Heft 
(1878) 51
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werden demnächst in den Krieg gegen die Türken ziehen," sagten sie, nnd im Kriege braucht man Geld."

Ihr habt ganz recht," erwiderte der Geistliche.Zieht Ihr wirk­lich in den Krieg, so will ich Euch gern unterstützen und zwar nicht nur mit Geld, sondern auch mit meinem Segen."

Damit begab er sich in das Nebenzimmer, holte 800 Rubel nnd händigte sie den Räubern ein. Sodann bespritzte er sie mit Weih­wasser.

Dieser ganze Vorgang hatie sich im Dunkeln abgespielt.

Sobald die Räuber fort waren, weckte der Geistliche seine Dienst­boten und ließ sie Sturm läuten.

Alsobald liefen die Dorfbewohner zusammen. Der Geistliche er­zählte ihnen, was sich ereignet hatte, forderte sie ans, den Räubern nachzusetzen, und schloß mit den Worten:Ihr werdet sie leicht er­kennen, denn das Weihwasser, womit ich sie besprengte, war Tinte."

Man verfolgte nun die Räuber und holte sie bald ein, denn sie fuhren ruhig ihres Weges und waren nicht wenig erschreckt, als sie erfuhren, daß sie schwarz wie Mohren seien.

Der Fall kommt demnächst zur öffentlichen Verhandlung.

Humor in der Wahlkartc.*)

Eine Kleinigkeit.

Alle Stünde sind im neuen Reichstag würdig vertreten. Es fehlt keiner, vom Kayser bis znm Landmann haben sie Sitz nnd Stimme. Sieh dir einmal das Namcnsverzeichniß unserer Ncichsbotcn genau an; da geht der Kayser mit dem Pabst, der Marschall mit dem Schenken, der Müller mit dem Becker. Böttcher und Schmid reichen sich die Hand, der Pflüger kommt mit dem Ackermann, Maurer und Zimmermann arbeiten zusammen, Richter und Schulze gehen vereint zur Sitzung, in der Jäger nnd Gnerber nicht fehlen dürfen. Wo das Volk sich in den Interessen der mannig­faltigsten Gewerbe so vertreten weiß, da kann des Landes Wohl ge­deihen!

Man denke nur, unter all den 397 Abgeordneten, die doch auch verschiedene Köpfe nnd Sinne haben, kommt doch nur einmal Streit vor, wird nur einmal mit List gekämpft nnd nur zweimal Unruhe laut. Was Wunder, wenn da alles in einem Triller jauchzt, der von der Bode bis zum Jordan, von Landsberg bis Fürth, von Holstein bis nach Stolberg hallt? Da sollte man jeden der Reichs­boten fortan nicht anders anredcn als:Lieber" oderTraut- Mann" oder auchLieb-Knecht"! Nnd solch ein Reichstag, der des Volkes Wohl bis auf den Dreher in Obacht nimmt, sollte in der Geschichte nicht anders heißen alsGroß" nndSchön". Wir brauchen nur einmal zu rufen:Hilf" nnd gleich ist einSchaff­rath" da.

Und welche Kämpfer sitzen im neuen Reichstage! Der Bär steht auf dem Bürensprung; der Löwe mit seiner Kraft, der hellsehende Falk, der schlaue Reinicke, der Bock, ja selbst die Katz, die viel­gesuchte; sie alle mühen sich ab um des Reiches Wohl und Wehe. Und das nicht allein im Lentze, wo der Knobloch schießt nnd manche Blume blüht, nicht nur im Sommer, wo der Baumgarten Prangt, nein auch im Merz, wo nur die Fichte grünt, nnd selbst am Frey­tag, der für manche Leute im Kalender Braun nnd Schwarz an­gestrichen steht. Es mag sein, daß mancher lieber nach Weinheim ginge, um sich vom heimischen Krätzer zu erholen, oder zum Schön­born, um nicht immer Kalkstein trinken zu müssen; andere eilten vielleicht gern zum Norden, wo die Schneegans nistet, oder zum Süden, wo der stolze Römer wandelt, aber sie wissen cs alle von Colmar bis Ratibor, daß die PflichtHeilig" ist.

Und wenn nun in diesen Tagen einem Vater ein Kuäblein ge­boren wird, nnd er weiß nicht, wie er's nennen soll, so mag er auf die Reichstagsliste schauen und daher einen wohlklingenden Namen wählen. Da findet er Namen genug, z. B. Martin, Franz, Lud­wig; will er ritterlichere, so nenne er den Knaben Thilo, Günther, Werner oder Leonhard. Wir sehen, der Reichstag sorgt für alles, und wenn wir's recht wissen, will er sogar dafür sorgen, daß das Reich aus dieser schweren Zeit ins Friedenthal komme. Das gebe Gott! St.

^) Vgl. Beilage Nr. 48.

Das Paradies der Frauen

wird in den Vereinigten Staaten, wo die Frauen viele Vorrechte haben und sehr galant behandelt werden, jetzt das im fernen Westen gelegene Territorium Wyoming genannt. Das hat auch seinen guten Grund, denn hier nnd ebenso im Territorium Utah sind die Frauen vollständig cmanzipirt und in allen sozialen wie politischen Dingen den Männern gleich gestellt. Die Kroue setzte man den Rechten der Frauen kürzlich auf, als ihnen das Stimmrecht durch die nachstehende Akte verliehen wurde:

Rath nnd Haus der Abgeordneten des Territoriums Wyoming haben beschlossen: Daß jede in diesem Territorium wohnende Frau (Mädchen) von 21 Jahren bei jeder Wahl unter Beobachtung der be­stehenden Gesetze ihre Stimme abgeben darf. Ihr Recht, gewählt zu werden und ein Amt bekleiden zu können, soll unter Beobachtung der bestehenden Gesetze dasselbe sein wie das der Wähler."

Frauen sind nun schon in Wyoming Richter geworden, nnd Fran Richter Morris, eine Dame in reiferen Jahren und von sehr gestrengem Aeußern ist der Schrecken aller bösen Angeklagten, die ihr zur Ab- urtheilung überwiesen wurden. Da nun die Vereinigten Staatengesetze ihrerseits weibliche Richter und Geschworene nicht anerkennen, so ist jedenfalls ein in Wyoming gefälltes Verdikt, bei welchem Damen thätig waren, auch nicht für die ganze Union giltig.

Sollte einmal Wyoming den Wunsch anssprechen, als Staat in die Union cinzutreten, der es jetzt nur als Territorium angehört, so würden die abgegebenen weiblichen Stimmen auch nicht zählen, da die Union dieselben nicht anerkennt. Spricht man in Wyoming über das Frauen­stimmrecht, so erhält man die Antwort:Sehen Sie, die Sache ist harmlos, sie hat ans das endgiltige Resultat keinen Einfluß, das Votum der Schwester wird durch das des Bruders aufgehoben, das der Frau durch jenes des Mannes neutralisirt. Ist Mann und Frau verschie­dener politischer Ansicht, will sie für A., er für B. stimmen nun so können sie einfach sich vergleichen, bleiben zn Hause und stimmen gar nicht. Die Sache hebt sich. Warum also den Damen die Freude nicht gönnen?"

Dazu kommt, daß Wyoming nicht über 30,000 Einwohner zählt, und daß unter diesen fernen Westlenten das schöne Geschlecht noch rar ist; man zählt dort auf acht Männer erst eine Frau, nnd jedes weib­liche Wesen, mag es noch so verblüht sein, wird dort mit der größten Galanterie empfangen, gefeiert und sofort zur stimmberechtigten poli­tischen Bürgerin erhoben. Th. M.

Inhalt: Im Schatten erblüht. (Fortsetzung.) Von Germauis. Die Wupperthaler Festwoche. Bon H- Dalton. Die Zustände in Bosnien. Herr Neumann. Aus dem Skizzenbuche eines Viel- gewanderteu. Vor dem Sturm. (Schluß.) Historischer Roman von Theodor Fontane. Der Kampf ums Dasein. Originalzeichnung von H. Sondermann. Am Familicutische: Bor dem Grabstein. Zu dem Bilde von de Peerdt. Kleine Baumeister. Geistesgegen­wart. Humor in der Wahlkarte. Eine Kleinigkeit. Von St. Das Paradies der Frauen. Von Th. M.

Sricfkasteir.

T. in Z. Eine Biographie und Charakteristik des berühmten ..Altmeisters der Erdkunde", Gerhard Mercator. dem nnlängst in Duisburg ein Denkmal errichtet wurde, nebst seinem Bildnis; finden Sic im V. Jahrgang S. 708. N. M. Die noch jetzt gütigen Bestimmungen über den Eintritt als Kadett in die kaiserliche Marine sind enthalten in derAllerhöchsten Verordnung über die Ergänzung des O f fi zi crko rp s der kaiserlichen Marine vom 10. März 1874" (Verlag von E. S. Mittler nnd Sohn, Berlins W. au. Ein Lebensbild nnd Porträt Theodor Fontanes, dessen Roman Sic mit immer steigendem Interesse gelesen haben, brachten tvir im XI. Jahrgang S. 800 ff. Wir werden, mit Bezeig auf das Wort über Hansbibliotheken" von 1i. Herbst in Nr. 12 darauf aufmerksam gemacht, das; es einenFamil i cn - Sh ak cs p care" doch givt: ja sogar zwei Mal ist die Her­stellung eines solchen bereits versucht worden. Den ersten gab O. L. B. Wolfs 1840 heraus (im Berlage von I. Ä. Slargardt in Berlin): de» zweiten, zugleich für das Bühncnbcdürfniß mitbcrechnctcn, haben Eduard nnd Otto Devrient bei I. I. Weber in Leipzig erscheinen lassen. Es sind davon bisher drei Bände erschienen, welche acht ansgewählte Stücke des großen Dramatikers mit kurzen Einleitungen ent­halten. Devrients Bearbeitung, der die letzte Ausgabe der Schlegel-Tieckschen Ueber- setzung von Mich. Bernays zu Grunde liegt, ist mit eben io bühnenkundigcr wie dich­terisch taktvoller Hand ausgeführt und zum Lesen im Familienkreise wohl geeignet. Eine vortreffliche populäre Erläuterung der Hanptdramen Shakespeares hat Moritz Petri in seiner bereits in ztveiter Auflage erschienenen Schrift:Zur Einführung Shakespeares in die christliche Familie" (Hannover, Carl Me her) geliefert.

Nicht zu übersehen!

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