Heft 
(1898) 23
Seite
361
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7g. Band, vierzigster Jahrgang. Oktober M7Preis vierteljährlich 3 M. so. Mit postaufjchlag 3 M. 75.

L'2,7

Inhalt:Von zarter Hand", Roman von Johannes Richard zur Megede (Fortsetzung). Moderne Lyrik, zwei Gedichte von Karl ^usse und Hedwig Gräfin Rittberg. Der Prozeß Zola.

von A. Schneegaus. Das Kren zigungsbild in den Ruinen des T i b er iu s-P a l a st es zu Rom, von L. H. Daskultur-

Won zarter: Kanö.

Roman

Johannes Richard zur Megede.

IV.

W^orläufig versilbere ich meine Pretiosen. Schön ist's llicht! Vor einem halben Jahre hätte ich's noch für unmöglich gehalten. Eine brillantbesetzte Tabatiere, die Friedrich der Große meinem Urgroßvater für eine ganz tolle Attacke höchst eigenhändig verlieh, einem Edelsteintrödler zn ver­schachern?. .. Nimm dich in acht, Graf Caren! Wenn der Adel seine Traditionen verkauft, dann wird ihm

! W. Gawalowski. Spruch, von A.^Stier.Sägern vom Kau- kasus, von t^eo^g Dad^^ st.

auch bald die Ehre feil. Und was für ein Spott­geld diese Kerls bezahlen! Was mir von Jugend auf ein unschätzbares Juwel schien, dafür bietet man tausend Mark. Ich ekle mich, diese Scheine anzu­fassen; sie sind schmutzig und gemein. Ob meine Hände jemals wieder rein werden? Ich fürchte, nein.

Ich wohne nicht mehr im Kaiserhof, ich esse nicht mehr im Monopole. Nicht als ob ich der > Gesellschaft überdrüssig wäre! Ich schäme mich vor ! ihr, wie ich mich fast vor meiner Tante schäme, die ich noch nicht ausgesucht habe. Dafür verkehre ich eifrig bei Le Forts. Da giebt's keine Tradition, keinen Botschafter, der mich auf meinen Gesundheits- ^ zustand anredet dennoch herrscht die eisige Kühle der höchsten Regionen. Und ich brauche diese Eis- ^ kühle, diese Form, die nie den Inhalt erraten läßt. ! Ich bin auch schon lange nur Form!

Aber ich will mich von katzenjämmerlichen Stim­mungen nicht unterkriegen lassen. Wenn's ex ist, giebt's noch gefällige Wucherer, und wenn das ex, wozu giebt's denn in Friedenszeiten Pistolen?

Die schöne Afta lockt mich nicht. Sie wird von

> Tag zu Tag kälter gegen mich, Zieht sich zusammen ! wie eine Meduse. Warum hast du eigentlich so ! tiefe grüne Augen, Mädchen? Zuweilen sehne ich

> mich doch nach dem rätselhaften Glanz. Es muß ! was dahinter sein! Merkwürdig, daß uns immer ^ nur das Geheimnis reizt. Und es ist ein feindlicher

Reiz auch bei mir. Wenn ein großes Feuer der ! Leidenschaft hinter der Smaragdhülle stammt, bin § ich enttäuscht. Ich will wissen, daß ein Nichts da- ! hinter ist! Im übrigen bin ich ein schlechter ! Menschenkenner. Nicht von Madame Le Fort geht i die Kühle aus, sondern von der grünüugigen Afta.

>!

MW

Zn drm Artikel: Der Prozeß Zola (Seile 366).

Zn dem Artikel: Der Prozeß Zola (Seile 366).

1898 (Bd. 79).

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