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Erscheint Sonuabcnds
und ist in der Post-Zcitniigsprcisliste unter Nr. 1738 eingetragen.
Berlin, den April.
Aiioimemcutsprers
bei der Post oder im Buchhandel vierteljährlich 3 Mark.
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Inhalt: Die talentvolle Frau. Novelle von Robert Misch (Fortsetzung^. — Die Verhältnisse der Offiziere. Von A. E. —Zn Max Nordaus „Evolntionistischer Ästhetik." Von vr. Paul Otto Schmidt (Fortsetzung!. —Grnndziige einer zeitgemäßen Umgestaltung des altsprachlichen Unterrichts auf den höheren Lehranstalten, namentlich den Gymnasien. Bo» Car! .Löhn tSchlnß.! Tie Anwendung der Glcktrieität in der Heilkunde. Von l>r. Gregor Rehmer, l. — Nante Strümp als Erzieher. Von einem Berliner. (Frei nach: „Rcmbrandt als Erzieher."! - „Tie Ärcutzcrsonate." Von F. Ai. — Kleine Kritik.
Hie talentvolle Iran.
Novelle
von
Rodert Misch. (Fortsetzung.)
wirst es mir später wiedergeben, wenn es Dir besser geht!" tröstete ihn dieser, als sich Stillsried anfangs ^ weigerte. „Übrigens revanchiere ich mich nur. Hast ^ Du mir nicht auch schon aus der Patsche geholfen?
Stillfried hatte den Freund einst von einer drängenden ! Wechselschuld befreit, und diesen Liebesdienst vergaß ihm der j dankbare, gutmütige Delarive nie. — Auch „Damen" verkehrten ! in dieser Gesellschaft. Es waren die kleinen Freundinnen vom ! Ballett des Hvftheaters oder aus den Modegeschüften der Stadt, j Mit ihnen machte man zu Schlitten oder zu Wagen Ausfahrten ! ili die Umgegend, nachdem man am Zielpunkt das Menu tele- ! graphisch vorherbestellt, mit ihnen lief man im Biebricher ! Schloßpark oder auf dem Rhein Schlittschuh. Einer der Herren, ein junger Millionär in 8pe, der Sohn eines Champagnerfabrikanten, besaß in einem der bekannten Orte des Rheingaues eine Villa, die ihm mit einigen Weinbergen sein Vater zur Bewirtschaftung und praktischen Ausbildung gekauft hatte. Erzog es vor, das von Wiesbaden aus zu besorgen, wo er sein ständiges Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Zuweilen lud er die ganze Gesellschaft nach seinem Landhaus am Rhein. Dann setzte er seinen Gästen die kostbarsten Leckerbissen und die feinsten Jahrgänge, die edelsten Auslesen aus seinen Kellereien vor. Hier machte der Dichter die Bekanntschaft einer kleinen, blonden Tänzerin, deren Herz gerade frei war. Eine Freundin hatte die herrenlose Balleteuse mitgenommen. Der Zufall setzte sie neben Stillfried, den die kleine Berlinerin nach einer Stunde bereits „einen famosen Kerl" nannte, mit dem „sie näher bekannt werden müsse." Dieser Sympathie für den Dichter gab sie im Laufe des Abends bei jeder neuen Flasche einen immer stärkeren und intimeren Ausdruck.
! In Wiesbaden spann sich das weiter fort. Die kleine blonde Emmy hatte nun einmal, wie sie den Freunden und Freundinnen lachend versicherte, einen Narren an „ihrem süßen, hübschen Dichtersmann" gefressen und ließ nicht mehr von ihm ab, so gern er sich auch von ihr zurückgezogen Hütte. Wohl sträubte er sich anfangs dagegen, aber seine Gewissensbisse wichen bald dem wiederholten Ansturm „der anspruchslosen Kleinen."
Asta litt unsäglich. Sie war jetzt meist allein. Nicht einmal mehr zum Mittagessen stellte er sich regelmäßig ein. Die gemeinschaftlichen Spaziergänge hatten schon längst aufgehört. Den letzten Rest des Geldes, der ihm vom Vorschuß des Verlegers übrig geblieben war, hatte er Asta für die Wirtschaft übergeben. Aber er mäkelte immerzu an dem Essen, das sie ihm vorsetzte. Sein Geschmack entwöhnte sich im Kreise seiner- neuen Freunde bald wieder der einfachen Kost, die sie der Ersparnisse halber bereiten mußte. Asta, die sich auch hier seinem Willen unterwarf, kochte darauf feiner und kostspieliger, sah aber mit Schrecken die Summe, die er ihr gegeben, immer kleiuer werden. Nicht um alles in der Welt Hütte sie etwas von dem Gelde nehmen mögen, das, wie sie wohl wußte, er von Delarive erhielt. Da entschloß sie sich, selbstthütig einzugreifen, bis er wieder Zeit und Lust zur Arbeit fand. Wenn der Freund aus Berlin, den sie jetzt als seinen und ihren bösen Dämon betrachtete, wieder fort sei, dann würde der Dichter mit frischen Kräften an ein neues Werk gehen, hoffte sie. Bis dahin mußte sie die ganze Last auf ihre eigenen Schultern nehmen. Sie setzte sich mit einem Verleger in Verbindung, für den sie französische Werke, und mit einer litterarischen Agentur, für die sie englische Zeitungsromane übersetzte. Es brachte nicht gerade viel ein, aber man konnte doch davon leben. Und während der Dichter seinem Vergnügen nachging, saß sie von frühester Morgenstunde an, oft noch beim Schein der Lampe, und arbeitete in fliegender Hast, um nur recht viele Bogen fertig zu bringen. Dann vertauschte sie rasch die Feder mit dem Löffel und bereitete das Mahl, das sie schon vorher auf den Herd gesetzt. Es bedurfte zum Glück keiner besonderen Stimmung und Samm-