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Deutschland.
31.
3. Srene.
Die Vorigen ohne Marie. Abenddämmerung.
Albertus. Ist sie endlich sort!
Kobus (ihr nachsehend). Der arme Narr! (Zu Albertus.) Der ärmre bist Du dort!
Das Lieblichste, was nur die Erde trägt,
Sehnt sich an seinem Herzen zu entfalten, lind er . . . (Achselzucken).
Albertus. Schweig still! Die Abendglocke schlügt!
Kobus. Es weicht der Tag!
Albertus (am Fenster). Die Frühliugsnebel ballten Sich schleierhaft vor Sonnenuntergang;
Aus frischen Furchen steigt der Lerchen Sang,
Die daseinsfroh vor ihrem letzten Sinken Der Sonne Strahlen jubelnd in sich trinken.
Sie wissen, morgen scheint sie abermal Und schwelgen doch in ihrem letzten Strahl.
Sei mir gegrüßt in Flimmer und in Dnst,
Du schönes Bild nie müder Lebenslust!
Kobus (ängstlich in Mitte der Buhne). Ich sah' dies Bild mir lieber draußen an . . .
Albertus (sich vom Fenster abkehrend). Was soll ich mit dem naseweisen Knaben!
Kobus (znrückweichend). Auch inein' ich, willst Du keinen Zeugen haben
Bei denn, was Dir die Nacht bescheren kann. Albertus. Der Starke wirkt am mächtigsten allein.
Kobus (nach dem Rauchfang winkend). Doch lädt er gerne sich Gesellschaft eilt.
Nur taugt nicht jede jedem . . .
Albertus. Laß die Flausen!
Befrei' mich von dem Anblick des Banausen!
(Dunkel. Windstoß. Brausen und Klingen im Schlot.) Kobus (ängstlich, hinten an der Wand). Recht gern! . . . Horst Du's? . . . Mich saßt ein Grausen.
Albertus. Du fürchtest Dich?
Kobus. Mir schlottern alle Glieder.
Albertus. Gehab Dich wohl!
Kobus. Ich seh' Dich schwerlich wieder!
Albertus. Willst Du nicht warten, bis Du etwas schaust? Kobus (nach der Thür trachtend). Bor meinen Augen tanzen Tisch und Sessel. . .
Fort! . . . Während Dich Dein Hölleuspuk umbraust, Steck' ich den Kopf in einen Weihbruunkefsel! (Ab.)
4. Srerie.
Albertus allein. Es wird immer finsterer und während der nächsten
Rede ganz Nacht.
Albertus. Hätt' ich Dir öfter nur den Kopf gewaschen,
Dil schütztest jetzt den Meister nicht gering!
Allein für diesmal freut's mich, daß er ging.
Was braucht die faule Thorheit mitzunaschen,
Wenn Weisheit sich die schwerste Beute fing!
Wo mir allein des Wissens Quellen fließen,
Zieint's nicht auch mir allein, sie zu genießen!
Soll ich mit diesem, weil's mein Hausgenoß,
Die Wonne teilen, die aus meiner Mühsal sproß,
Die Überwouue, die, auch wenn ich sie ihm gönnte Der Tropf doch nimmerdar vertragen könnte! iEs ist stockdunkel geworden, so daß man Albertus kaum mehr sieht.) Die feierliche Stunde schlügt, die elfte!
Für ihn die Nacht, die keines Menschen Freund,
Wo Irrlicht äfft und Mordgesindel streunt,
Für mich die Nacht des Tages schönre Hälfte!
(Er ergreift einen Faden, der in weiter Schlinge in seiner Hand zu
leuchten beginnt.)
Drum her mit dir, geliebter Zunder,
Der Lichter schafft, wo er die Wand berührt!
Höflich und festlich, wie es sich gebührt,
Empfangen wir das selbstgeschaffne Wunder.
(Er schwingt den Faden in leuchtendein Bogen über dem Haupte. Alsbald entstehen in den Blumensträußen an der Wand und dem Kranz an der Decke, in den Augenhöhlen der Tiergerippe Lichter. Ersieht sich befriedigt um.)
So recht! Nun schaut das alte Haus
Trotz des gelehrtem Krams recht freundlich aus . . .
Doch wer die Hexe zwingt, bei ihm zu rasten,
Der zeige sich nicht geizig und gemein.
Sie fliegt nicht aus, zu darben und zu fasteu,
Nein, königlich will sie bewirtet sein!
Drum, alte Diele, spalte dich und streck' dich! (Stampft mit dem Fuße.)
Heraus, mein oft erprobtes Tischlein deck' dich!
(Auf sein nochmaliges Stampfen steigt eine kleine, üppig besetzte Tafel aus dem Boden aus; dahinter in der sich öffnenden Wand zeigt sich in laubenartiger Umrahmung ein kurzes Sofa.)
Nun wären wir zum zauberhaften Feste Vollauf bereit... Es fehlen nur die Gäste. . .
Ob sie sich fangen werden? . . . Ja, sie werden!
Denn alles klappt vom Anfang bis zum Schluß.
Und dennoch fühl' ich armer Sohn der Erden,
Daß ich des Herzens Zoll bezahlen muß.
Uud so befällt in letzter der Minuten Mich Zweifel auf dem Gipfel meiner Kraft;
Denn unser kühnster Schluß ist nur Bermuteu Uud alle Menschenweisheit lückenhaft.
Man hört leisen Windstoß, „dann, ein gläsernes Klingen wie von
Äolsharfen.)
Horch auf. . . Welch wunderliche Melodie. . .
Die Weiblein reiten! . . . Hui! da nahen sie!
(Stärkeres Klingen. Dann leises Rascheln im Ranchfang. Albertus
eilt an den Herd.)
Bewähr' dich jetzo, den ich jahrelang Mir ausgeklügelt, listiger Hexcufaug,
Und hasche flugs iu unsichtbarem Krallen Mir die begehrenswerteste von allen!
(Forpctzmig fvlgl->
Ans der rnjMeii
Ein Beitrag zur Geschichte der Kodifikationen.
Bv»
Amtsrichter Engen Schiffer.
<^n unseren Tagen, da wir hoffenden Herzeus der Entstehung eines allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs für unser Vater- land entgegensetzen, liegt es nahe, einen Blick auf frühere Versuche zu werfen, welche bei uns und bei anderen Völkern mit derartigen umfassenden Kodifikationen gemacht worden; und nicht am uninteressantesten dürfte die Geschichte eines Unternehmens sein, welches vor mehr als hundert Jahren die Anfertigung eines neuen, allgemeinen Gesetzbuchs für das heilige Rußland bezweckte.
Es war im Jahre 1767, als Katharina II., „Kaiserin und Gesetzgeberin von Rußland," aus allen Provinzen ihres weiten Reiches Abgeordnete nach Moskau berief, um den Entwurf zu einem neuen Gesetzbuch herzustellen. Dieser Kommission legte sie eine Instruktion — vom 30. Juli 1767 — vor, welche unsere lebhafte Teilnahme verdient — vornehmlich als ein Belag für die unwiderstehliche Kraft, mit welcher die in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts aufkommenden neuen Ideen Menschen und Staaten ergriffen.
Denn diese Instruktion ist ein ziemlich unverfälschtes Erzeugnis jener von Frankreich ausgehenden Aufklärung, welche