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Em dettlsches Familienblütt mit Illustrationen.
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XVI. IaijrMlljj. Ausgcgcbr» lim 18. Ulli 1878. Zer Jahrgang läuft nam Wolitt 1877 bis dahin 1878. 1878. 83.
Im Wahn.
Novelle aus dem Seeleben von Bernhard Wageirer.
Nachdruck verboten. Ges. v. 11./VI. 70.
(Schluß/
IV.
Der Prozeß gegen den Neger nahm schnellen Verlauf; es war ein leichtes, eine Menge Belastungszeugen in der Kolonie zu ermitteln, welche den Angeklagten von verschiedenen Gelegenheiten her rekognosziren konnten und unter denen der General- gouvernenr, welcher die Bekanntschaft am Hellen Tage gemacht, einer der zuverlässigsten war. Der Neger machte dem Gerichtshöfe die Sache dadurch leicht, daß er mit schützenswerther Offenheit alles eingestand, was sich auf seine Person zurückftthren ließ; desto nnzngänglicher war er freilich in Betreff seiner Mitschuldigen. In der Mehrzahl der Fälle war eine Beihilfe anderer Personen weder nachzuweifen, noch wahrscheinlich; bei dem Ueberfalle der „Else" war die Sache desto weniger zweifelhaft, ich trug die Spuren davon noch lange genug an meinem Körper mit herum. In Ermangelung eines besseren Anhaltes hatte Doktor Schreibe eine möglichst genaue Beschreibung des Mannes mit dem Pflaster auf dem Ange gegeben und die Polizei machte die größten Anstrengungen, des Menschen habhaft zu werden. Indes so fruchtlos wie möglich: cs fand sich keine Spur von ihm, in der Chinesenstadt, namentlich bei dem wackeren Tjnng, war nicht einmal eine Erinnerung wachznrufen.
Wer zu jener Zeit in Batavia anwesend war, wird sich ohne Zweifel der letzten öffentlichen Sitzung in diesen: aufregenden Prozesse erinnern. Den: Schwarzen, der mit Handschellen gefesselt, eine äußerste Seelenruhe an den Tag legte, wurde das Urtheil verlesen, und der Vorsitzende hielt es für angemessen, einige anerkennende Worte über die Geständnisse des Angeklagten fallen zu lassen.
„Sie verdanken der Aufrichtigkeit, mit welcher Sie alle Belaftungsthatsachen frcimüthig eingestandcn haben, die Milde des Urtheils!" schloß der Richter seine Rede.
Der Gefangene lächelte in feiner verschmitzten Weise und antwortete: „J,ch würde bedauern, wenn Sie mich überschätzten. Meine Aufrichtigkeit ist nicht erwähnenswerth, da ich nur mit
XIV. Jahrgang. 33. -lck.
dem Bewußtsein Geständnisse machte, in zwei Wochen ein freier Mann zu fein."
Große Sensation. Der Richter fuhr mit geröthetem Gesichte auf und sagte: „Sie gehen weit in der Offenherzigkeit; es wird dafür gesorgt werden, daß Sie auch im Gefängnisse Handschellen tragen!"
Was nun folgte, war von überwältigender Wirkung. Der Gefangene sah stumm aber mit dem alten spöttischen Lächeln auf die Fessel nieder, dann drehte er die Hände in den Ringen, bis sie die Verbindnngsstange packen konnten, dann eine Anstrengung, ein dumpfer Krach, und als Antwort streckte der Mann dem Richter beide Arme entgegen, deren jeder mit einem Bruchstücke des Eisens geziert war. Die Versammlung packte es wie Entsetzen vor einem entfesselten Raubthierc; die Polizeisoldaten machten eine schleunige Rückwärtsbewcgnng bis an die Thür, vermuthlich der eigenen Sicherheit wegen, der Gerichtshof erhob sich wie ein Mann, in: Publikum wurde von einigen Frauenstimmen um Hilfe gerufen.
„Ruhig, ruhig!" sagte der Schwarze, ohne sich von der Stelle zu rühren; „nachdem ich mich bereit erklärt habe, mich auf zwei Wochen vom Staate ernähren zu lassen, muß ich Wort halten. Sie haben nichts zu fürchten!"
Es war eine komische Situation ohne Gleichen. Der Ver- nrtheilte verneigte sich höflich gegen, die Richter, nickte dem Publikum vertraulich zu und verließ, von der Wachtmannschaft in respektvoller Entfernung gefolgt, den Saal. Natürlich hielt er Wort. Es war genau vierzehn Tage nach dieser letzten Verhandlung, als die Zelle, welche dem Neger in dem neuen Kolonialgefängnisse mit besonderer Sorgfalt hergerichtet worden war, leer gefunden wurde. Er hatte die Mauer in einer Nacht durchbrochen und sich eines Schornsteins zur Flucht bedient, wie? blieb ein unaufgeklärtes Räthsel. Ebenso dunkel blieb, wie der Mann die Kolonie verlassen konnte; auf der Insel wurde er nicht wieder gesehen.
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