Heft 
(1889) 51
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Deutschland.

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so bei steigendem Lichtbedarf nicht auch die Maschinenanlage stetig vergrößern zn müssen. Bei diesen Voraussetzungen würde man sich also wahrscheinlich des Gleichstromsystems mit dem größten Vorteil bedienen und für die Zukunft ruhig die weitere Entwickelung der Accumnlatoren abwarten.

Nun können sich aber die Bedingungen, unter denen ein Elektrieitütswerk entsteht, ans die mannigfachste Weise ändern. Es kann z. B. der Fall vorliegen, daß man von einer Stelle aus, die entweder eine sehr günstige Kohlenznfuhr verspricht, oder die in Gestalt eines Wasserfalls, eines benutzbaren Stromes gleich eine billige Kraftquelle zur Verfügung stellt, zwei be­nachbarte Städte mit Licht versehen will. Bei der Anwendung niedriggespannter Ströme würde die Hauptleitung von der Station zu den, vielleicht in ganz verschiedener Richtung und ziemlicher Entfernung liegenden Verwendungsstellen die Anlage­kosten unverhältnismäßig erhöhen, hier wird man also zum hochgespannten Wechselstrom greifen und der Zukunft vertrauen, die uns vielleicht auch für diesen noch eine Aufspeichernngs- methode bringt. Müßte behufs Beleuchtung einer Großstadt ein kostspieliges Terrain im Centrum erworben und eine durch ihre Ausdehnung sehr teure Leitung hergestellt werden, um mit Gleichstrom zu arbeiten, so wird man ebenfalls auf die Vor­teile desselben verzichten und lieber eine Wechselstromcentrale außerhalb der Stadt erbauen und, wenn einmal ein Straßen­bahnbetrieb mit Accumulatoren nötig wird, hierfür eine beson­dere Anlage von Gleichstromdyuamos beschaffen. Ja, auch für die Beleuchtung können innerhalb derselben Stadt mehrere Systeme nebeneinander existieren, wie denn die große Centrale in Mailand teils mit Gleichstrom niedriger Spannung arbei­tet, genau wie die Berliner Anlagen, teils mit hochgespanntem Gleichstrom für Straßenbeleuchtung durch Bogenlampen, teils auch mit hochgespanntem Wechselstrom für gemischte Beleuch­tung. Auch in London bestehen außer der großen Deptforder Centrale mehrere andere Elektricitütswerke verschiedener Systeme, die sich alle bewähren, aber alle noch verbesserungsfühig sind. Vielleicht wird in absehbarer Zeit auch Berlin seine Wechsel­stromcentrale haben : denn bei der Erbauung der neuen, fünften Station am Schiffbauerdamm wird vielleicht auch mit dieser Methode ein Versuch gemacht werden, besonders wenn von hier aus für entferntere Gegenden Licht zu beschaffen ist.

So regt es sich auf beiden Seiten; hüben und drüben beschäftigen sich vortreffliche Köpfe mit der Lösung der noch bestehenden Schwierigkeiten. Noch dauert der Kampf fort; wer die nächsten Erfolge erringen, auf wessen Seite der Sieg schließ­lich sein wird, das muß die Zukunft lehren.

Zwei Jeden eines deutschen Arbeitsministers

im zwanzigsten Jahrhundert.

Bon

G. Lewinstein.

I.

s war am 12. November des Jahres 1949, als der Ar­beitsminister des Deutschen Reiches vor dem versam­melten Reichstag das Budget seines Ressorts vorlegte und seine Aufstellungen begründete. Gespannt lauschten die Reichsboten und die auf den Tribünen befindlichen Bürger des Deutschen Reiches, deren Obliegenheit in diesem Jahre die Zu­hörerschaft im Reichstag war, den Worten des Ministers; ebenso begierig, das war zu erwarten, würden am Abend die zum Lesen der Zeitungen befohlenen Bürger die Rede lesen. Wir sind durch einen glücklichen Zufall schon heute in den Besitz des Wortlautes dieser großen Rede gekommen und brin­gen sie schleunigst zur Kenntnis unserer Leser.

Brüder und Freunde, so begann der Minister, ich bin

hoch erfreut, die Vorlegung meines Entwurfes für die Vertei­lung der Arbeiten im nächsten Budgetjahr mit der Verkün­dung eines freudigen Ereignisses einleiten zu können. Es ist uns in diesem Jahre gelungen, die zwölf Meter hohe Mauer, welche unser Deutsches Reich umgiebt, und deren Unübersteig- barkeit durch einen zehn Meter tiefen und zwanzig Meter breiten Wassergraben verstärkt wird, zu vollenden und somit die vollständige Isolierung unseres Staates von den Nachbar­staaten, welche sich noch immer gegen die Wohlthaten unseres auf staatlicher Organisation der Arbeit beruhenden Systems sträuben, herzustellen. Durch diese vollständige Isolierung ist natürlich, wie zu bekennen mir meine Bescheidenheit gebietet, die Aufstellung meines Budgets, oder vielmehr, um mich kor­rekter auszudrücken, meines Arbeitsverteilungsplanes, ganz we­sentlich erleichtert worden; denn es sind jetzt nicht nur alle störenden Elemente ausgeschlossen, sondern es fällt auch der Reiz der Verführung, welche die zeitweilige Anwesenheit kapita­listischer Nichtsthuer auf unsere Mitbürger ausübte, fort. Wir können demgemäß das neue Etatsjahr mit dem Bewußtsein be­ginnen, jetzt endlich unserem Volke rein und voll die Wohl­thaten des sozialistischen Staates, welchen zu erreichen wir so glücklich waren, zn teil werden zu lassen fortan wird aller­dings niemand mehr in Schlemmerei und Völlerei so viel in einem Tage vergeuden, als andere in einem Jahre verbrauchen; aber es wird auch niemand in unserem Staate hungern und dürsten, es wird niemand zerrissen und zerlumpt einhergehen alle werden glücklich und zufrieden sein.

Sie werden es begreiflich finden, meine lieben Mitbürger und Genossen, daß ich hier vor dieser großen Versammlung nicht alle Einzelheiten des festgestellten Arbeitsplanes entwickeln kann. Das würde Sie ermüden und die Menge der kleinen Zahlen würde Ihnen nur das Erfassen des Gesamtbildes er­schweren. Deshalb gebe ich Ihnen hier nur die Zahlen für die großen Gruppen; die Verteilung bis ins kleinste hinein, welche auf das sorgfältigste geregelt ist, werde ich Ihrer Ar­beitskommission milteilen, damit sie dieselbe prüfe und Ihnen zur endgültigen Feststellung vorlege.

Beginnen wir unsere Arbeitsverteilung mit der Herstellung der Nahrungsmittel, so gebrauchen wir nach den Erfahrungen der früheren Jahre für unsere auf 50000000 Menschen ange­wachsene Bürgerschaft im ganzen neun und eine Viertel Mil­liarde Kilogramm Weizen und Roggen, zwei und eine halbe Milliarde Kilogramm Gerste und vier und eine Drittel Mil­liarde Kilogramm Hafer, im ganzen sechzehn Milliarden Kilo­gramm Getreide und außerdem fünfzehn Milliarden Kilogramm Kartoffeln, wobei aber die nicht direkt, sondern nur indirekt als Schnaps den Bürgern zu gute kommenden Kartoffeln mitge­rechnet sind. Zur Herstellung dieser Mengen hat mein Kollege, der Landverteilungsminister, das notwendige Land schon ange­wiesen; mir bleibt nur übrig, die zur Bebauung, Gewinnung und Bearbeitung der Produktion nötige Anzahl von Arbeits­kräften auszusuchen und habe ich dazu neun Millionen Men­schen bestimmt, welche ich, um einen Ausgleich zwischen Stadt und Land herbeizuführen und auch einem Teil der ländlichen Bevölkerung den Vorteil des Aufenthaltes in der Stadt zu teil werden zu lassen, teils aus der ländlichen Bevölkerung, teils aus der städtischen ausgewühlt habe. Über die Verwen­dung des dadurch disponibel gewordenen Teiles der ländlichen Bevölkerung werde ich im weiteren Verlauf meiner Rede Mit­teilung machen. In diesen neun Millionen für die Erledi­gung der Feldarbeiten bestimmten Personen sind aber, wie ich ausdrücklich bemerke, auch diejenigen Personen mit inbegriffen, welche zur Herstellung anderer ländlicher Produkte, als Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Hopfen, Tabak, Oelfrüchte und dergleichen, verpflichtet sind.

Was die für unsere Ernährung so wichtige Viehzucht an­belangt, so müssen wir einen Bestand von achtzehn Millionen Stück Rindvieh, einundzwanzig Millionen Stück Schafen, zwölf Millionen Stück Schweinen und drei Millionen Stück Ziegen dauernd haben, um die nötige Fleischmenge zn produzieren; die