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sind die guten Geister, die sie schützen, und nm Ende thut sich ihr die Aussicht auf ein volles, ganzes Menschenglück auf: Ramer hat sein Leid überwunden, Neldas Wert in den Jahren der Trennung erkannt, und nachdem er den hemmenden bunten Rock ausgezogen hat, bietet er ihr die Hand, die das freie Weib, das keine Fesseln mehr trügt, auch ergreifen wird, wenn er gezeigt hat, daß er ihrer würdig ist. Neben den Hauptgestalten sind die Nebenpersonen mit vieler Liebe und großem Feinsinn gezeichnet. Mit etwas zn viel Liebe vielleicht sogar! Denn soviel sie auch zur Charakteristik und zum Verständnis der Situation beitragen, so lenkt eine gewisse Umständlichkeit das Auge doch manchmal allzu sehr ab, und es entstehen Längen, wo straffes Zusammenhalten an: Platze wäre.
Ferdin a n d von Sa a r ist dein gebildeten Leser ein guter Bekannter. Geistreich, vornehm, rein und warmherzig, treffen seine feinen, klaren Zeichnungen wohl nicht den Geschmack eines sogenannten großen Publikums, das nach grober Spannung und pikanten Details verlangt, überfeine „Novellen ausOesterrei ch " (Heidelberg, Georg Weiß) werden den alten Verehrern sicher neue hinzugewinnen. Wertvoll sind sie ohne Ausnahme, doch erscheinen nur die erste und die letzte voi: besonderen: Reiz. Ueber „Jnuocenz", der Geschichte des Priesters, der einst sein eignes jugendliches Herz überwand und nun ein freundlicher, kluger Berater der angefochtenen, überschwenglichen Jugend geworden ist, liegt ein schönes, mildes Herbstlicht und eine tiefe, wohlthnende Frömmigkeit, die in dem, der sie lehrt , wie in dem andern, der sie hört, gute, stille Früchte zeitigen muß. „Tanibi" ist ein Hund, der Hund eines Mannes, den ans Erden nur zwei Wesen geliebt haben: seine Mutter und Tambi. Dieser einzige Freund wird ihm auf einem Spaziergange von einem Forstgehilfen erschossen. Der Herr ist trost- und fassungslos; der Verlust des kleinen Tieres, das in der Kauz- lei zu seinen Füßen lag, das in Feld und Wald vor ihn: her sprang, dünkt ihm unüberwindlich. Und er ist es auch. Als
Soimenschiminernnd früher Vogelstimmen finden Freunde, die nach dein Unglücklichen suchen, seinen Hut in der Nähe
Sein Leichnam wird später bei der Schleuse eiues nahen
Hammerwerkes aufgefunden. Diese Lösung wird manchem selbst in Sears seiner Motivierung
scheinen, es sei denn, daß er selbst zu jenen „Tiernarren" gehörte, die sicher niemals kaltherzigeMen- schen sind, und die von der Freundestreue eines Hundes mehr halten als von der mancher sprachbegabten Geschöpfe.
Zu den in Deutschland wenig bekannten Maupas- sants gehört „Unser Herz", dessen Uebersetzung jüngst bei der Deutschen Verlags-Anstalt zu Stuttgart erschienen ist. Ein Buch für litterarisch Anspruchsvolle, die den großen Franzosen in seiner ganzen Schürfe, Kraft, Feinheit und Poesie genießen wollen. Noch niemals ist das eigentliche Wesen der Weltdame, der echten monäuine, subtiler, berückender, abschreckender geschildert worden. Aus Luxus, Eitelkeit, Geist uud Geschmack zusammengesetzt, entbehrt sie nichts vom Ideal des Weibes als nur ein wenig Herz, als die Fähigkeit, wirklich zu lieben, sich zu opfern, über einem andern sich selbst zu vergessen. Und der Mann, der in ihre Netze geraten ist, der auch von ihr geliebt wird — auf ihre Weise — er leidet, er kämpft, er zürnt, er flieht uud kehrt doch, von einem Blick ihrer Augen, einem Wink ihrer Hand bezwungen, zurück, unrettbar, auf immer dem Schicksal verfallen, das ihn vor diesem Bilde ohne Gnade auf die Kniee zwang.
Die polnische Litteratur steht auf einen: sehr hohen Standpunkte. Trotzdem sind von den Werken dieser Gruppe nur vereinzelte bei uns bekannt. Die Uebersetzung des Romanes „Der Nachtfalter" von M. Gawalevicz (Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt) gehört daher zu den besonders dankenswerten Unternehmungen. Ein eigentümliches Ding, dieser „Nachtfalter", gleich Man- passants „Unser Herz" eine mit der ganzen Subtilität des Forschers ausgeführte Analyse eines modernen Frauencharakters! Nur dämonischer, verwirrender, beinahe beängstigend, möchte ich sagen. Jedenfalls ist „Der Nachtfalter" kein Buch zum Einschlafen. Im Gegenteil, die Geschichte der bezaubernden, originellen, von allen Fiebern der Leidenschaft durchtobten und infolgedessen vollkommen
Gefühle, die sie so intensiv zu erwecken wußte, zu nachgiebig, zu reizbar, zu verblendet, zu brutal, zu egoistisch? Oder ist es die Zeit, welche die Schuld trifft, die Epoche, in der wir leben, und in der die Begriffe und die Naturen so merkwürdig zerfahren sind, daß sich so schwer zwei Individualitäten, zwei Persönlichkeiten, zwei Intelligenzen, zwei Herzen einander anpassen können, selbst wein: Liebe sie verbindet?! „Nichts ist heutzutage schwerer," läßt Gawalevicz den Erzähler von Lillis Schicksalen und ihren treuesten Verehrer weiter sagen, „als eine Harmonie und ein Gleichgewicht in der Sphäre der Gedanken und ii: der Sphäre der Gefühle herzustellen, umsomehr als wir die Einfachheit darin verloren haben, und das ist das größte Unglück unsers Geschlechtes. Wir sind allzu komplizierte Organismen; darum nehmen wir so leicht Schaden wie alle künstlichen Mechanismen in Uhren, bei denen schon das geringste Stäubchen zur Ursache wird, daß die Uhr falsch geht."
Er kann recht haben! Aber der andre hat mit seiner
anferstehen!" M. zur Megcüe.
Zu unfern Mtdern.
Das Denkmal für den Bürgermeister petersen in Hamburg, enthüllt am
direktionslosen Dame der vornehmen Warschauer Gesellschaft wirkt in hohen: Grade aufregend. Nur daß der Leser wohl nicht immer die Regungen des Mitleids für sie fühlen wird, die jene drei Herren erfüllen, die an einem wundervollen Sommerabend Lillis Roman mit den: schrecklichen Ende von Mörderhand an sich vorbeiziehen lassen. Aber daß es ein spannender Roman ist, auch in: psychologischen Sinne, wird niemand leugnen können. Und die abweichenden Erklärungen, die am Ende von den Freunden gefunden werden, müssen dem Leser nachgehen, ihn zum Nachdenken über diesen Charakter und dieses Menschenschicksal zwingen, wenn auch vielleicht ohne bestimmtes Resultat.
Kan: es daher, „daß ihre Eltern sie liebten und nicht zu erziehen verstanden, daß ihr Gatte sie liebte und nicht leiten konnte, daß ihr erster schwacher Liebhaber sie schnöde hinterging, und daß auch von den andern, die sie wirklich liebten, keiner einen Einfluß auf sie zu üben noch sie vorn Verderben zu retten verstand? Waren in der That die
Eine heitere Scene aus dem Kinder- und Tierleben rückt uns A.J. Elsley mit seinem Bilde „Entführung" vor Augen. Neckisch raubt das junge Fräulein der sorglichen Hnndemutter eines der Kleinen und thut, als ob sie mit ihrer Beute von dannen ziehen wolle, während Mutter
„Schoß der Familie" zurückgeführt sein.
Die zarte Frage, die aus Fritz Mar-
junge Herr an die holde, schämig auf ihre Stickerei niederblickende Schöne richtet, ist die alte, ur- ewige, die immer wieder gestellt werden wird, solange auf Erden liebliche Mädchen erblühen und von feurigen Jünglingen umworben werden. Welche Antwort der Werber aus seine Frage erhalten wird, ist unschwer von den: Antlitz der Maid ab-
Moiuent, wie uns der Spiegel verrät, die Mutter eintritt! Nun, wenn sie klug ist, zögert sie ein Weilchen auf der Thürschwelle und läßt dem Verhängnis nein, der Verlobung ihren Gang.
Dei: Schlußakt der aufregenden Hetzjagd rückt uns
G. K o ch auf seiuem
Bilde „Halali" vor Augen. Die
Meute hat den
grimmen Keiler ge- . stellt, so daß keii: Entweichen mehr möglich ist, und auf den hallenden Siegesrus der Hörner sprengen von allen Seiten die Weidgenossen herbei. Noch eine Weile, und den: überwundenen Recken des Waldes wird der Fang gegeben.
Das Denkmal, das die Stadt Hainburg ihren: hochverdienten, in: Jahre 1892 aus den: Leben geschiedenen Bürgermeister Pe-tersen errichtet hat, ist das letzte Werk des unlängst verstorbenen Wiener Bildhauers Viktor- Tilgner. Es ist ein Standbild, das die vornehme Gestalt des verewigten Bürgermeisters in altspanischer Tracht (noch heute die Amtstracht der Mitglieder des Hainburger Senates) wiedergiebt, in einer Haltung, als ob der Dargestellte sich soeben von den: neben ihn: stehenden Sessel erhoben hätte und zun: Beginn einer Rede sich anschickte. Die überlebensgroße, in Bronzeguß ausgeführte Figur erhebt sich auf einem einfachen, polierten Sockel aus tiesdunkeln: Granit, ii: den: nur die Inschrift „Bürgermeister Petersen. 1809 bis 1892" eingegraben ist.
rr. Oktober.