zieren bestimmter Personen der Handlung mit Gestalten aus der Literatur, manchmal auch aus der Geschichte, oder bestimmter Handlungsverläufe .. . mit bekannten Handlungsschemata aus Werken der Weltliteratur" (S. 9). Aufbau und Anlage der Arbeit scheinen fast mustergültig. Exemplarische Bedeutung kommt dem ersten Abschnitt des 1. Kapitels, der „Unwiederbringlich"- Analyse zu. Sie stellt so etwas wie eine Basisstudie mit Modellfallcharakter dar. Gleichzeitig mit der Zitatstrukturanalyse des Romans werden die verschiedenen Grundtypen der Zitatverwendung Fontanes entwickelt und definito- ri'ch abgegrenzt, so daß für die folgenden Kapitel mit einem solcher Art konkret erarbeiteten und bewährten Begriffs- und Kategoriensystem jederzeit verifizierbare Analysegrundlagen gelegt sind. Fernerhin wird mittels der Aufdeckung der strukturbildenden Funktionen des Zitateinsatzes das deutlich gemacht, was L. V. die „poetisch-idelle Oberschicht über der Erzähl Wirklichkeit" (S. 10) nennt und was von ihr als grundlegender, Fontane eignender Gestaltungszug seines erzählerischen Schaffens gewertet wird. So nähert sich die Autorin hier schon im ersten Teil der Arbeit der zentralen These ihrer Untersuchung, die dann im folgenden nur noch erinnert zu werden braucht und gezielte Bestätigung erfahren kann: Mit Hilfe des Zitats wird in eine bestimmte vorgegebene Wirklichkeit (Stoff) ein bereits vorgeformtes, mehr oder minder bekanntes Handlungs- oder Charaktermuster hineingetragen bzw. darin regelrecht aufgespürt, welches dann für die weitere Gestaltung prägend bleibt und nicht unwesentlich zu einer erhöhten Poetizität der Texte beiträgt. Mit anderen Worten: „Die einzelne Person und die einzelne Erscheinung ist nur Ausfüllung eines vorgegebenen Musters, Erfüllung eines ,Klischees', das sich im betreffenden Fall seine Wiederholung schafft; der Realität gegenüber geht es für den Autor (Fontane — V. G.) dabei darum, das darin verborgene Grundmuster zu sehen und zu erkennen." (S. 65) „Finden, nicht erfinden" (S. 80), weder bloßes, reines Phantasieren noch einfaches Abkonterfeien der Wirklichkeit machen den Roman, sondern dieser gewinnt seinen Kunstcharakter vor allem aus einem „Prinzip der die Wirklichkeit präfigurie- renden poetischen ,Wahrheit"' (S. 81), das in der Lage ist, sozusagen von „innen heraus (zu) verwandeln" (Ebd.). Im Einzelfall können die Zitate (bei Fontane zumeist literarischer Provenienz, aber oft auch aus anderen Bereichen entlehnt, etwa der bildenden Kunst, der Musik, der Geschichte oder der Bibel) sowohl bekräftigenden, kontrastierenden, vorausdeutenden, apologetischen bzw. rückverweisenden Charakter besitzen, in jedem Fall aber sichern sie dem Werk und damit dem aufmerksamen Leser ein breites gedanklichkulturelles Assoziationsgefüge, verleihen Poetizität.
Mit fast detektivisch zu nennender Akribie kommt L. V. in ihren Untersuchungen der Romane Fontanes (insgesamt werden 11 Werke, wenn auch in unterschiedlicher Intensität näher behandelt) zu einer Fülle von Detailerkenntnissen, die in Einzelfällen wirklichen Entdeckungen gleichkommen und selbst für profunde Fontane-Kenner wertvolle Anregungen und einiges Noch-nicht- so-Gesehene bereithalten dürften. Nur die wichtigsten Ergebnisse, in denen sich zugleich die verschiedenen strukturprägenden Grundformen und die Genese der Zitatverwendung bei Fontane spiegeln, können hier kurz skizziert werden.