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Ueber Land und Meer.
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vielen fast drahtartigen Stielen so recht dazu angethan, den großen Anforderungen des heutigen Bindekünstlers zn entsprechen. Es genügt dem Züchter aber nicht, daß die Natur ihm freiwillig das Gesuchte bietet; dort wo sie mit langen Stielen sparsam ist, null er sie zu seinem Willen zwingen, und so sehen wir oft Rosen auf schlanken Stielen von einhalb Meter Länge. Der Draht kann aber nicht ganz entbehrt werden, und besonders bei Blumenstücken, die eine Unterlage aus nneinandergefügten Blüten haben, oder bei solchen, deren Form in solcher Art gebildet ist, muß jede einzelne Blume noch an Draht befestigt werden. Die letztere Art von Blumenarbeiten nennt der feinsinnige Binder Pflasterarbeiten, und diese sind ihm ein Greuel; aber der Geschmack ist verschieden, und so verlangt der Käufer manchmal wunderbare Sachen. Ein Baugerüst aus Blumen hergestellt, zur Verlobung eines Baumeisters, eine Cognacflasche, vielleicht für einen Reisenden in diesem Artikel, oder ein Kohlenzug, alles das aus Blumen gebildet oder mit solchen ausgeschmückt, das gehört zn dem manchmal Begehrten.
Das find böse Answüchse der Bindekunst; betrachten wir aber ihre oft wirkliche Kunstwerke darstellenden Erzeugnisse, wie erquicklich wirken dann diese auf Auge und Herz. Hier bei einem Kranze die feine Abtönung der Farben, goldenes Gelb, immer in mattere Töne übergehend, um in tiefes Braun auszuklingen, und dazu ein zartfarbiges Lila verwendet; oder eine Blumenstaffelei, den Plüschrahmen umrankt von leichten Laub- und Blumenranken, und auf der mittleren Flüche ein Blumenstrauß, als hätte eines Malers Pinsel ihn hingezaubert.
Wenn sonst bei allem, was die Menschen zum Erwerb ergreifen, eine Ueberfüllung vorhanden ist, so mangelt es bei der Bindekunst an tüchtigen Kräften, und hier dürfte der gebildeten, einen Erwerbszweig suchenden Frau noch ein Feld offen stehen. An Bindern und Binderinnen ist zwar durchaus kein Mangel vorhanden, aber die meisten derselben werden fabrikmäßig ausgebildet, und wenn ein Geschäftsinhaber oder eine Geschäftsinhaberin nach einer ersten Kraft sucht, so gelingt es ihr selten, das zu finden, was sie für ihr Geschäft braucht. Die geringeren Kräfte werden als Andrahterinnen, wie diejenigen bezeichnet werden, die die Blumen mit Draht versehen und das Bindegrüu Herrichten, verwendet, so daß der Bindekünstlerin nur obliegt, ihren Kunstsinn bei der Zusammenstellung von Blumenstücken zu entfalten.
Es sind wohl auch vielfach männliche Personen in den Bindegeschüften thütig, und manche leisten geradezu Künstlerisches, aber es ist doch die richtigere Aufgabe für eine zarte und geschickte Fraueuhand, die Blumengebilde zu duftige,: Werken zusammenzustellen. Und bei der Ausschmückung von Wohn- und Festräumen und der Festtafel wird wohl auch die Frau stets das Richtigere treffen; es ist gerade ihr Gebiet, wo sie zu walten versteht, sie wird es so anzuordnen wissen, daß stets bei aller Pracht das Trauliche nicht fehlen wird.
Als Frauenerwerb wird auch der Beruf der Gärtnerin vielfach in Betracht gezogen; das ist aber ein anstrengender und mühevoller Beruf, dem sich nur starke, kräftige Personen widmen sollten. Ein gärtnerischer Betrieb verlangt eine kenntnisvolle und umsichtige Leitung, eine Kenntnis auch der kleinsten der vielverzweigten Arbeiten. In der Bindekunst aber wird die Frau einen ihren Kräften, Kenntnissen und Neigungen entsprechenden Beruf finden, und je mehr die ersten Bindekünstlerinnen aus den gebildeteren Ständen hervorgehen, desto mehr wird diese Kunst emporblühen und damit auch das Ansehen der Künstlerinnen. Wie viele gebildete Frauen giebt es, die sich in diesem Fach emporgearbeitet haben und Leiterin und Besitzerin der angesehensten Bindegeschäfte geworden sind.
Lauben überall.
will nun plötzlich ehrbar werden. Blick' ich zu Liebchens Fenster hinaus, Lsu, wie steif sieht's draußen aus!
Lachende Grübchen ich vor mir sehe,
Und es flüstert: „Bist doch ein jdeter!" Und es küßt: „Sin arg verdrehter!
Denn, mein grollendes Manschen, erlaube,
Dur pflege des Lrmöes.
^cenn uns heute auch jene weitgehenden seelisch-gemütlichen 6VD Beziehungen, die den Menschen früherer Tage mit
vermeintlich ^„sprachlosen" Mitgeschöpfe. Allerdings dürste sie oft in einem wenig rühmlichen Eigennutz begründet sein, der es bis auf den heutigen Tag auch verhindert hat, dem Tier irgend einen subjektiven Rechtsanspruch auf Schutz und Schonung zu gewähren. Roheiten und Brutalitäten aller Art sind ja auch in den zivilisiertesten Ländern noch an der Tagesordnung; indessen macht sich in weiten Kreisen auch ein erfreuliches Streben geltend, nicht nnr bei sich eine ver-' nünftige Haltung und Pflege der eignen Tiere anzustreben, sondern anch durch Bildung von Vereinen den ärgsten Ausschreitungen und Grausamkeiten entgegenzuwirken. Dazu gehört aber vor allem, daß man sich mit den Bedürfnissen und Gewohnheiten des Tieres bekannt mache, sich in sein Geistesleben einen Einblick verschaffe, seine Sprache und Gebärden kennen lerne.*)
Ein Tierbesitzer muß auch ein verständiger Tierliebhaber sein, das heißt, er muß stets die rechte Mittelstraße zwischen Härte einerseits und Verzärtelung andrerseits einzuhalten wissen, und dazu sollen ihm die nachfolgenden Winke einen gewissen Anhalt geben. Wir beschränken uns dabei auf den Hund, der die meisten Liebhaber zählt und, obwohl an: längsten mit uns vertraut, trotz alledem den meisten Mißgriffei: ausgefetzt ist.. ^lutuckis mutunäis gelten diese Bemerkungen aber auch für die Katzen, die Huftiere und alles, was da kreucht und fleucht und dem Menschen überantwortet ist, damit er sich als solcher, nach Goethe, daran erweise:
Edel sei der Mensch,
Daß ein gutes, reinliches, zug- und feuchtigkeitsfreies Lager für alle Tiere erste Bedingnis ist, haben schon mehrere Behörden anerkannt, insofern sie verordnten, daß beispielsweise für Ziehhunde, außer einem Tränkgefäß, im Winter und bei schlechtem Wetter ein Unterlagebrett mit Schutzdecke mitzuführen ist. Es sollte sich jeder human denkende Mensch, besonders aber die Mitglieder der Tierschutzvereine, zur Pflicht machen, überall auf die Einführung und Nachachtung dieser Verordnung zu Gunsten jener pflichtnaheliegenden Gründen nicht vorschreiben. Indessen scheinen die Besitzer, nach den: Aussehen der Ziere zu urteile::, in der Mehrzahl einzusehen, daß ihr eignes Interesse für eine gute Ernährung der Hunde spricht. Luxushunde werden es in dieser Beziehung oft nicht besser haben, insofern jede Verfehlung gegen das richtige Maß gleich ungünstige Folgen nach sich zieht. Junge Hunde sind mit sechs Wochen unbedingt von der Mutter zu trennen und auf eigne Füße zu stellen. Man setze ihnen dann täglich drei- bis viermal in einem weiten Napf laue Milch vor, die nach einigen Tagen zweckmäßig mit Hafermehl, abwechselnd mit Gerstenmehl oder geriebenem Roggenbrot, versetzt wird. In den folgenden Wochen kann, zumal bei größeren Hunden, daneben auch Brot und mageres Fleisch gereicht werden. Ai: letzterem ist, wenn man auf rasches Wachstum der Tiere reflektiert (Bernhardiner, Doggen und so weiter), etwa vom dritten Monat ab nicht zu sparen. Je sorgfältiger und reichlicher die Ernährung im erste:: Jahre erfolgt, desto sicherer wird die Erreichung größtmöglichen Wachstums erzielt werden. Jedoch gewöhne man den Hund bald an bestimmte Mahlzeiten. Morgens genügt auch für die verwöhntesten Tiere etwas Milch mit Brot, mittags Suppe (Brühe mit Hafergrütze, Bruchreis, Knochenmehl oder zerstoßenen Kalbsknochen, Brot, zerbröckelten Hundekuchen und Küchenabfällen) und eine Portion Fleisch, die für kleine Stubenhunde auf ein Minimum, für große Huude, besonders im ersten Jahre, wie gesagt, auf ein Maximum (zwei bis drei Pfuud) festzusetzen ist. Abends wie morgens alles in mäßig lauer Temperatur, ohne Fett und jegliches Gewürz, abgesehen von ein wenig Salz'. Für Abwechslung ist dabei stets zu sorgen. Dagegen sehe man von Knochenfütterung an: besten ganz ab; höchstens lasse man bei größeren Hunden, und auch da nicht vor Ablauf des ersten Jahres, Kalbsknochen zu. Fischgräten sowie die leicht splitternden Wild- und Geflügelknochen sind Hunden niemals zn geben, ebensowenig harte Röhrenknochen (von Rind oder Hammel), da bei dem gierigen Benagen derselben nicht nur die Zähne leiden, sondern durch Ueberanstrengung der betreffenden Muskeln auch Triefaugen häufig die Folge davon sind. Als Vorkehrungsmittel gegen Verstopfung gebe man dann und wann einen Löffel gutes Speise-Oel ins Futter, bei
dringenderen Fällen zwei bis drei Löffel Ricinusöl; dagegen vermeide man durchaus alle andern Mittel, als Schwefelblüte, Seifenwasser und dergleichen.
Mehrmaliges Baden in der Woche ist den Hunden ebenso heilsam wie angenehm. Man kann es bei der Nähe eines Flusses und bei trockenen: Wetter vom Mai bis tief in den Oktober fortsetzen, sorge aber danach für rasches Abtrocknen durch Abreiben oder Springen- und Laufen- respektive Apportierenlassen auf benachbarten trockenen Rasenplätzen. Man lasse die Hunde freiwillig ins Wasser gehen und zwinge sie nicht oder werfe sie gar hinein; man macht sie dadurch nur wasserscheu; dagegen helfe man durch anfangs nicht zn weit in den Strom hineingeworfene Stöcke oder Brötchen ihre Zaghaftigkeit besiegen. Beim Waschen
— stets in lauen: Wasser mit Bürste — vermeide man die Seife! Das Fell bleibt, besonders wenn diese Regel von Anfang an beobachtet wird, viel länger rein. Verfolgt man noch andre Zwecke, so setze man lieber ein paar Löffel dreiprozentiger Karbollösung hinzu (die Augen dabei zu schützen !).*) Dasselbe Mittel wende man auch beim Reinigen der Ohren an, besonders wenn das Tier durch häufiges Schütteln eine Affektion derselben anzeigt.
Vor allem gewöhne man den Hund an sorgfältiges, mindestens allwöchentlich vorzunehmendes Durchkämmen. Dasselbe beseitigt nicht nur die verfilzte Wolle mit einem großen Teil von Schinutz- und Staubteilen, sondern stellt auch die Porosität der Haarbekleidung her, die das Tier die Hitze keineswegs so empfinden läßt, wie es den Anschein haben könnte.
Viele Besitzer lassen langhaarige Hunde, besonders Pudel, im Sommer scheren. Abgesehen davon, daß das Haar dadurch dicker und härter wird, bei Halbgeschorenen im Nachwachsen auch länger als das Vorderhaar, möchte ich die Anfrage an die Betreffenden richten, ob sie ebensowenig Anstand nehmen würden, sich oder ihren Kindern Kopf und Hals zu bepacken, die unteren Extremitäten aber möglichst unbekleidet zu lassen? Sie würden jedenfalls mit der Antwort bei der Hand fein, daß dieses Verfahren den einfachsten Gesundheitsregeln widerspreche. Genau dasselbe gilt auch für das Tier. Man sollte meinen, daß das deutlich zur Schau getragene Unbehagen (um nicht Zu sagen Schamgefühl) es vor einer Prozedur schützen müsse, die auch allen Schönheitsgesetzen Hohn spricht. Von der Unsitte, den Tieren Schwanz und Ohren zu stutzen, die sich leider bis auf unsre Tage erhalten hat, will ich gar nicht sprechen. Sie ist nur als eine grausame Verstümmelung zu bezeichnen, die das Tier weder schöner noch irgendwie tauglicher macht.
Die Hunde sind recht empfindliche Tiere. Sie wissen eine freundliche Behandlung sehr wohl zu schätzen und erwidern sie durch Dankbarkeit und Gehorsam. Zuneigung kann man aber nur bei Gegenseitigkeit verlangen und erwarten. Ein Hund an der Kette wird zum wilden Tier und verliert auch seinerseits das Wohlwollen und die Liebenswürdigkeit, die ihm der Mensch bei einer solchen Behandlung vorenthält. Wie der Herr, so der Hund. Einen guten Hund kann nur ein guter Mensch ziehen.
Man untersage aber auch feinen Angehörigen kleine Quälereien und Neckereien. Die Hunde sind nervöse Tiere. Vor allem hängt damit die sogenannte Hundekrankheit, die Laune oder Staupe, zusammen. Wenn auch deren Ursache noch nicht völlig erforscht ist und viele Fälle von Ansteckung herrühren, so ist doch auch gegen diese Krankheit das beste Vorbeugungsmittel eine ernste und doch gütige und konsequente Behandlung. Ich kenne einen großen Hundepark, in dem nie ein Fall von Staupe vorgekommen ist. Dadurch wird eine ausgiebige Erziehung des Hundes keineswegs ausgeschlossen. Man vermeide aber dabei jede leidenschaftliche und rohe Züchtigung, helfe dein Tier vielmehr, über seine angeborenen Fehler hinwegzukommen , indem man es zum Beispiel anfangs nach eingenommener Mahlzeit an einen bestimmten Ort in: Hof bringt und bei Rückfällen sich bannt begnügt, unter ernster Zurechtweisung seine Nase über — nicht etwa in
— sein „Fehl" zu drücken; ebenso indem man bei den übrigen Kommandos: „komm, leg dich, apport, setz dich, gieb!" und so weiter, es unter fortwährender Wiederholung des Befehls ruhig in die gewünschte Lage versetzt und dort durch Streicheln und „so schön" belohnt. Welch angenehme Empfindung erwecken Herr und Hund, wenn letzterer auf den Ruf fröhlich wedelnd herbeigesprnngen und mit seinen treuen, glänzenden Augen den Herrn fragend und erwartungsvoll anschaut, gegenüber dem peinlichen Eindruck, den beide gewähren, wenn das Tier auf den rauh hervorgestoßenen Befehl mit eingezogenem Schwanz, scheu und furchtsam herankriecht.
Möchte es mir gelungen sein, die Ueberzeugung zu festigen, daß ein ruhiges Verständnis, eine nutzbringende Behandlung des Tieres nnr auf einen gewissen Grad von Achtung vor dein Tier gegründet sein kann, wie denn schon ein altindischer Spruch lautet: „Selig ist, wer alle Weser: achtet und keinem etwas zuleide thut, weder durch Handlungen noch in Worten und Gedanken." R. A.