Heft 
(1889) 31
Seite
513
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Erschciilt Sonnabends

und ist in dcw Post-Zeitungsprcisliste unter Nr. 1738 eingetragen.

Berlin, den 3. !Nai.

Abonnementsprels

bei der Post oder im Buchhandel vierteljährlich 3 Mark.

1890

Anhalt: Hexenfang. Lustspiel in einem Akt von Hans Hopfen. Ans der russischen Rechtsgcschichte. Ein Beitrag zur Geschichte der Kodifikationen. Von Amtsrichter Engen Schiffer. Ein Znknnftstranm. Von Paul Michaelis (Schluß). Aphorismen. Die Methoden der Kraftübertragung und ihr Wert für die Volkswirtschaft. Von Franz Bendt. Ter Tod des Kindes. Eine Skizze ans Rumänien. Von Leo Sitberstein. Zur naturwissenschaftlichen Weltanschauung in der neuesten Litteratnr. Von 1>r. Richard Locwy. Fräulein Julie." Von F. M. Kleine Kritik.

Den Bühnen gegenüber Manuskript. Alle Rechte Vorbehalten.

Hexenfmig.

Lustspiel in einem Akt von Kcrns Köpfen. Personen:

Albertus, ein weiser Meister.

Kobus, sein Famulus.

Marie, ein Bürgermädcheu.

Theresia.

Rebekka.

Tie Stimme von Mariens Mutter.

Volk.

Eine deutsche Stadt in: Mittelalter.

Bücherei und Laboratorium des Albertus mit Folianten, Atlanten, Quadranten u. dergl- Links in abgestumpfter Ecke ein niedriger (ita­lienischer) Steinherd, darauf Instrumente, Gläser, Retorten, daneben auch Küchengerät, Kessel, Bratspieß u. dergl.- darüber ein breiter Kamin, in dessen Schlot zu Anfang des Stückes eine Leiter eingestellt ist. Links im Vordergründe ein Tisch mit gelehrtem Hausrat belastet. Den: Herde gegenüber in der zweiten Coulisse rechts eine Thür ins Freie, rechts in der ersten Coulisse ein Fenster, daneben im Vordergründe ein Stehpult mit Büchern n. dergl. Getrocknete Blumensträuße an

der Wand.

1. Scene.

Albertus in Mitte der Bühne. Kvbns auf der Leiter im Kamin, anfangs nur zur Hälfte sichtbar.

Albertus. Ich hab's ersuudeu uud ich hab's vollbracht! Noch heut soll sich das Wunderwerk erproben,

Das ich in mancher laugen Wiuteruaeht Mit aller Qual des Geistes nusgedacht!

Kobus (von oben). Herr Doktor, ich bin fertig nun hier oben. Albertus (noch inaner in Gedanken verloren). Ich wollte nur, es war' schon Nacht!

Kobus (herabsteigend mit Werkzeug, Richtmaß, Hammer, Silber­drähten, Zange u. dergl.). Die Balken steh'n, die Drahte laufen lang,

Die Silberschliugen sind im richtigen Gang,

Nun braucht's nur guten Wind und etwas Mond geflimmer,

Daun funktioniert Dein neuster Hexeufaug Und liefert Dir die schönsten Frauenzimmer,

Zu Teufels Liebchen auserlesen,

Die nach dem Brocken reiten auf dem Besen (tritt vom Herde herab und stellt die Leiter beiseite). Vorausgesetzt, daß Du Dich nicht geirrt,

Daß die Berechnung stimmt, und daß der Zug Der Weibchen höher nicht vorüberschwirrt,

Als eine Deiner Schlingen schweben wird.

Albertus. Die Hexe nimmt nicht allzu hohen Flug Und blinde Gier nur giebt der Fahrt Gesetz.

Den Silbersaden, der im Mondschein blinkt,

Hält sie für Spinngewebe, das ihr winkt.

So reitet sie sich sicher in mein Netz.

Kobus. Wie Du Dir alles das nur ausgeklügelt!

Fürwahr, Dein Geist ist wunderbar beflügelt,

Und ohne Beispiel Deine Wissenschaft!

Was alles hast Du nicht erfunden!

Doch mit der höhern Geisteskraft Gab Gott Dir auch den ungesunden Trieb nach Genuß, den Willen ungezügelt,

Jedwede Frucht ans Erden ansznschroten,

Gleichviel, vb sie erlaubt sei, ob verboten.

Albertus. Und woher weißt Tn, was verboten ist? Kobus. Mir sagt's das Herz, Herr, und ich bin ein Christ. Albertus. Dein Herz ist feig, und Christen sind wir alle! Und ich der bess're wohl in diesem Falle.

Die Kraft zu denken und die Macht zu wollen,

Glaubst Du, daß Gott sie mir gegeben hätte,

Wenn ich sie nimmer hätte nutzen sollen?

Der Sieche winde sich im Bette;

Wer Beine hat, den treibt's ans Wanderschaft,

Wer Flügel hat, der frcnt sich ihrer Kraft Und bleibt nicht angsterfüllt am Staube kleben,

Sonst waren sie ihm besser nie gegeben.

Kobus. Schon gut! Nur fragt sich's, wohin geht die Reife. Albertus. Ins Unerhörte denn!

Kobus. Und heißt das weise,

Heißt's klug sein, mit des Teufels Basen In schauerlicher Nacht hernmzurasen?