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Deutschland.
31.
Was brauchst Du Reize so verfluchter Arten?
Giebt's nicht im deutschen Mädcheugarten Genug der lieblichsten Gewächse!
Albertus. Mein Trachten steht nun einmal nach der Hexe, Nach jenem schauerlich süßen Ding Voll Lustbegier und Teufelei,
Dem irdische Liebe zu gering.
Glaub' mir, den sreut's, der solch ein Liebchen fing . .. Ich hoffe mindestens auf ihrer zwei!
Kobus. Grundgütiger Schöpfer, steh' mir bei!
Albertus. Ich bin nun einmal, wie ich bin,
Und kann nicht anders, als ich muß.
Mich brennt der Durst nach höheren: Genuß,
Als der bisher erquickte Herz und Sinn.
Will schwelgen in der Wollust Überfluß,
Will wissen, wie ein Hexlein sich ergiebt,
Und wissen will ich, wie der Satan liebt.
Kobus. Mit solch unheiligem Volk zur Hölle schleifen,
Das kann ich weder billigen noch begreifen.
Du thnst mir leid!
Albertus. Warum denn?
Kobus. Welche Frage!
Sag' mir, mit wen: Du umgehst, und ich sage Dir, wer Du bist. Und billig heißt der,
Der sich mit Hexen abgiebt, Hexenmeister! . . .
Ich fürchte nun einmal die bösen Geister.
Ich Hab' wohl allerhand bei Dir gelernt
Und hoff's zu brauchen zu der Menschheit Frommen.
Doch gehst Du andre Wege, denn die Frommen,
Bist Du es, der mich selbst von sich entfernt!
Ich bliebe gern, doch wenn die Hexen kommen,
Kann ich nicht bleiben.
Albertus. Nun, so geh!
Kobus. Du thnst mir leid und thnst mir weh!
Albertus. Warum?
Kobus. Dir ist das Scheiden leicht gemacht!
Albertus. Vergieb! Ich denk' nur an Walpurgisnacht. Kobus. Denkst nur daran, dem Teufel Dich zu schenken,
Da wird Dir's leicht, ein Menschenherz zu kränken! Albertus (für sich). Wenn auch nur jegliche Berechnung stimmt
Und dann so ':: Paar gesunder Teufelinnen Den Flug just über meinen Rauchfang nimmt,
Dann giebt's ein heitres Fest! (Versinkt über Büchern in Gedanken).
K o b u s. Mich treibt's von hinnen!
2. Svene.
Die Vorigen. Marie, traurig und schüchtern nustretend.
Marie. Kobus!
K o b u s. Was giebt's?
Marie. Kann mich der Doktor hören?
Kobus. Ich rate Dir, ihn lieber nicht zu stören.
Sein großer Geist kam eben in die Wochen.
Marie. Pfui, sprich nicht so!
Kobus. Es ist nun mal danach.
Marie. Wieso?
Kobus. Sieh selbst! Wie ein Nachtwandler auf
den: Dach
Steht er verzückt. Ruf' ihn, leicht ist der Bann gebrochen;
Doch stürzt aus sieben Himmeln er zur Erde,
Grüßt er Dich nicht mit freundlicher Geberde.
Drum rat' ich, lieber nicht sich zu erfrechen.
Marie. Wie dem auch sei, ich muß, ich muß ihn sprechen.
Kobus. So sprich denn!
Marie. Meister! . . . Lieber Meister mein! . . .
Im Sterben liegt mein gutes Mütterlein . . . Albertus (wie oben an seinen: Pulte). Wenn alles glückt, braucht's doch den Mondenschein . . .
Falls der versagt . . . (seufzt und zuckt die Achstln).
Marie. Doktor! . . . (zu Kobus) Was fehlt den: Herrn? Nicht eitel, weiß ich doch, er sah mich sonsten gern, Und thut doch heute, wie für mich erblindet.
Wie kommt das, Kobus?
Kobus. Er erfiudet!
Marie. Was heißt das?
Kobus. Seinem großen Geist entwindet
Sich irgend etwas Neu's.
Marie. Wird das der Mutter nützen?
Kobus (lacht). Das glaub' ich kaum.
Marie. Du mußt nicht mit mir zanken;
Ich Hab' heut keinen anderen Gedanken.
Hört' er mich nur!
Kobus. Mit stärkeren Geschützen,
Als Deine Müdchenstimme hold und rein,
Will dieser Grübler aufgerüttelt sein.
(Zu Albertus.) O Herr, Dir, der soeben noch gewillt, Der Teufelei Dich haltlos zuzukehren,
Schickt Gott sein allerschönstes Ebenbild,
Dich gnädigst eines Bessern zu belehren.
Albertus. Was giebt's denn?
Kobus. Sei doch gut und grüße sie!
Albertus. Schaff mir die fort!
Kobus. Ei, Herr, es ist Marie,
Das holde .Kind der Witwe vor dem Thor.
Albertus. Laß mich zufrieden mit der zahmen Dirne! Kobus. Je nun, sie kan: Dir sonst doch ganz erträglich vor. Albertus. Niemals!
Kobus. O doch! Die königliche Stirne,
Wie eine Krone drauf der dicke, gvldne Zopf,
Der kleine Fuß, das volle Mieder,
Das Ebenmaß der schlanken Glieder Verdrehten Dir den hochgelahrten Kopf.
Jetzt freilich steht Dein Sinn nach andrer Huld. Marie (für sich). Ich sterbe fast vor Augst und Ungeduld.
Er hilft gewiß! Krim' ich nur erst zu Worte! Albertus (zu Kobus). Das ist so just die rechte Sorte,
Mit scheuen Blicken übers Meßbuch weg Das Herz des blöden Jünglings zu berücken.
Ein Muster scheint sie ihn: in allen Stücken,
Voll Inbrunst wähnt er sie, der arme Geck,
Voll Sehnsucht, die sie innerlich verzehren;
Doch hat so ':: süßestes der süßen Dinger Erst seinen Zweck erreicht, den Ring an: Finger,
Wird sich sein bitterer Kern nach außen kehren.
Wo er Entzücken träumt', umfängt ihn breit Die Langeweile der Alltäglichkeit.
Und kommt erst gar ein liebes Kind zur Welt,
Dann ist der Mann um Zärtlichkeit geprellt.
Schön langsam rückt er auf den dritten Platz —
Will sagen: aus den letzten. Wem's gefällt!
Da lebt er denn so fort mit seinem Schatz,
Der ihm verkühlten Herzens ab und an
So ':: bißchen Wonne gönnt und, unterdes den Mann
Die Liebe noch in siebenten Himmel schickt,
Gelassen Äpfel kaut und Strümpfe strickt. . .
Die Sorte kenn' ich und ich Hab' sie satt.
Und sie gerade hat's auf dem Gewissen,
Wenn ich nunmehr um einen Schatz beflissen,
Der nicht so zahm und nicht so glatt,
Aber den Teufel in: Leibe hat.