31.
Deutschland.
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Kobus. Du sollst . . .
Albertus (ihm ins Wort fallend). Ich will von ihr nichts wissen! Kobus. Du sollst ja nicht zur Kirche geh'n mit ihr.
Es handelt sich nur um ein Elixir Für ihre kranke Frau Mama!
Albertus. So? . . .
Marie. Schier wie eine Tote liegt sie da!
Albertus. Wer?
Marie. Meine Mutter!
Albertus. Ich erinnere mich
Des Falles. Folgt' ich Dir nicht eben Vor Wochen an ihr Siechbett?
Marie. Sicherlich!
Du hast mir damals einen Trank gegeben,
Ter rettete dem Mütterchen das Leben!
Albertus. Du meinst?
Marie. Ich bin's gewiß! Erbarme
Dich unser, gieb zum andernmal den Saft!
Albert n s (für sich). Was hat das Mädchen wunderhübsche Arme! Kobus (geringschätzig die Flasche betrachtend, die Albertus herabzm langen sich anschickt). Der Schweinetrank, der dunkle, lanlich warme? . . .
Kind, Du hast eben keine Wissenschaft!
Marie. Den Glauben Hab' ich! Und ich glaub' an ihn! Kobus. Der Glaube bleibt die beste Medizin.
Marie. Und dieser Menschenglaube giebt mir Kraft,
Den Mann zu quälen, der nicht helfen will.
Er muß mir helfen!
Albertus. Schweige still!
Bring' Deiner Mutter diesen Trank Und geh getröstet!
Marie. Tausend Dank!
Albertus. Schon gut! Und . . . (nicht unfreundlich) komm so bald nicht wieder!
Marie. Warum denn nicht? Bin ich Dir so zuwider? Albertus. Frag' nicht zu viel! Du könntest Dich verspäten. Die Mutter harrt . . .
Marie (falscher Abgang). Wenn ich schon dankesvoll Dich, Retter, nimmer Wiedersehen soll,
Nicht wahr, ich darf doch für Dich beten?.
Kobus. Soviel Du willst!
Albertus (für sich, wider Willen). Sie hat so treue Augen! Kobus (zn Marie, die abgehen will). Zieh mir nochmal das Trünklein ans der Tasche!
Marie (thut's zögernd). Warum?
Kobns (die Flasche in der Hand, zu Albertus). Herr, das ist nicht die rechte Flasche!
Albertus. Es ist die rechte!
KobuS. Keine Spur! (Sie gegeu's Licht haltend.)
Verzeih', hier ist ein Irrtum eingeschlichen.
Sieh selbst! das ist die köstliche Tinktur,
Die kürzlich Du erfandst, mit der bestrichen Jedweder Schemel, Stock und Besenstiel So lenkbar wird, daß ans gewollte Ziel Er wie am Tage so bei finstrer Nacht Dich, kaum daß Du ihn richtest, hingebracht.
Albertus (die Flasche betrachtend). Fürwahr!
Kobus. Die Alte war nicht schlecht betrogen.
Wenn sie mit diesem Saft benetzt
In ihrem Bett sich aufgesetzt
Und dankbar Dein gedacht hütt', wär' sie aufgeflogen
Und durch des eignen Denkens Zug
Alsbald in Deinem Schornstein angelangt. . .
Ein feines Schätzchen, was?
Albertus. Genug, genug!
Marie. Was habt Ihr beide denn? Mir bangt.
Willst Du den Heiltrank wieder mir entziehn? Albertus (eine andere Flasche linker Hand von: Regal holend).
Mit nichten, Kind . . . Das ist er! . . . Nimm ihn hin! Kobus (rasch eiuspringend, wie oben). Verzeih', geliebter Meister, aber heut,
Je mehr der Abend naht, so mehr wirst Du zerstreut. Du hast zum andern Male Dich vergriffen.
Albertus. Ich?! (Nach der zweiten Flasche greifend.)
M a r i e. Nimmst schon wieder, was Du kaum gebeut!
Kobus. Die Salbe für das Sprachrohr hält der Tiegel, Die macht, daß was Du drein hineingepfiffen,
Gesungen und gesprochen, nicht zerstreut
Im Wind wird, sondern treu, wie unter Brief und Siegel,
Drin haften bleibt, sich immer frisch erneut
Und selbst verschickt nach einem fremden Orte
Dich hören läßt in eignem Ton und Worte.
Da hättest Du noch Schönres angerichtet!
Die Alte plappert so schon Tag und Nacht.
Erst hättest Du sie sicher umgebracht Und nachher Hütte sie aus Grabestiefe Noch fortgeschwatzt, bis die Posaune riefe.
Albertus (für sich). Ach, ließen sie mich endlich doch allein! (Eine dritte Flasche herablangend, zu Marie.) Nimm den!
Kobus. Der dürfte wohl der rechte sein.
Marie (freudestrahlend). Der rettet sie! Nicht wahr? Albertus. Ich hoff's.
Marie. Hab' Dank!
Ich fühl's! Gewiß! Die Mutter wird gesund!
Mir ist so froh, als sei sie nicht mehr krank! (Nachdenklich, halb zu Kobus.) Kann doch kein Mensch aus weitem Erdenrund Uns so im Innersten zu Dank verpflichten Als wie der Arzt! Hilflose Menschen schauen Zu ihm empor, fast wie mit Gottvertranen!
(Zu Albertus.) O, wolle diesen Glauben nie vernichten, Den willig Dir mein zaghaft Herze reicht.
Vertrau'n ist schön und täuschen ist so leicht! Albertus (am Herde zu Kobus). Geleite sie!
Marie (zu Kobus, der ihr das Geleite giebt).
Ist das ein großer Mann, Der allen Helsen will und helfen kann!
Kobus (halb zum Publikum). Wenn er nur just nicht an was andres denkt!
Sonst besser, daß der Kranke sich erhenkt.
Marie. Er denkt so viel! Er hat so viel erfunden!
Er wirkt zum Heil der Kranken und Gesunden!
Ist weltberühmt, von hohem Rang und Stand! . . . Und hat doch auch ein Aug' für kleine Leute Und hat mich einmal . . .
Kobus. Was?
Marie (die Augen niederschlageud). Recht hübsch genannt . . . Du glaubst nicht, wie's von solchem Mann mich freute!
Kobus. O Kind, was einer Nützliches ersonnen,
Was er an Ruhm und Ehren auch gewonnen Und Herrliches geschaffen haben mag,
Das höchste Ziel von allem Thun und Treiben
Bleibt doch bis an den jüngsten Tag
Ein schönes Weib und sich mit ihm beweiben.
Drum fühle Dich! Was der auch kann und weiß,
Ein Kind, wie Du, ist höchsten Strebens Preis.
Marie (halblaut). Meinst Du? Hoffnung ist süß!
Kobus. Und leicht zn haben auch,
Noch billiger als die Brombeer'n an dem Strauch. Marie (schämt sich). Um Gott, die Mutter! (Läuft ab.)