über das Ziel hinausschoß, ist die empörte Zurechtweisung Conrad Wandreys wegen der Abwertung des „Stechlin" als formloses Alters- und Verfallswerk bis heute gültig geblieben 22 .
Die zunächst befremdliche Zusammenstellung von „Mythus und Psychologie" faßt Ohl übergänglicher und durchlässiger, indem er das Mythische nicht auf den Zusammenhang mit Mythologie beschränkt, sondern darunter auch die „Wiederholung bestimmter Motive und Situationen " 22 im selben Werk als Ausdruck von Zeitgestaltung versteht, was sowohl bei Fontane als auch bei Thomas Mann vorkomme.
Insgesamt liegt ein von plastischen Details getragener großzügiger Entwurf der Beziehungen zwischen Thomas Mann und Fontane vor, an dem trotz der unscharfen Geschichtlichkeit keiner Vorbeigehen kann, der sich dieser für die deutsche Literatur so wichtigen nationalen Schriftstellerkonstellation von übernationaler Bedeutung zuwendet. Auf begrenztem Raume ist viel gesagt.
Anmerkungen
1 Hubert Oh!, Verantwortungsvolle Ungebundenheit: Thomas Mann und Fontane. — In: Thomas Mann 1875—1975. Vorträge in München — Zürich — Lübeck. Hrsg, von B. Bludau, E. Heftrich und H. Koopmann. Frankfurt/M. : S. Fischer 1977, S. 331.
2 Ebd., S. 344.
3 Karl Diedenhofen, Theodor Fontane und Thomas Mann. Eine vergleichende Untersuchung als Beitrag zu den Problemen der Ironie und der Bedeutung des intellektuellen Elements in der Literatur. Bonn 1951 (Masch.).
4 Roqald Schweizer, Thomas Mann und Theodor Fontane. Eine vergleichende Untersuchung zu Stil und Geist ihrer Werke. Zürich 1971.
5 Katharina Mommsen, Gesellschaftskritik bei Fontane und Thomas Mann. Heidelberg 1973.
6 Ohl, S. 345.
7 Ebd., S. 345.
S Ebd., S. 340.
9 Ebd., S. 338.
10 Ebd., S. 339.
11 Ebd., S. 341.
12 Ebd., S. 341.
13 Ebd., S. 341.
15 Juri Trifonow, Moskauer Novellen. Reclam Leipzig 1976, S. 367.
16 Christa Wolf, Nachdenken über Christa T. Halle 1968, S. 139 ff.
17 Werner Mittenzwei, Der Realismus-Streit um Brecht. Berlin und Weimar 1978, S. 352 ff.
18 Die moderne Sowjetliteratur knüpft natürlich vorwiegend an Anton Tschechow an. Tschechow- Rezeption ist nachweisbar z. B. bei Juri Kasakow, Juri Trifonow und Victor Rosow. Schon lange ist m. E. eine vergleichende typologische Studie über Fontane und Tschechow notwendig. Beide stehen am Beginn des modernen Realismus.
19' Hans-Qeorg Werner, Wahrheit der Dichtung. — In: Weimarer Beiträge 4/1986, S. 570 ff.
20 Ohl, S. 335.
21 Thomas Mann hat 1954 in der Besprechung von Fontanes Briefen an Georg Friedlaender die Formel der .verantwortungsvollen Ungebundenheit' nicht wiederholt, Stattdessen ist jetzt z. B. von „aggresssiver Skepsis" die Rede. — In: Thomas Mann, Gesammelte Werke in dreizehn Bänden. Frankfurt/M. 1974, Bd IX, S. 820.
22 Die .frühe Hochschätzung des ,Stechlin" (Ohl, S. 337) durch Thomas Mann wirkt objektiv auch wie. eine vorweggenommene Kritik an Georg Lukäcs, der in seinem späteren Fontane-Essay die Gestalt des alten Stechlin und damit den Roman seiner soziologisch-historisch' engen Auffassung vom Typischen unterwarf.
23 Ohl, S. 336.
121