Issue 
(1878) 23
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lischen Bestandteile enthalten, die nun als Asche auf dem Rost liegen, nachdem der Prozeß der Verbrennung die organischen Substanzen des Holzes in gasförmige Produkte verwandelte, welche durch die Esse dem weiten Luftmeer der Atmosphäre zuströmten.

Es hat lange Zeit gewährt, ehe die Bedeutung der Aschen- bestandtheile für die lebende Pflanze erkannt wurde, und wenn heutigen Tages auch noch nicht alle Fragen, die hierauf Be­zug haben, gelöst worden sind, so weiß man doch, daß eine Pflanze sich nicht normal entwickelt, sobald ihr die Mineral­stoffe entzogen oder ihr zu geringe Mengen derselben zur Ver­fügung gestellt werden. Ja, es wurde sogar durch Experimente nachgewiesen, daß, wenn einer Pflanze Eisenverbindungen vor­enthalten werden, das lebhafte Grün der Blätter und Stengel in ein krankhaftes blasses Gelb übergeht. Der Mangel an Eisen macht eine Pflanze bleichsüchtig. Diese Beobachtung, verbunden mit dem Umstande, daß in jeder Pflanzenasche kleine Mengen von Eisen gefunden werden, läßt zunächst erkennen, daß die Mineralstoffe zur normalen Ausbildung der Pflanze absolut nothwendig sind, wenn auch noch lange nicht mit gleicher Bestimmtheit der Einfluß eines jeden Aschenbestandtheiles auf das Gedeihen der Pflanzen nachgewiesen wurde, wie bei dem Eisen der Fall ist. Man hat ferner sestgestellt, daß ohne Kali- und Phosphorsäure die Entwickelung der Samenkörner zurückbleibt, und macht in der praktischen Landwirthschaft daher ausgedehnten Gebrauch von Pflanzennährmitteln, welche diese beiden wichtigen Stoffe enthalten, aber trotz aller bisherigen Forschung und Beobachtung herrscht über eine unorganische Verbindung, die in keiner Pflanze fehlt, die in der Asche aller Pflanzen aufgefunden wird, noch immer Unklarheit. Diese un­organische Verbindung setzt sich zusammen aus den beiden Ele­menten: Kiesel (Silicium) und Sauerstoff. Sie ist überall in der Natur in den verschiedenartigsten Formen verbreitet, sei es als weißer Sand an dem Ufer des Meeres, als Bergkrystall oder Achat, die zum Schmuck verarbeitet werden, als Feuer­stein, aus dem barbarische Völker einst ihre Steinwaffen her­stellten, oder als ein Bestandtheil des Granits, der sich zu hohen Gebirgszügen aufthürmt; der Name, den die Chemiker dieser Verbindung gegeben haben, istKieselsäure".

Wie soeben bemerkt wurde, findet sich die Kieselsäure, dieser harte starre Körper, in den Pflanzen vor; damit sie aber in die Pflanze gelangen konnte, mußte sie sich in aufgelöstem Zustande befinden, denn nur flüssige oder gasförmige Körper sind im Stande, durch die feinen Häute zu wandern, welche die Zellwände bilden, und in den mikroskopisch seinen Kanälen auf- und abzusteigen, welche das Gewebe des Pflanzenkörpers durchziehen. In der Thal ist auch die Kieselsäure in Wasser etwas löslich, fast jedes Qnellwasser, namentlich aber die Feuch­tigkeit des Ackerbodens, enthält aufgelöste Kieselsäure, die von den Pflanzen ausgenommen werden kann. Einzelne Pflanzen scheiden die Kieselsäure an ihrer Oberfläche wieder in krystal- linischem Zustande aus. Die Blätter des Schilfes verdanken ihre schneidende Schärfe der Kieselsäure, der Schachtelhalm dient den Schreinern zum Policen des Holzes, weil die Kieselsänre- ablagerung auf dem zart geriffelten Stengel die beste englische Feile an Feinheit übertrifft, und ferner besteht der glasharte, glänzende Ueberzug des spanischen Rohres aus derselben Sub­stanz, welche in runder Rechnung vier Fünftel der Gesammtmaffe des Montblancs ausmacht aus Kieselsäure.

Die Pflanzenphysiologie kann bis zur Stunde noch nicht mit Gewißheit sagen, ob die Kieselsäure ein unentbehrlicher Nährstoff ist, und welche Bedeutung ihr für den Haushalt der Einzelpflanze zukommt; denn es ist möglich, jede Pflanze bei Ausschluß der Kieselsäure ganz normal künstlich zu erziehen, trotzdem aber finden wir dieselbe in allen Pflanzenaschen und zwar in überwiegendem Prozentsätze. Wir stehen hier vor einem Räthsel, das noch der Lösung harrt, an welchem die darwini- stischen ThürbrecherAnpassung und Vererbung" bis jetzt, wie außerdem an so manchen anderen Vorkommnissen in der Natur, vergebens zu rütteln versucht haben, und so sehen wir, wie ein Häuflein Asche dem wüsten Treiben der modernen Natur­philosophie, welche bereits alles erfaßt zu haben vermeint,

was auf der Erden und in dem Himmel ist, die Wissenschaft und die Natur ein bedeutsames tsstiim Unts zuruft.

Verfolgen wir nun die Wanderungen, welchen die Kiesel­säure unterworfen ist, nachdem pflanzliche Organismen sich ihrer bemächtigten, so eröffnet sich unseren Blicken ein gar- merkwürdiges Schauspiel.

Alljährlich fallen die Blätter von den Bäumen des Waldes, um allmählich in Humus verwandelt zu werden. Die Kiesel­säure dieser Blätter wird von dem Regenwasser nach und nach gelöst und in die Tiefe geführt. Das Wasser sammelt sich und tritt bei günstiger Bodenbeschaffenheit an einem tiefer gelegenen Orte als Quelle wieder an das Tageslicht. Alle diese Quellen führen feinen weißen Sand, selbst wenn sie in Moorgegenden auftreten. Dieser Sand war einst als Kieselsäure in den Blät­tern der Waldbäume enthalten. Ist aber der Grund undurch­lässig, so daß keine Quellenbildnng stattfindet, dann sammelt sich die Kieselsäure in dem Boden an, und derselbe versandet nach und nach in der Tiefe. Eine derartige feste, fast sand­steinartige Schicht bildet den Untergrund jener öden Striche, welche Haide genannt werden. Unten in der Tiefe liegen die krystallinischen Massengesteine, welche dem Wasser den Abzug verwehren, darauf folgt die Kieselsäureablagerung, welche den Namen Ortstein erhalten hat. lieber dem Ortstein häuft sich lockerer Sand, den eine etwa fußdicke schwarze Humusschicht der Haidepanzer bedeckt, und auf dem Haidepanzer erhebt die Erika ihre rothen Blütentrauben.

Man war früher der Meinung, das Haideland sei der Sandboden von ausgetrockneten Seen, allein es fehlen Muschel­schalen und ähnliche Merkzeichen; man nahm sogar an, der Wind habe streckenweise den Flugsand zufammengetragen und auf solche Weise die Haiden angelegt, aber dieser Annahme steht die räumliche Ausdehnung jener trostlosen Gegenden hindernd entgegen.

Dort wo jetzt das Haidekraut blüht, Flechten und Moose den braunen Boden überziehen und nur hin und wieder ein schlanker Wachholderstrauch aufragt, dehnte sich einst dichter Wald. Allherbstlich sielen die Blätter, sie vermoderten zu Humus, während das Regenwasser die Kieselsäure anslaugte und dem Untergründe zuführte. Nach und nach häuften sich die Hnmussubstanzen auf der Oberfläche, der Boden änderte seine Beschaffenheit und versäuerte. Die Folge davon mußte ein Zurückgang des Waldes sein, der unabänderlich zu einem Knallbusch verkrüppelte. Das Terrain des zu Grunde gehen­den Waldes nehmen nun die Pflanzen in Besitz, welche wir noch heutigen Tages auf der Haide finden, vor allen das Haide­kraut. Seit Jahrtausenden holt diese genügsame, durch Härte und Unverwüstlichkeit ausgezeichnete Pflanze neue Kiesel­säuremengen aus dem Untergründe herauf und lagert sic in der Bodendecke ab. Rastlos wandert diese Kieselsäure durch die Pflanze von unten nach oben, da lebendiges Wasser sie nicht zuführen kann, und nach langen, langen Zeiträumen macht sich der Einfluß des felsigen nicht durchlassenden Untergrundes in der ärmlichen Vegetation auf der Oberfläche der Haide be­merkbar, während überall da, wo die durchlassende Beschaffen­heit des Bodens dem Wasser Abzug gestattete, fruchtbare Strecken zum Anbau entladen.

Für die Umwandelung einer Waldgegend in Haideland unter den erwähnten geologischen Bedingungen, werden große Zeiträume in Anspruch genommen, Perioden, die nicht nach tausenden, sondern nach hunderttansenden von Jahren zählen. Diese Annahme bedarf der Rechtfertigung.

Es läßt sich deutlich die alte Haide von der jüngeren unterscheiden. Die alte Haide ist auf das deutlichste durch den Ortstein charakterisirt, durch den Grausand und den braunen Haidepanzer, während bei der jüngeren und jüngsten Haide diese drei Eigenthümlichkeiten erst in der Bildung begriffen sind. Außerdem fehlt der jüngeren Haide ein gar gewichtiges Merkmal des Alters, das den uralten Haidewildniffen eigen ist das Vorkommen der seltsamen Grabhügel aus vor­historischer Zeit, jener Hünengräber, welche niemals im Ver­stecke der Wälder, sondern stets auf der Höhe des weithin sichtbaren Haiderückens aufgeworfen wurden. Die Hügel, unter