Heft 
(1889) 03
Seite
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Deutschland.

Schwert außer Dienst stellt, seine eigentliche Wehr aber ganz reglementsmäßig zur Hand behält.

Gegen die vorgeschlagene Freilegung des Brandenburger Thores jedoch, ans welche sich der Beifall der Jury hoffentlich nicht mit erstreckt, wie gegen die mannigfachen anderen anf dem Papier demselben zngedachten Verunglimpfungen mnß rechtzeitig ein prinzipielles Veto eingelegt werden; es bekundet sich in all diesen Vorschlägen ein bedauerlicher Mangel an Sinn für Monumentalität und an künstlerischem Stilgefühl, wenn man es freilegen, beseitigen oder versetzen, oder gar in einen riesengroßen, plumpen Bogen einspannen will. Wenn einer der Wettbewerber dasselbe als für die Freilegung Prä­destiniert ansieht und es auf eine Stufe mit den Triumph­bogen stellt, so irrt er. Es ist seiner Entstehung, Bestimmung und Gestaltung nach ein Prachtthor einer mauerumfrie­digten Stadt. Es hat ihm künstlerisch wehe genug gethau, als es durch das Fallen der Stadtmauer aus seinem natür­lichen Zusammenhänge gerissen wurde; und man hat ihm einen Ersatz dafür freilich übel genug durch die augebauten offenen Säulenhallen zu geben verflicht. Das rettet wenig­stens die Grundidee und den Gesamteindruck, und dabei lasse man es bewenden. Wird doch der Platz als solcher nicht größer, wenn man ihn neben dem Thore öffnet. Au eine Ausführung ist wohl auch bei diesem Plane nicht zu denken, wiewohl dem geringere Bedenken als bei den vorerwähnten entgegenstehen würden. Als positives Ergebnis läßt der preis­gekrönte Entwurf die Einsicht zurück, daß der Pariser Platz, wie er ist, für ein höchst würdiges Kaiserdenkmal sehr wohl ausreicht.

Vom Fels zum Meer," von Fritz Sch aper in Berlin, unter Mitwirkung des Architekten Th. Ferb er, baut vor dem Brandenburger Thore eiuen pompösen architektonischen Hinter­grund auf, vor welchem sich das Reiterstandbild des Kaisers anf einem Postamente mit vier allegorischen Gruppeil an den Ecken erhebt. Dieses Postament möchte etwas zu konventionell erscheinen; ein Vorwurf, der aber nur in dem Falle trifft, wenn das Standbild von der gedachten architektonischen Um­gebung losgelöst werden sollte. Denn anderenfalls ermöglicht letztere noch eine ausgiebige Durcharbeitung des Gedankens. Ja, in dieser Richtung geht Schaper wohl zu weit, lvie es viele mit ihm gethan haben. Mancher hat geglaubt, man müsse lint Zuhilfenahme mich noch der Malereiein Stück Welt­geschichte" darstellen, wie einer der Konkurrenten dies auch als Kennwort gewählt hat, und man hat nicht bedacht, daß die künstlerische Darstellung sich gerade darin von der wissenschaft­lichen unterscheidet, daß sie nicht die nüchterne Wahrheit, son­dern den schönen Schein wiedergiebt.So wird der deut­sche Kaiser im einzelnen gemacht" schließt der Soldat in den Laufgräben vor Metz die Schilderung seiner Leiden. Aber das ist nicht die monumentale Anschauung der Sache. In der Geschichte haben wir alle, soweit wir auf Zurechnungsfähig­keit Anspruch machen können, den naiven Standpunkt des Heroeukultus überwunden. Sobald wir aber künstlerisch mo- uttmentnlisieren wollen, ist er die einzige Form, unter der die weltgeschichtlichen Vorgänge greifbar sind. Und gar Prag­matik laßt man da besser zu Haus. Ich will mit demjenigen Künstler nicht streiten, der die Vorstellung zu haben scheint, daß dem siegreichen Kaiser lediglich der fromme Augennufschlag, mit dem Geibelschender Herr hat Großes an uns gethan; Ehre sei Gott in der Höhe" zngefallen sei, während Bismarck festen Schrittes sein Pferd am Zügel den rechten und sicheren Weg geführt habe. Aber dies, als Gruppe plastisch dargestellt, als nationales Ehrendenkmal für Kaiser Wilhelm auszugeben, ist denn doch eine der seltsamsten Verirrungen. Soweit ist nun freilich Schaper nicht von dem künstlerischen Fach abge­wichen. Aber es wäre doch bedenklich, wenn seiner Auszeich­nung die Bedeutung beigelegt werden müßte, daß nach mangeln­der Ansicht das Nationaldenkmal zur Geschichtsklitterung aus­arten dürfe. Es wird aber auch wohl besser das Rechte tref­fen, wenn man annimmt, daß die biedere, hoheitsvolle und doch anmutige Schönheit der Sockelfiguren ähnlich denjenigen

am Goethedenkmal dem Entwürfe die Gunst der Jury ge­wonnen hat. Aber es bedürfte allerdings keiner Konkurrenz, um zu erfahren, daß Schaper vor vielen anderen im stände ist, derartiges zuverlässig gut zu machen.

Ebensowenig hat das Kvnkurrenzergebnis etwas Überra­schendes bezüglich des letzten Preises, der für den Entwurf unter dem KennworteDeutsch" an Johannes Schilling in Dresden, den Urheber des Denkmals auf dem Niederwald, gefallen ist. Nach seiner Idee soll sich aus dem Platze zwi­schen dem Opernhause und dein Kaiserlichen Palais ein stolzer Triumphbogen, mit dem Viergespanne der Siegesgöttin gekrönt, erheben, der von den Architekten Schilling und Graebner ausgearbeitet ist. Vor demselben steht in schlichter, vielleicht nllzuschlichter Gestaltung das Reiterbild des Kaisers, mH einem niederen ganz glatten Sockel. In dieser Gestaltung hat das Kaiserbildnis selber beinahe etwas Dürftiges. Zumal dem be­henden Rassepferde wird künstlerisch wenig Geschmack abzuge­winnen sein. Aber hierin lvie in allem, was sich ans das Dienstliche bezieht, liebte der Kaiser bekanntlich den streng­sten Realismus. Als er sein Reiterstandbild für die Kölner Brücke mit dem wundervollen Pferde in Meister Drakes Werkstatt besichtigt hatte, sagte er im Fortgehen zu seiner Be­gleitung:Ich bin froh, daß ich den Gaul nichr zu reiten brauche." Selbstverständlich sind, lvie überall, die Architek­turteile irr ausgiebigster Weise mit plastischem Schmucke bedeckt, der hier nur insofern einer besonderen Erwähnung würdig ist, als er durch Geschmack und Liebenswürdigkeit der Erfindung auffällig hervorragt. Aber das Mißverhältnis zwischen der Baumasse und dem Reiter ist gerade bei diesem Entwurf ein völlig erdrückendes, was um so empfindlicher zur Wirkung kommen würde, als der Triumphbogen an Ort und Stelle wohl noch mächtiger erscheinen dürfte, als er ist. Und hierzu wirkt seine eigentümliche Form noch verstärkend mit: die ge­krümmten kurzen Flügelbanten sehen aus, lvie wenn sie sich zusammeuzögeu, uni nicht mit den benachbarten Häusern zu- sannneuznstoßen. Außerdem hat für mich der Triumphbogen - abgesehen davoll, daß er selbstredend nur über einer wirklichen via triumchmlm seinen berechtigten Platz hat, in Verbin­dung mit dem Denkmale des Triumphators etwas geradezu Widersinniges, lvie denn auch thatsächlich kein Beispiel dafür existiert. Der Triumphbogen ist die Ehrenpforte, die man zur Erinnerung an die Feier an ihrem Orte stehen gelassen, nach­dem man ihre Formen in dauerhaftes Material tibertragen. Die Pforte kann der Idee nach so gut Jahrtausende stehen bleiben, nachdem der Trinmphzug sie hinter sich znrückgelassen, wie Stunden; aber, daß der Triumphator bei ihr mit ver­steinert, erscheint mir, ich wiederhole es, nicht anders als wi­dersinnig. In all solchen Dingen haben die Alten, die viel welliger bewußt rationell verfuhren als wir, eine Urteilsschärfe und ein Feingefühl bewährt, das wir nur bewundern und be­neiden können.

Das wäre etwa, was das Juryurteil Positiv sagt. Durch seiil Schweigen läßt es eine Menge voll Entwürfen unter den Tisch fallen, welche immerhin einer Erörterung im Sinne des Für oder des Wider wert gewesen wären. Es sind Namen im Dunkel der Kennwortnmschläge geblieben, deren Träger sich gerade bei den kompetentesten Fachmännern der Jury und in weiten Kreisen der Künstlerschaft wie des kunstsinnigen Publi­kums einer übermäßigen Wertschätzung erfreuen. Aber es ist auch von Entwürfen keine Rede gewesen, deren Urheber, nach­dem die Jury gesprochen, zum Teil den berechtigten Stolz ge­habt haben, das Visier der programmmäßigen Anonymität zu lüften. Es würde viel zu weit führen, hier den Versuch zur Ausfüllung dieser Lücke zu machen. Ich will nur mein volles Einverständnis mit dem Urteile anssprechen, das jüngst einer unserer ersten Schriftsteller bescheidentlichals Stimme aus dem Publikum" Verlautbart hat, indem ich noch des Entwurfes mit dem gefühlvollen Kennwortedenn er war unser" gedenke, als dessen Urheber sich der Bildhauer I. Knffsack in Berlin zu erkennen gegeben hat. Die beabsichtigte Aufstellung an der Schloßfreiheit so, daß das Schloß doch keine Freiheit be-