Heft 
(1898) 25
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Aus Zeit und Leben.

Aus dem Reiche der Alode.

(^en Wünschen zahlreicher Leserinnen entsprechend, haben wir <Is uns entschlossen, von Zeit zu Zeit Umschau aus dem Ge­biete der Mode zu halten und besonders geschmackvolle Kostüme aus dem Reiche der kapriziösen, aber unwiderstehlichen Herrscherin vorzuführen. Den Anfang machen wir mit einer Abendtoilelte von ausgesuchter Vornehmheit mit dazu ge­hörigem Mantel. Das lose Uebergewand der Toilette besteht aus weißen: Kreppchiffon, der an der rechten Seite mit echten schwarzen Chantilly-Spitzen inkrustiert wurde. Die Dekoration des Corsage und des oberen Rockteils wird aus sehr zarten Silberpailletten gebildet. Das Untergewand der Toilette ist aus Atlas iu der Farbe wilder Rosen gefertigt; aus gleich­farbigem Muffelinchiffon sind die epauletteartigen Aermelchen und die untere Rockumrandung, beide, wie unsre Abbildung

1898 (Bd. 79). Beilage zu Nr. 25.

zeigt, durch Schleifen aus schmalen schwarzen Sammet­bändern gehalten. Der Grund­stoff des Abendmantels ist reicher Satin Renaissance

Damast: seitlich reiche, gestickte Bordüre. Das Capuchon aus glattem Atlas wird von feinem Jais umgeben, ebenso der Kragen aus schwarzem Sam­met, der innen voll mit Federn und Kreppchisfon garniert ist.

Wir vervollständigen diese Beschreibung unsrer Moden­bilder noch durch' einige all­gemeine Angaben.

Die Abeudfrisnr ist natürlich viel komplizierter als die für den Tag berechnete Haartracht, da erstere die Aus­gabe hat, das Gesicht ohne Beihilfe des Hutes, der eine so wichtige Rolle für die Phy­siognomie spielt, zu schmücken. Infolgedessen muß die Abend- srisur mehr Erfindungsgabe be­weisen. Die große Kunst be­steht darin, daß man die Mode gewissermaßen zu verbessern und sie ganz dein Gesichte an­zupassen sucht. Von diesem Prinzip ausgehend, müssen wir das augenblickliche Bestreben feststellen, das sich täglich mehr verbreitet, nämlich zu den Haar­trachten des Empire zurückzu- rehren. Diese so äußerst gra­ziöse Frisur besteht aus einem auf der Höhe des Kopfes be­festigten Haarknolen; leicht gewellte oder gelockte Scheitel gehen bis aufs Ohr herab und umrahmen so das Gesicht in harmonischer Weise. Zu­weilen fügt man in den Haar­knoten kleine Locken, die ihn alsdann noch leichter erscheinen lassen. Die Ergänzung der Abendfrisur sind fast immer sehr biegsame Straußenfedern in Büscheln, die am Ende einen kleinen Knoten aus Jllu- sioustüll zeigen; über die Federn wird etwas Dia­mantstaub geworfen, was bei Licht von schönster Wirkung ist. Die Wahl der Federn richtet sich nach der Farbe des Kleides. Ebenso trägt man als sehr elegant einen Knoten aus metallbesetzten Spitzen oder einen Rosen­tuff mit hochstehender Marabout-Aigrette, aus der zwei Flügel aus schwarzer, mit Jaissteinchen über- säter Spitze emporragen. Diejenigen Damen, deren Haar nicht reich genug ist, können sich sehr gut durch Anwendung des ChignonAenitli" oder des l^eo-Ooräion" Helsen, ebenso auch durch dieepinZIe niei'vsilleuse", die gleichzeitig den Vorteil bietet, eine Straßenfrisur in eine solche für den Abend umgestalten zu können.

Junge Mädchen haben einen reizenden und sehr jugendlichen Kopsputz durch einen kleinen Kranz aus Mairöschen, der den Haarknoten umgiebt, sich mit den Locken verbindet und an der Seite in einem kleinen Sammetknoten endigt. Viele ziehen einfach

einen schönen Empirekamm vor, um die Frisur zu stützen und den Nacken zu zieren. Diese Kämme, die augenblicklich sehr in Mode sind, hat man aus Hellem Schildpatt, kirschrotem und jaspisfarbenem. Von zwei der hübschesten dieser Kämme, die

schnitten, der andre, nicht minder graziös wirkend, bildete nach oben fünf durchbrochene Blätter. Schildpattnadeln spielen über­haupt eine wichtige Rolle bei der .Ausschmückung der Frisur; sie haben verschiedene Formen, denen die Phantasie des Fa­brikanten die denkbar möglichste Abwechslung giebt. Die Nadel in Form einer Klaue, aus dem kostbaren hochroten Schildpatt mit blaßroten Reflexen, ist sehr originell, ebenso die Nadel Mang mit ihren Spitzen, die nach Art der japanischen Pflanzen geformt sind. Zur Vervollständigung der Abendtoilette sei noch das Collier aus mehreren Reihen von Perlen und Diamanten erwähnt, das von Brillantschließen zusammengehalten wird.