Heft 
(1878) 39
Seite
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Am Aamikientische.

Eine kleine Geschichte vom Nutzen der Wissenschaft.

Folgende, von authentischer Seite uns mitgetheilte kleine Ge­schichte ist ein glänzender Beweis dafür, daß auch die scheinbar abstru­seste Wissenschaft manchmal hohen praktischen Werth haben kann. Der Khedive von Aegypten, welcher so nngehenre Summen für die Aus­grabung der alten Monumente, für Errichtung des Museums in Bulak und für die Erfordernisse der Aegyptologen bereitwilligst hergibt, trägt sich doch auch mit der Frage, welcher praktische Nutzen durch so großen Aufwand erreicht werden könne. - Der Khedive ist ein ausgezeichne­ter Mann; er hat die Würde des vootor jnris erworben; er will nicht nur orientalisch wirthschaften was er leider allerdings im ans- gibigsten Maße thut sondern er will von dem Glänzenden auch eine brauchbare, für die menschliche Gesellschaft wohlthütige Seite sehen. So richtete er im Jahre 1872 an seinen Bey, den Professor Brugsch, einmal die Frage, was die Erkenntnisz des ägyptischen Alterthnms denn wohl für das heutige Aegypten für einen Nutzen habe? Eine bedenk­liche Frage für einen Gelehrten, und Professor Brugsch wich ihr natür­lich zuerst dadurch aus, daß er die idealen Aufgaben aller Wissen­schaft hervorhob, gegen welche die Frage nach dem Nutzen zurücktrete. Der Khedive war damit nicht zufrieden, seinem Lande das Berständniß seiner Geschichte und die Blüten alter Kunst ausgeschlossen zu sehen; er meinte, ob nicht vielleicht in den vielen Papyrusrollen auch für die heutige Regierung des Landes ein praktischer Rath zum Kanon der Politik aufzufinden sei. Brugsch glaubte wegen der Verschiedenheit der heutigen Zustände dies verneinen zu müssen; jedoch sagte er, er sei im Stande, die gegenwärtig spurlos verloren gegangenen alten Gold- nnd Silberminen und die artesischen Brunnen wieder aufznzeigen. Der Khedive sah ihn ungläubig an und blieb auch bei seinem Zweifel, als Brugsch zum nächsten Tage sein Versprechen zu lösen verhieß. Der­selbe arbeitete nun eifrig in seinen Papieren und lieferte am andern Morgen dem Khedive die französische Uebersetzung der alten Texte.

Darauf reiste Brugsch zur Herrichtuug der ägyptischen Abtheilung bei der internationalen Ausstellung nach Wien. Im Jahre 1874 kehrte er dann nach Aegypten zurück und beeiferte sich, dem Khedive sofort seine Aufwartung zu machen. Zu seinem Erstaunen kommt derselbe ihm aus der Treppe entgegen, was sonst nur eine Auszeichnung für Fürsten ist, und bezeugt ihm seinen herzlichen Dank. Brugsch denkt natürlich an seine Bemühungen in Wien und betheuert, nur seine Schuldigkeit gethan zu haben; der Khedive aber erklärt ihm, es sei nicht das, sondern es handele sich um den praktischen Nutzen der Aeghp- tologie und um die wirklich aufgesuudenen Gold- und Silberminen und namentlich um die artesischen Brunnen. Er hatte nämlich sofort einen Offizier seines Generalsstabs mit der Erforschung dieser hochwichtigen Dinge beauftragt; General Stone ließ die große Karte anfertigen und so wurden, immer unter Anleitung der hieroglyphischen Berichte, auf der Straße zwischen dem rothen Meer und dem Nil, von Kosseir nach Koptos zuerst neun artesische Brunnen gefunden, hundert ägyptische Ellen (200 Fuß) tief, mit Quadern im Geviert gebaut und mit Treppen nach unten versehen, die, vom Sande gereinigt, wirklich reichliches Wasser lieferten. Auch die Bergwerke fand man. Der Khedive konnte nun bei Kosseir Fortifikationen anlegen und eine wichtige und sichere Straße durch die Wüste war dem heutigen Aegypten durch die Philo­logie zurückgegeben. C.

Elektrisches Licht.

Es ist nun keine Frage mehr, daß das elektrische Licht im großartigen Maßstabe neben der Gasbeleuchtung und theilweife dieselbe verdrängend, in der Praxis seine große Rolle spielen wird. Bisher war es mehr ein Luxnsgegenstand, wurde auf Theatern, bei großen Festlichkeiten, zu Rekognoszirungen nächtlicher Weile im Kriege an­gewandt. Jetzt ist aber die Periode gekommen, daß es zur Beleuch­tung von Städten und großen gewerblichen Etablissements Verwendung findet. In Paris hat sich vor kurzem eine Gesellschaft gebildet, die den Gasgesellschaften den Krieg auf Tod und Leben erklärt. Eine Anzahl der bedeutendsten Finanzmänner, darunter Fould, Baron von Wendel, hat ein Grundkapital von 7^ Mill. Franken zusammengebracht und will damit in Paris das Gas durch elektrische Beleuchtung er­setzen. Schon heute strahlt dieses Licht nicht mehr blos auf dem Opern­platze, sondern auch in den Lokalitäten des bekannten BlattesFigaro" und denGrands Magazins du Louvre". Natürlich benutzt man auch die Weltausstellung, um für die neue Beleuchtnngsmethode Propaganda zu machen. In Deutschland sind auch schon verschiedene große gewerb­

liche Etablissements durch elektrisches Licht erleuchtet; so z. B. in Leipzig die Fabrik ätherischer Ocle von Schimmel L Co. und das bekannte großeBibliographische Institut". In letzterem erzeugen vier durch Dampfkraft in Thätigkeit gesetzte Reibungsapparate die erforderliche Elektrizität, welche durch Knpferdrähte zu den Kohlenstiften (Polen! im Maschinensaäle geleitet wird und hier vier elektrische Sonnen entwickelt, die gleich dem wirklichen Sonnenlicht die Nacht taghell erleuchten. Früher waren zur Beleuchtung des Saales 28 Gasflammen erforder­lich und doch war die Helle gegen die jetzige Beleuchtung nur eine ganz untergeordnete. Das elektrische Licht ist so stark und intensiv, daß eine angeziindete Gasflamme auf die davor gehaltene Hand einen deutlichen Schatten wirft. Die Intensität des Lichtes wirkt auf das Auge keineswegs irritirend oder blendend, wie denn überhaupt das Licht durchaus gleichmäßig und in mächtiger Fülle entwickelt wird. Wenn nun auch die Herstellung des elektrischen Lichtes nach dem neuen Erzeugungsverfahren immer noch doppelt so hoch im Preise zu stehen kommt wie das Gaslicht, so gewährt es doch so bedeutende Bortheile, daß dessen Einführung in größere Etablissements dringend geboten er­scheint. Abgesehen von der Tageshelle, die gewonnen wird, ist das elektrische Licht der Gesundheit des Arbeiterpersonals nicht nachtheilig, während das Gaslicht die Luft in geschlossenem Raum geradezu für die Athmungsorgane verderblich macht, worunter auch die Arbeitskraft des einzelnen Individuums zu leiden hat.

Obstkonservirung.

Wieder schmückt frisches Obst unsere Tafeln, und bei der Fülle, in welcher manche Sorten vorhanden sind, kommt der sorgsamen Haus­frau natürlich der Gedanke nach der Konservirnng all der schönen Früchte. In dieser Beziehung hat man denn neuerdings ganz außer­ordentliche Fortschritte gemacht. Der Chemiker Piaz hat nämlich die allergünstigsten Resultate in der Obstkonservirung mittels Sa- licylsänre erhalten. Ohne jedes Erhitzen oder Aufkochen wurde die betreffende Obstsorte einfach in eine Flüssigkeit eingelegt, welche auf ein Liter Wasser 100500 Gramm Zucker und 2sig bis 3 Gramm Salicylsäure enthielt und dann die Gläser mit gewöhnlichem Schreib­papier verbunden. Himbeeren, Johannisbeeren, Stachelbeeren, Trauben, Kirschen, Birnen hielten sich ans diese Weise ein ganzes Jahr im Voll­besitz ihres Aroms; gekochten Fruchtsnften braucht nur etwa ein Gramm Salicylsäure auf das Liter Flüssigkeit zngesetzt zu werden, um sie völlig haltbar zu machen. Auch abgcnominenes Obst kann man jetzt besser aufbewahren als früher. Es lebt sozusagen in der Apfelkammer noch einige Zeit fort, wobei es unter theilweiser Zersetzung von Zucker eine große Menge Gase ausscheidet. Diese Gase riecht man oft sehr deut­lich in Kellern oder Apfelkammern. Ein Apfel von 50 Gramm Gewicht lieferte nach genauen Untersuchungen in sieben Wochen nicht weniger als 400 Knbikcentimeter Gas. Diese Lebensthütigkeit, die schließlich zum Verderben des Obstes führt, kann indessen schnell unterbrochen werden, wenn der Luft in der Obstkammer geringe Menge Aether, Phenol, Chloroform oder Schwefelkohlenstoff beigemengt werden. Der Redakteur von Dinglers polytechnischem Journal, Dr. Fischer, erhielt dadurch, daß er hin und wieder einige Tropfen reines Phenol auf den Boden seines Obstkellers tropfte, Aepfel bis znin nächsten Juli völlig frisch.

ürirfüalien.

Hrn. B. N. in Knaba». Wir theilen Ihre Berichtigung hier gerne mit.'Die Dacheim-Bcilagc Nr. 17. 1878 bringt die Nachricht, das; der Missionar Rein, dessen Station Wartburg in Sandilis' Gebiet liegt, seine Sachen packte und nach Kings-Wil!i ams-T own floh." Aus von ihm eiugcgangcnen Nachrichten ist er­sichtlich, das; er allerdings einige seiner Sachen nach King-Williams-Towu gesandt hat, daß er selbst aber mit seiner Christengemeinde aus den Kaffern in der Mitte der in der Nähe des Forts Cnnynghame bei Greytown angesiedelten loyalen Kaisern geblieben ist."

Inhalt: bin eaprieeio. (Fortsetzung.) Novelle aus der italie­nischen Gesellschaft. Von M. Lion. Eine Kaiserhnldigung unter der Erde. Mit Illustration. Tante Agathe. Ans dem Skizzen­buche eines Bielgewanderten. Edisons Phonograph. Von C. Bie­dermann. Mit zwei Zeichnungen. Amalie von Lasaulx. Ein Lebensbild ans der katholischen Kirche von Wilhelm Herbst. Vor dem Sturm. (Fortsetzung) Roman von Theodor Fontane. Die Krabbe beißt. Nach dem Gemälde von Burgers. Am Familien- tifche: Eine kleine Geschichte vom Nutzen der Wissenschaft. Elek­trisches Licht. Obstkonservirung.

Zur gefälligen Seuchtung.

Mit der nächsten Nummer beginnt das vierte Quartal des XIV. Jahrganges (JuliSeptember 1878). Wir ersuchen daher unsere Abonnenten, besonders diejenigen der Post zur Vermeidung der Bestellgebühr von 10 Pf. bei verspätetem Abonnement, ihre Bestellungen sofort erneuern zu wollen, damit keine Unterbrechung in der Zusendung entstehe.

Zugleich machen wir darauf aufmerksam, daß von früheren Jahrgängen nur nachstehende noch vollständig zu haben sind: VIII. (1872), IX. (1878), Xl. (1875), XII. (1876) und XIII. (1877); Preis pro Jahrgang in Nummern oder Heften 7 Mark 20 Pf., gebunden 9 Mark 60 Pf. Einzelne Quartale aus älteren Jahrgängen liefern wir, soweit vorräthig, zu 1 Mark 80 Pf., aus dem laufenden Jahrgange zu 2 Mark pro Quartal; einzelne Nummern gegen Einsendung von 35 Pf. in Briefmarken franko pr. Kreuzband. Einbanddecken zu jedem Jahrgang kosten 1 Mark 40 Pf. pro Stück. DalMM-ErpMtioil in Leipzig.

Herausgeber: Di-. Uovert Kocnig und Theodor Kermann Santenius m Leipzig. Für die Redaktion verantwortlich Kilo Atastng in Leipzig. Verlag der Daheim - Krpeditio» (Zlekhagen z Kkastng) in Leipzig. Druck von A. H. TeuSner in Leipzig.