Heft 
(1889) 40
Seite
659
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40.

Deutschland.

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den Landleuten vor dem Dorfthore zu finden. Bald hatte er erfahren, daß die holde Dirne nicht mehr seine Zamfirn sei, daß sie es nun mit dem reichen Ursn halte. Voicus Frohsinn schwand bei dieser Kunde und tiefe Schwermut warf dunkle Schatten auf sein sonst sonnenhelles, offenes Gesicht. In dumpfem Schmerze zog er durch das Dorf. Die ihm ans vielen Hütten entgegenschallenden Willkommenrufe horte er gar nicht.

Unterdes kreiste die buntbemalte großbünchige Plosea (Holz­flasche) mit hellfunkelndem Schnaps und war auch zu Voicu gelangt. Er that einen kräftigen Zug daraus. Guter Schnaps hilft wohl über manche schlechte Stunde; aber den bitteren Geschmack der schlechten Nachricht konnte er doch nicht weg­spülen.

Das war keine freudige Heimkehr für den armen Voien! In seinem Innern vollzog sich jetzt eine merkwürdige Wand­lung. Die früher in seinem Herzen lodernde Flamme der Liebe schien erstickt unter dem Ansturm der Gefühle des Haffes, der Eifersucht, des beleidigten Männerstolzes. Seine Neigung zu Zamfira schien verflogen, ihm machte es das Blut in Zorn aufwallen, daß Zamfira nicht Treue gehalten hat.

Ach, mach Dir deshalb kein böses Blut, daß Zamfira jetzt einen anderen hat," rief ihm ein Kamerad zu.Mutter und Vater hat der Mensch nur einmal, aber Mädchen so­viel als Haare ans dem Kopf! Hier, Glück und Gesundheit!"

Hast recht, Brüderchen!" erwiderte Voien, dem Vortrunke Bescheid thnend.Mädel in Hülle und Fülle!"

Er ertappte sich zu seinem größten Ärger dabei, wie er eben hinznfügen wollte,aber nicht solche wie Zamfira," was ihn dazu brachte, eiligst noch einen Schluck durch die Kehle rinnen zu lassen.

Als er endlich mit seinen Begleitern in der Schenke an­langte, war sein Gang nicht mehr sicher, seine Augen glänzten gläsern, die Stimme war rauh und heiser und tiefdunkle Röte leuchtete unter dem von Wind und Wetter gebräunten Antlitz hervor.

Da trat Zamfira an ihn heran. Einen Augenblick blieb er starr und steif stehen, dann erhob er vielleicht unbewußt zum Schlage die Haud, die sich aber augenblicklich in die mit freundlichem Lächeln dargebotene Rechte Zamfiras senkte.

Und als er ihre kleine, warme Hand fühlte, als er jetzt mit vollem Blicke die liebe Maid erfaßte, da wich aller Groll ein Ruck und sie lag in seinen Armen, schier erstickt unter seinen glühenden, nimmer enden wollenden Küssen.

Das unwirsche Räuspern Ursus machte der herzlichen Be- grüßnngsscene ein Ende. Nun standen die beiden Gegner Aug' in Aug' einander gegenüber. Keine Worte wurden gewechselt, bloß haßerfüllte, giftige Blicke wurden ausgetauscht.

Voien wie zum Angriff vornüber gebeugt, und Ursn mit geballten Fäusten, sahen wie Kampfhühne aus, die gegenein­ander losstürzen wollen. Und wer weiß, ob es nicht zu einer blutigen Schlägerei gekommen wäre, wenn nicht Pope Jlie in diesen: Augenblick Voicu an: Arm gefaßt und zum Tische ge­zogen hätte mit den Worten:So, nun setze Dich einmal und erzähle uns doch auch etwas vom Kriege, damit wir auch wissen, wie's da zugeht."

Voicu nahm nun am langen Tische zwischen Pope Jlie und den: Primär Platz; ihm gegenüber setzte sich Zamfira,

neben diese Ursu, der leise seiner Braut Vorwürfe über die zärtliche Begrüßung, die sie doch geduldet Hütte, machte, was dem scharfen Ohre Voicus nicht entgangen zu sein schien; denn er warf jetzt dem Nebenbuhler einen bitterbösen Blick zu. Der stets neugierige Pope Jlie begann von neuem zu drängen. So beginne doch einmal! Woher hast Du den Säbel?"

Das will ich Euch sagen!" hob Voicu an.Mit die­sem Säbel" dabei zog er den Stahl aus der Scheide und legte ihn vor sich auf den Tisch.Seht Ihr es klebt noch Blut daran. Das sind Euch Kerle, diese Türken! Die schießen nicht in den blauen Himmel, das geht Euch ins Fleisch, ins lebendige Fleisch!"

Dem sonst zungengewandten Voicu ging die Rede heute nicht flott, vielleicht weil er die Plosca gar zu oft an den Mund geführt hatte, vielleicht auch, weil es ihm das Herz abdrückte, Zamfira, zu der er hinblickte, als sei sie die einzige Zuhörern:, nicht an seiner Seite zu sehen.

Unser Herr Sublocotineut (Kons-Iitzutsnant) Jonescu heißt er, Jon Jonescu war mit zwanzig von den Unsrigeu kommandiert, als Vorposten einen von Gebüsch bedeckten Hügel vor Plewna zu besetzen, auf dem kein Feind zu sehen war. Wir marschierten also in Reih und Glied wohlgemut darauf los, Mircea der arme Mircea, Gott sei ihm gnädig! er fiel beim Sturm auf Plewna bläst auf seiner Pfeife und wir singen: «Einen Leu (Franc) nur Hab ich noch, Hiha! G'hört nicht mir, versaust ihn doch! Hiha!»

Plötzlich knallt ein Schuß, der Herr Sublocotineut fällt hin, und das rote Blut rinnt ihm über die schöne neue Uniform. Schlechtes Zeichen, dachte ich mir, wen:: der Erste zuerst füllt. Aber woher mag die Kugel gekommen sein? Wir schauen und schauen und sehen doch nichts. Endlich erblickt einer ans dem Gipfel des Hügels hinter einem Strauche einen weißbürtigen Türken, der so ruhig dasitzt, wie ein ehrlicher Christ in der Kirche, freilich mit untergeschlagenen Beinen. Also der Türke hockt dort, mit seiner Flinte über den Knieen, vor sich die offene Patronentasche, und pafft seine Cigarette. Daß Dich der Teufel hole, sagte ich mir, Dich will ich schon wegputzen!

Nun tritt Sergeant Mihai vor, kommandiert: «Erstes Glied, Gewehre hoch,» zeigt mit dem Finger hinauf, und wie er den Mund zum «Feuer» öffnet, pack! reißt ihm eine Kugel das Gebiß weg. Na, Mihai braucht nicht mehr zun: Schmied zu gehen, daß er ihm die schlechten Zähne reiße, der Arme hat keine mehr."

Daß Gott behüte! Hört Euch so ein Unglück an," scholl es aus den mit gespannter Aufmerksamkeit der Erzählung folgenden Zuhörern, die sich bekreuzten.

Ja, unsere Jungens schlugen auch das Kreuz," berichtete Voicu weiter,und weiß wurden sie, wie Schnee. Denn das ging nicht mit rechten Dingen zu, das war klar.

Der Herr Sublocotineut, der sich inzwischen ein wenig erholt hatte, befahl uns, daß wir alle auf den Alten vom Berge anlegen sollen. Im selben Augenblick stürzt, durch eine Kugel mitten ins Herz getroffen, der arme Costaki hin, und ans war es mit ihm.

Da gab es für uns kein Halten mehr. Der Herr Sub- locotinent wurde trotz seines Widerstandes auf die Schultern gehoben und rasch zurück ging es nun, bis wir in eine gedeckte Mulde kamen. Hier legt nun unser Kommandant los. «Ihr