Aus Zeit und Leben.
„Bitte anzurufen: Zankt Niklas!"
Weihnachts-Telephon.
Mit Abbildungen nach Aufnahmen von Hofphotograph Marx in Frankfurt a. M.
HEitte anzurufen: Sankt Niklas im Weihnachtshimmel!"
„Hier Sankt Niklas! Wer dort?"
„Ach, Herr Sankt Niklas, zwei artige Kinder, die gern hübsche Bücher zu Weihnachten hatten."
„Seid ihr auch wirklich artige und gute Kinder?"
„Sehr artig. Frag nur Papa und Mama!"
„Na, ich werde mit ihnen reden und mich erkundigen, was für euch gilt ist. . . Schluß!"
Der brave Niklas erkundigt sich wirklich, ebenso thut er bei den andern artigen Kindern, die sich an ihn wenden, und nachdem er alles genau erfahren hat,
Die Bücher von K. Thienemann.
Den Kleinsten giebt er unzerreißbare Bilderbücher, den etwas älteren solche, die sie beim Erlernen der schwierigen Kunst des Lesens unterstützen können, und noch andre, die dem jungen Volke schon nette Histörchen bringen. Wer hörte nicht gerne zu, wenn Cornelie Sanier ihre herzigen Kindergeschichten erzählt, die unter dem Gewände leichter Unterhaltung so goldene Regeln bergen! Beispielsweise die hübsche Geschichte: „Hüte dich vor dem Zorn..."
Rrrrr . . . klinglingling ... Da soll einer sich vor dem Zorn hüten, wenn mall alle Angellblicke durch das Telephon gestört wird. . . „Hier Redaktion! Wer dort?"
„Ach, entschuldigen der Herr Redakteur! Ein armer bedrängter Onkel, der seit vierzig Jahren mit keiner Puppe gespielt hat, bittet um gütige Auskunft, was für Bücher er seinen kleinen Nichten schenken soll. Es müssen aber viele Puppen darin Vorkommen."
„Na, da kann ich Ihnen zufällig oienen. Kaufen Sie die Bücher von Emma Biller."
„Schiller? Der hat doch keine Kinderbücher..."
1898 (Bd. 79).
„Miller! Mit dem weichen P! Die Dame ist die bedeutendste Kennerin des Puppenvolkes und der Puppenseele. ,Lidas Puppe' entschleiert Ihnen die ganze Lebensgeschichte einer wohlerzogenen Puppe bester Herkunft; Sie können auch Zutritt in eine vornehme ,P uppe n- samilie* erhalten und sogar einen Einblick in das Huppen Paradies' gewinnen..." „Kommt auch ein Nußknacker darin vor?" „Ja, Nußknacker — Schluß!"
Das geht wirklich über die Puppen! Jetzt, kurz vor Weihnachten, wo einem die Arbeit über dem Kopf zusammenschlägt, noch alle halbe Stunde durch den greulichen Klingelgeist aufgeschreckt zu werden . . . Ha, da ist er schon wieder!
„Hier Redaktion. Wer dort zum Himmel- sakrament? ..."
„Ei, Sie sind ja heute recht höflich, Herr Doktor!"
„Tausendmal Verzeihung, Frau Rätin, ich hatte ja keine Ahnung, wem ich die Ehre danke. Bitte nur über mich zu verfügen."
„Nnn, Sie sitzen ja an der Quelle. Ich Hütte gern etwas recht, recht .Hübsches für meine Aelteste. Nicht mehr die reine Backfisch- litteratnr — darüber ist sie ja hinaus —,
Sie wissen, sie ist musikalisch reich begabt, aber es fehlt der rechte Ansporn."
„O, da ist ein ganz vorzügliches Buch erschienen: -R es i', Erzählung von der Gräfin Sophie Wolf-Baudiss in. Wenn Fräulein Anna das liest, wird sie gewiß einen neuen Jmpnls empfinden, nnd es ist nicht bloß ein Buch fürs Herz, sondern auch fürs Auge, denn zahlreiche Abbildungen begleiten die Heldin auf ihrer Ruhmes- , ' bahn... Darf ich mich jetzt
empfehlen..."
„Nein, noch nicht. Sie wissen, ich habe auch jüngere Kinder. Da ist die Meta mit zwölf und der Kurt mit elf Jahren."
„Aber gnädige Frau können doch nichts Besseres thun, als den beiden die neuen Jahrgänge des Deutschen Mädchenbuches und des Deutschen Knaben buch es zu schenken. Unterhaltung, Belehrung. Erzählungen,
Gedichte, fesselnde Schilderungen aus verschiede- ' >
neu Gebieten des Wissens, mancherlei zu Scherz und Spiel, und alles von einer Fülle künst- , ,
lerisch ausgeführter Abbildungen begleitet — '
mehr kann man doch nicht verlangen! Außerdem giebt es die prächtigen, überaus reich illustrierten Bücher von H- Malot: -Heimatlos' und -Daheim', beides Meisterwerke der Jugendlitteratur, speziell für die Knabenwelt den edeln Schützen Wilhelm Tell von Max Barack und den braven alten Robinson nach Campe . . . Sonst nichts? ... Höflichste Empfehlung . . . Schluß!"
Uff, uff! Fürsorgliche Mütter sind ein Segen fürs eigne Haus, doch manchmal eine Beängstigung für andre. Aber Tanten sind auch bedenklich, wie ich gleich erfahren soll . . .
„Hier Redaktion. Wer dort?"
„Stiftsdame Amanda von Leisegang. Darf ich einen Augenblick stören?"
„Sogar zwei bis drei."
„O bitte, für meine liebe Nichte, die von ihren harteil Eltern ganz verkannt wird, hätt' ich gern ein Buch, das sie über die rauhe Prosa des Daseins zu lichteren Höhen hebt..."
„Kausen Sie ihr -Das Haust ächte liehen' von E. Biller!" puste ich durchs Rohr und meine dabei : Durch dies herzige und gesunde Buch wird die verwöhnte Kleine gewiß auf den Pfad der treuen und gewissenhaften Pflichterfüllung geleitet werden.
Indem ich mich dem süßen Bewußtsein einer guten Thal überlasse, rasselt es schon wieder in dem unheimlichen Kasten ... O, diese schlechten Menschen von: Stammtische, die ganz genau wissen, wie schwer man gerade jetzt zu arbeiten hat, lind doch das Lüftchen nicht unterdrücken können, einen zu necken!
Da kommt zunächst der würdige Lehmann, der immer so thut, als sei er die Feierlichkeit selbst, während er doch den «Lchalk „hinter ihm" hat, und er fragt: „Du, der du alles weißt, künde mir, was ich meinem Vierzehnjährigen schenken soll." Und ich antworte: ,Don Quichotte' mit vier Farbenbildern und fünfunddreißig Textillnstrationen." Alsdann klingelt Müller an, der bekannte Müller, der nach dem Bädeker alle Erdteile bereist hat und aus die Frage, wohin er nun mit gesamter Familie seine Schritte lenken soll, die Erwiderung erhalt: „Gullivers Reisenin unbekannte Lände r."
Hierauf ärgert mich der Oberförster Schwarzkittel, der mit seinem Jägerlatein den Stammtisch fürchterlich anzuräuchern pflegt, und ihm biete ich Trutz mit dem aus allen Ländern und Zeiten gesammelten „Fabel sch atz" nnd „Münchhausens Reisen und Abenteuern". Als die Schalksgesellen gar nicht aushören, mich anzurufen, entschließ' ich mich kurz: „Geht zum . . . ja, geht zum Buchhändler und laßt euch von ihm die Weihnachtsbücher aus K. Thienemanns Verlag zeigen. Der sorgt für alle — vom gerade entwöhnten Säugling bis zürn reiferen Alter, wo vom Mädchen reißt sich stolz der Knabe. . . Schlußßü"
So, die hätt' ich glücklich abgeschlagen und kann mich nnn der wohlverdienten Ruhe freuen! . . . Doch mit des Geschickes Mächten kann ein Redakteur nicht fechten — da gellt es schon wieder aus dem greulichen Kasten. . .
„Hier Redaktion. Wer dort?"
„Kegelbruder Meyer. Bitte, nennen Sie mir doch ein pikantes, ein recht pikantes Buch, mit dem ich meinen Freund Anton überraschen könnte."
„Margarete von Bennigsens Deutsches Kochbuch! Darin stehen sehr pikante Sachen... Schlnuußß!"
kuer Zt. Niklas!
wer dort;