Heft 
(1988) 45
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NACHRUF UND WÜRDIGUNG

In memoriam Joachim Schobeß 9. März 1988 t

Am 9. März 1988, kurz vor der Vollendung seines 80. Lebensjahres, starb plötz­lich Bibliotheksrat i. R. Joachim Schobeß.

Der Verstorbene, der im Jahre 1980 in den Ruhestand trat, hat das Fontane- Archiv in fast einunddreißigjähriger Tätigkeit nach schweren Kriegsverlusten, die es noch 1945 erlitt, wieder aufgebaut und ihm internationale Geltung verschafft.

Als Sohn eines Försters in Lübben (Spreewald) geboren, bewirkten besonders die Erlebnisse während des zweiten Weltkrieges und in sowjetischer Kriegs­gefangenschaft eine Lebenswende, ließen sie ihn die Grenzen seines bisherigen Weltbildes durchbrechen und nach seiner Heimkehr im Jahre 1948 zu einem aktiven Mitgestalter der neuen humanistischen, demokratischen Ordnung werden.

Von entscheidendem Einfluß war für Joachim Schobeß im Jahre 1941 die Begegnung mit der Literatur der Sowjetunion, als er in eine von den faschi­stischen Truppen geraubte Militärbibliothek Einsicht nehmen konnte, die aus etwa 5 000 wissenschaftlichen Bänden bestand. Die Bücher, darunter Werke von Marx, Engels und Lenin, machten einen überwältigenden Eindruck auf den damals dreiunddreißigjährigen im preußisch-militaristischen Geist erzo­genen Heeres-Bibliotheksbeamten. Vieler weiterer, auch schmerzlicher Erfah­rungen in den folgenden Jahren bedurfte es allerdings noch, wie er selbst berichtete, um mit dem Militarismus völlig brechen zu können und sich dem Aufbau und der Förderung unseres Staates zu widmen.

Am 1. Januar 1950 hatte Joachim Schobeß seine bibliothekarische Tätigkeit in der damaligen Brandenburgischen Landes- und Hochschulbibliothek Potsdam aufgenommen. Besondere Verdienste erwarb er sich bei der Verbreitung von Kenntnissen über die brandenburgisch-preußische Geschichte, insbesondere den Zeitraum der Befreiungskriege 1812/13 betreffend, auch darin der Tradition Fontanes folgend. Der Wiederaufbau des Fontane-Archivs, die Propagierung des reichen Archiv-Bestandes sowie die Vielzahl von Beiträgen in Zeitschriften und Zeitungen zu den Themenkreisen Fontane und Brandenburgica sie erschienen in ununterbrochener Folge brachten ihm vielfältige Anerkennung ein. Dazu gehört vor allem die 1965 durch den Verstorbenen erfolgte Gründung unserer Zeitschrift, derFontane-Blätter".

Joachim Schobeß vereinigte in sich all das, was einen guten Bibliothekar äus- zeichnet: die Liebe zum Buch und die Sorge um seine Erhaltung, die Auf­geschlossenheit gegenüber den literarisch Interessierten, die Freude an der Vermittlung der Literatur sowie jene Akribie, die bei allen bibliothekarischen und archivalischen Arbeiten notwendig ist. Seine detailgenauen Kenntnisse, seine Verantwortung und sein Engagement für das Erbe Fontanes sind bei­spielhaft. Seine Leistungen wurden durch Staat und Gesellschaft wiederholt anerkannt:

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