beschaffen ist er selbst reitet vorauf und läßt seinHelles Hörnlein" erschallen.

Die Blütezeit dieser eigentlichen Jägerlieder ist aber die Zeit von der Mitte des XVII. bis zu der des XVIII. Jahrhunderts; der fleißige Sammler Freiherr von Ditfnrth theilt in seinenDeut­schen Volks- und Gesellschaftsliedern des XVII. und XVIII. Jahrhunderts allein 25 solcher mit, die oft bis zur Ermüdung (gleich das erste hat nicht weniger als 34 Verse) das Jagen und die Jäger Preisen. Der geschmacklose Geist jener Zeit ist darin freilich unverkennbar; so heißt es in einem dieser Poeme:

Alle Künste weichen weit, Phvbns durch die Glnmsen guckt,

wann Diana steht im Streit. Wann in dem Parnassithal Klio sich duckt, Themis sich schmückt, Laut' des Waidmanns Widerhall.

Im Gegensatz zum Jäger des alten Volksliedes, der sein Lieb im grünen Wald findet, singt hierein rechter Waidmann":

Ich denk'darbei an meinen Schatz, derweil ich schon auf der Hatz so noch ruht in Federkissen, tapfer habe schwitzen müssen

Unter unser Bild würde aus dieser Jägerpoesie ein Vers der Parforcejagd" gehören:

Jtzo laßt Halali schallen Alle Jager, so zurücke,

recht in Heller Herzensfrend, kommen her im Augenblicke, weil das Hirschlein ist gefallen, und vergnüget überaus, und geworden eine Beut'! weil es gehet nun zum Schmaus.

So wechseln geschmacklose Einmischungen antiker Götter und Göt­tinnen mit hausbackenen Trivialitäten in den meisten dieser Lieder, doch finden sich auch einige, in denen man an denewig frisch sprudeln­den Quell der Volksdichtung" erinnert wird.

Bis auf den heutigen Tag singen die Dichter vonder Jagden munterer Lust", und werden es thnn, so lange es Wald und Wild zum Jagen gibt. Die anmuthigste Blüte aller Jagdpoesie ist aber, unserem Gefühl nach, das reizende Lied Uhlands:

Kein besser Lust in dieser Zeit, O säß' mein Lieb im Wipfelgrün, als durch den Wald zu dringen, thät wie 'ne Drossel schlagen! wo Drossel singt und Habicht schreit, o sprang' es wie ein Reh dahin, wo Hirsch' und Rehe springen daß ich es könnte jagen.

Briefkasten.

Auf mehrfache Anfrage,, theilsn wir mit, daß für die Errichtung des Denkmals zu Ehren Walthers von der Vogel weide in Bozen bereits 11,000 Gulden eingekmnmen sind, darunter Spenden aus Dorpat und Riga. Es fehlen aber noch 9000 Gulden, »m etwas Würdiges zu schaffen. Gaben dafür nimmt entgegen Herr- Professor Zingerle in Innsbruck. Herrn Hugo W., Poststempel Bischofs­werda. Es wird uns erwünscht sein, Ihre Vorschläge zn hören, wenn wir uns auch die Ausführung keineswegs leicht vorstellen.Postal t?ard" ans Middletow», Conneeticiit. Um Ihnen antworten zu können, müssen wir zuerst um Mitthcilung Ihres Namens bitten. Den Aufsatz über das Telephon mögen Sie immerhin in das Englische übersetzen. _

Inhalt: Vor dem Sturm. (Fortsetzung.) Historischer Roman von Theodor Fontane. Persönliche Erinnerungen aus den Jahren 1848 50. II. Abtheilung. VI. Gesichtstäuschungen und Gespenster­glaube. Bon G. Hallberg. Die westlichen Karolinen und die Insel ^ Pap. Von Dr. Koeniger. Am Familientische: Die beiden Brautpaare.

! Mit Porträtgrnppe. Jagdpoesie. Zu dem Bilde von W. Simmler.

Am Aarnitientische

Herausgeber: Dr. Woöcrt Koenig und Theodor Kcrmanir Aantenins in Leipzig. Für die Redaktion verantwortlich Htto Ktastng in Leipzig. Verlag der Daheim-Expedition (Kelhagen L Ksastng) in Leipzig. Druck von Z». K. UenSner in Leipzig.