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Aeöer Land und Weer.
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liehst große Leichtigkeit verbunden werden. Man ist deshalb znm Beispiel davon abgekommen, hölzerne Masten zu verwerten , und verwendet jetzt bei großen Schiffen ausschließlich hohle Masten von Stahlrohr. Die erzielte Gewichtsersparnis ist ziemlich bedeutend. Ebenso werden Bor- und Hintersteven jetzt nicht mehr massiv, sondern hohl aus Stahlguß hergestellt; selbst die Davits (Eisengestelle), in denen die Boote hängen, sind hohl, und schon durch diese Kleinigkeit werden 20 Tonnen, gleich 400 Zentner, bei einem großen Schiff an Gewicht gespart. Bei dem neuen Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd wurden die beiden Schraubenwellen nicht, wie bisher üblich, aus Stahlguß, sondern aus Nickelstahl hergestellt, wodurch man allerdings an Gewicht sparte, dagegen den Bau bedeutend verteuerte.
Mehr, als weiteres über die Festigkeit zu hören, wird es interessieren zu vernehmen, wie man die Sicherheit eines modernen Schiffes seinen älteren Schwestern gegenüber vergrößert hat. Erstens hat man, um bei Kollisionen, die bei weitem die meisten Schiffsunfälle herbeiführen, und bei sonstigen Beschädigungen der Außenhaut zu verhindern, daß ein Schiff untergeht, dasselbe durch viele wasserdichte Längsund Querwände in eine Menge voneinander ganz unabhängiger wasserdichter Abteilungen geteilt und ihm außerdem noch einen doppelten Boden gegeben, der wiederum in viele wasserdichte Abteilungen zerfällt. Bei ungepanzerten Kriegsschiffen, die der Durchlöcherung durch feindliche Geschosse ausgesetzt sind, hat man oft über hundert solcher wasserdichter Abteilungen, von denen gefahrlos eine ganze Anzahl volllaufen können, bevor das Schiff sinkt. Diese Räume können sämtlich durch die Dampfpumpen und Lenzoder Eutleerungsrohre in kurzer Zeit leer gepumpt, „gelenzt", werden. Ein Hauptlenzrohr steht durch viele Nebenlenzrohre mit jeder einzelnen wasserdichten Abteilung in Verbindung und mündet in einen Sammelkasten im Maschinenraum, in dem die Röhren aller an Bord befindlichen Dampfpnmpen zusammenlausen. Wird nun die Außenhaut irgend einer Abteilung beschädigt und dringt Wasser in dieselbe eiii, so schließen sich die übrigen Seitenlenzrohre durch selbstthätige Ventile, und der Sammelkasten und die beschädigte wasserdichte Abteilung können durch die Pumpen bald gelenzt werden. Bei Kriegsschiffen hat man außerdem, wenn sie ungepanzert sind, um ihnen Sicherheit gegen feindliche Schiffe zu geben und die Unsinkbarkeit zu erhöhen, einen sogenannten Korkdamm angewendet, der sich in einer Höhe von circa 2 Meter und einer Breite von circa 1 Meter in der Gegend der Wasserlinie innenbords um das ganze Schiff hinzieht. Kork ist bedeutend leichter als Wasser und wird schon deshalb dazu beitragen, ein havariertes Schiff über Wasser zu halteu, außerdem hat er die Eigenschaft, wenn er naß wird, zu quellen. Er wird deshalb bald den Schußkanal verstopfen, eine Erscheinung, die man bei jedem vom Korkzieher durchbohrten Flaschenkork beobachten kann.
Ein zweites großes Sicherheitsmoment ist den neueren Schiffen durch das Doppelschraubensystem gegeben. Bei den hölzernen Raddampfern, die einst den Ozean kreuzten, konnte man von Sicherheit wohl überhaupt nicht reden, denn bei der damals wackeligen Konstruktion des ganzen
Schiff trieb als hilfloses Wrack auf dem weiten Ozean, weil es die Steuerfähigkeit verloren hatte, wenn es nicht gar infolge Verlustes des Gleichgewichts keuterte. Aber auch die älteren Einschraubenschiffe haben den Doppel- schraubenschiffen gegenüber Nachteile. Denn bei bedeutenden Havarien der Maschine oder der Schraube müssen sie auf Vorwärtsbewegung durch Dampf verzichten und versuchen, mit Hilfe der ihnen beigegebenen Segel einen Hafen zu erreichen, wo sie den Schaden reparieren können. Bei den hohen Decksausbauten, die viel Wind abfangen, und verhältnismäßig kleinen Segeln ist ihnen dies nicht immer
Nachteile ^der Einschraubenschiffe haben veranlaßt, daß die größeren Schiffe jetzt fast durchweg zwei ^ Schrauben bekommen, die von zwei voneinander ganz unabhängigen
der andern allein, ohne an Geschwindigkeit bedeutend zu verlieren, ihr Ziel erreichen. Die Sicherheit eines
modernen Doppelschraubenschnelldampfers, der mit einer genügenden Anzahl von wasserdichten Schotten und genügend starken Verbünden versehen ist, ist sehr bedeutend, und es müssen schon gewaltige Naturereignisse eintreten, wenn ein solches Schiff verloren gehen soll.
Einen großen Wert legt man auf die Stetigkeit. Darunter versteht man die Fähigkeit eines Schiffes, schweren Seegang mit möglichst ruhigen und gleich
mäßigen Bewegungen Zn überwinden; man erreicht dies sowohl durch eine passende Einteilung des Verhältnisses
der Länge zur Breite und Tiefe als auch durch eine Zweckmäßige Anordnung der schweren Gewichte eines Schiffes. Unsre modernen Ozeanrenner besitzen als Länge etwa das Zehnfache der Breite und als Tiefe die Hälfte der Breite. Wühlte man die Breite und Tiefe zu klein, so würde das Schiff zu wenig Stabilität erhalten, es würde zu „rank"
werden, das heißt Gefahr laufen, bei schwerem Wetter zu kentern. Würde dagegen ein Schiff durch große Breite und Tiefe zu viel Stabilität erhalten und zu „steif" werden, so würde es sich, von See und Wind auf die Seite geworfen, zu schnell und heftig wieder aufrichten, das heißt stark „schlingern". Aber auch die Bewegung in der Längsachse des Schiffes, die für viele Passagiere noch viel unheilvoller wird als das Schlingern, das sogenannte Stampfen, läßt sich bei einer richtigen Konstruktion bedeutend vermindern. Es ist aus diesem Grunde nötig, daß die schweren Gewichte, Maschine, Kessel, Ladung, Kohlen in der Mitte ihren Platz finden und an den Enden, an Bug und Heck nur leichtere Gewichte angewendet werden. Auch das schon erwähnte Doppelschraubensystem soll einen guten Einfluß auf die Stampfbewegungen eines Schiffes ansüben.
Bei den kolossalen Dimensionen eines modernen trans-
zu erreichen, wenn nicht der größte Teil des verfügbaren Raumes durch Maschinen-, Kessel- und Kohlenräume eingenommen würde. Eine moderne Schnelldampfermaschine hat eine Höhe von circa 13 Meter und eine Länge von circa 15 Meter, sie nimmt die ganze Breite eines Schiffes in Anspruch und reicht durch alle Decks mit Ausnahme des obersten. Die großen überseeischen Dampfer haben in der Regel sechs bis sieben Decks übereinander, das Sonnen-, Promenaden-, Brücken-, Ober-, Haupt-, Unter- und Orlop- deck. Von diesen sind Ober-, Haupt- und Unterdeck durchlaufende Decks, sie reichen vom Bug, bis zum Heck. Von den übrigen sind Sonnen-, Promenaden- und Brückendeck etwa von der halben Länge des Schiffes in der Mitte angeordnet. , Ueber dem Oberdeck liegen noch vorn das Backdeck oder die Back, hinten das Poopdeck oder die Poop. Unter dem Unterdeck liegt das Orlopdeck, das zum Aufbewahren von Material, Proviant und so weiter dient, aber zur Unterbringung von Passagieren nicht mehr benutzt wird. Das unterste bewohnte Deck ist das Unterdeck. Hier wohnen die Passagiere dritter Klaffe, die Zwischendecker, von denen ein großer Ozeandampfer über 2000 unterbringen kann. Während auf alten Schiffen das Unterdeck oft kaum so hoch war, daß ein erwachsener Mensch aufrecht stehen konnte und die Ueberfahrt über den Ozean in dem dunstigen und schlecht ventilierten Raum nicht zu den Annehmlichkeiten des Lebens gehörte, baut man jetzt die Schiffe so geräumig, daß auch das Unterdeck eine Höhe von 2^4 bis 2Vz Bieter hat. Steigen wir eine Treppe hinauf, so kommen wir auf das Haupt- oder Zwischendeck. Bei allen neueren Schnelldampfern liegt in diesem das Hauptprunkzimmer des Schiffes, der Speisesaal erster Klasse, immer in dem von den Dünsten der Maschine verschonten Vorschiffe. Aus den englischen Schnelldampfern „Lucania" und „Campania" der Eunard Line ist dieser Raum 34 Meter lang und 22 Meter breit, auf dem „Kaiser Wilhelm der Große" sogar 35 Meter lang bei derselben Breite. Der Salon erster Klaffe des „Kaiser Wilhelm der Große" ist ein Meisterwerk des deutschen Kunstgewerbes. Er ist in italienischem Frührenaiffancestil gehalten. Die Wände haben einen Hellen Grundton mit leichter Vergoldung; in der Mitte der reichverzierten Decke öffnet sich ein Lichtschacht von 40 Quadratmeter, der bis Zum obersten Deck, dem Sonnendeck reicht und hier ein Oberlicht mit kunstvoller Glasmalerei trägt. In den Füllungen der Brüstung sind Gemälde angebracht, die Scenen aus den Kaiserresidenzen von alter Zeit bis zur Gegenwart darstellen. An diesen ersten Salon schließen sich nach vorn und hinten je zwei kleinere Gesellschaftssäle an, das Königin Luise-, Kaiserin Augusta-, Bismarck- und Moltke-Zimmer. Vor diesen liegen Passagierkabinen, dann folgen nach vorn Räume für Passagiere dritter Klaffe und ganz vorn für einen Teil der Mannschaft. Im Heck des Zwischendecks hinter dem großen Maschinenschacht liegen der Salon zweiter Klaffe und einige Paffagierkabinen zweiter Klaffe.
Wenn wir wieder eine Treppe hinaufsteigen, gelangen wir auf das Oberdeck. Dies wird fast ganz von Kabinen eingenommen, nur im Heck befindet sich ein Hilfssalon und das Damenzimmer zweiter Klaffe, dann folgen nach vorn Kabinen für Passagiere erster Klaffe; im Bug des Oberdecks liegt das Lazaret, und ganz vorn ist ein Teil der Mannschaft untergebracht. Das nächsthöhere Deck ist das Promenadendeck. Auf diesem liegen die meisten Gesellschaftsräume, im Hinterschiffe der Rauchsalon zweiter Klaffe, dann folgen nach vorn einige der teuersten und trotzdem begehrtesten Passagierkabinen erster Klaffe, Rauch- und Musiksalon, einige sogenannte Luxnskabinen, bestehend ans Wohn-, Schlaf- und Badezimmer und ganz vorn das Lesezimmer. Das Sonnendeck über dem Promenadendeck ist für Passagiere nicht zugänglich, auf diesem halten sich nur die dienstthuenden Offiziere und Mannschaften auf; hier liegt j die geräumige und elegant ansgestattete Wohnung des ! Kapitäns und ein Haus für die Kabinen der Schiffsosfiziere und Lotsen, ferner ein Ruder- und ein Kartenhaus. Au den Seiten des Sonnendecks sind die Rettungsboote ausgestellt, beim „Kaiser Wilhelm der Große" 24 Stück; sie sind fertig mit Proviant, Wasser, Kompaß, Rudern und Segeln ausgerüstet und können im Falle der Not sofort ausgesetzt werden. Ueber dem Sonnendeck liegt die große Kommandobrücke, aus der Telegraphen für die Maschine, Kompaß und der Dampfsteuerapparat stehen. Von dem
Luxus und Komfort an Bord eines großen Schnelldampfers kann sich ein Laie keinen Begriff machen. Alles, was zur Bequemlichkeit und Annehmlichkeit der Passagiere irgend erforderlich ist, ist vorhanden. Die neuen Schnelldampfer sind natürlich durchweg elektrisch erleuchtet, die Heizung ist Dampfheizung, mit Dampf wird sogar gekocht.
Es mag die Leser interessieren, wie sich die Besatzung eines modernen Ozeanriesen zusammensetzt. Auf dem „Kaiser Wilhelm der Große" sind circa 450 Mann und zwar: 1 Kapitän, 6 Offiziere, 2 Bootsleute, 6 Steuerer, 3 Zimmerleute, 42 Matrosen, 1 Obermaschinist, 13 Maschinisten, 12 Maschlnisten-Assistenten, 12 Schmierer und Jungen, 12 Oberheizer, 170 Heizer, 1 Arzt, 1 Zahlmeister, 1 Zahlmeisterassistent, 1 Barbier, 1 Oberkoch, 8 Köche, 14 Dampsköche und Bäcker, 2 Konditoren, 2 Schlächter, 2 Proviantstewards, 2 Oberstewards, 3 zweite Stewards, 114 Kellner, 12 Aufwäscher, 8 Aufwärterinnen, 3 Elektriker.
Martin D p L H.
Zu seinem öreihunöerijährigen Geburtslage,
23. Derernver 1897.
Von
L. KoWof.
AMon der Schule her sind uns allen wohl aus dem Unterricht über unsre einheimische Litteratnr seit der Zeit der großen Kirchenspaltung zwei Namen im Gedächtnis haften geblieben, an die sich die Vorstellung eines eigentümlichen, weitreichenden und von den einschneidendsten Folgen begleiteten Einflusses knüpft, obwohl die Träger derselben geistig kaum eine besondere Höhe einnähmen und sich eher durch eine gewisse Verstandesuüchternheit als durch glänzende Dichtergabe auszeichneten: die des von Kaiser Ferdinand II. 1625 in Wien feierlich zum Dichter gekrönten Martin Opitz und des in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Leipzig wirkenden Litteratur- profesfors Gottsched. Beide Männer hatten in ihrem Wesen in der That vieles miteinander gemein und teilten namentlich das Schicksal, daß sie, zur Zeit ihrer Wirksamkeit übermäßig gepriesen, später um so heftiger angefeindet wurden. Beides mit Unrecht, denn für den einen wie für den andern lassen sich neben unleugbaren Schwächen unbestreitbare Verdienste geltend machen, und zwar Verdienste, deren Betätigung zu entscheidenden Wendungen in unserm literarischen Leben führte. Von beiden ist Opitz fraglos der Bedeutendere; Gottsched kann nur als sein getreuer Jünger angesehen werden, im guten wie im schlimmen Sinne, und hat in letzterer Hinsicht die Sünden seines Meisters übel büßen müssen.
Opitz hat länger als ein Jahrhundert der Vater der Dichtkunst geheißen, und wenn diese Bezeichnung für unfern heutigen Standpunkt auch nicht zutrifft, konnte sie doch für die Litteratnr gelten, die ihn so nannte. Richtiger charakterisiert ihn Gervinus, wenn er für ihn das Verdienst in Anspruch nimmt, daß er die Poesie der Form, die Kunstdichtung in Deutschland konstituiert habe. Er that es, wie der geistvolle Forscher sagt, indem er aus Bewußtsein des Verfahrens ausging, Regeln aufstellte und den Verstand und Witz zu reimen zwang. Im Verlaufe des sechzehnten Jahrhunderts war die alte, phantasievolle Volksdichtung siech und abständig geworden: die Dame Poesie, die einst an den Fürstenhöfen und auf den Edelsitzen Deutschlands eifrige Pflege gefunden, war in die Städte hiuabgestiegen, in das Bürgerhaus und in die Handwerkerstube, und man behandelte sie, wie es hier seit alters her Brauch war, recht und schlecht, gewerbe- und zunftmäßig. An die Stelle des Schwungs und der Phantasie war ehrbare Nüchternheit getreten, die jugendliche Form war abgewelkt, und der Aufputz mußte alles machen, Tand und Flitterkram, wie eben spießbürgerliche Handwerker ihn zurechtzumachen vermochten. Das siebzehnte Jahrhundert brachte mit seiner trostlosen Kriegszeit vollends Entartung. Opitz war nicht der erste und nicht der einzige, der dagegen ankämpfte. Die heute so vielgeschmähten, weil in ihrem Wesen so wenig erkannten „Sprachgesellschaften" und vor allem die 1617 auf dem Schlosse Hornstein gestiftete „Fruchtbringende Gesellschaft" hatten nicht nur bei den höheren Klassen in Deutschland den Sinn für Dichtkunst geweckt, sondern waren auch vielfach fördernd mit Unterstützung litterarischer Unternehmen vorgegangen. Opitz verstand es mit seiner geschickten und geschmeidigen Persönlichkeit und mit einer immerhin über die Grenzen des Gewöhnlichen hinausgehenden Begabung, sich an die Spitze einer Bewegung zu stellen, zu der die ganze Zeit hindrängte: es galt, wieder Fühlung mit den geistigen Bestrebungen Zu gewinnen, die in Deutschland durch die sich an die große Kirchenspaltung des sechzehnten Jahrhunderts ankuüpseuden Wirren gehemmt worden waren, weshalb die Vorbilder für eine kunstgemäße Dichtung fast ausnahmslos vom Ausland gesucht werden mußten. Opitz wurde bei seinem Vorgehen von einer Anzahl von Mitstrebenden unterstützt, doch ist es nicht richtig, ihn als Haupt einer Dichterschule und diese als eine schlesische zu bezeichnen, da es sich um