Nr. 3
Und nochmals aus vollstem Herzen alle meine Segenswünsche mit auf Deine Reise!
Hiebei der Brief an Eastlake, sowie, was Dir noch zukommt, die zweite Lief, der Kunstgeschichte und mein Menzel-Mandel'sches Portrait. Beides soll aber Dein Gepäck nicht beschweren, — verfüge darüber nach Deinem Gutdünken.
Stets
Dein F. Kugler
5 / 9 . / 18 / 55 .
Nr. 4
Lieber Fontane!
Ich habe Dir zunächst nur zu wünschen, daß wenn Du zur Lesung dieser Zeilen kommst, die Deinen gesund und fröhlich bei Dir sind, daß Du in Gemeinschaft mit ihnen eine behagliche Existenz in diesem anderen Ninive, „in welchem sind mehr denn 120 000 Menschen die nicht wissen Unterschied was recht oder link ist, darzu auch viele Thiere", beginne, daß solche Existenz Dir recht sehr fruchtbar und gedeihlich werde, und daß Du — womit unsere Fontane'schen Wünsche stets schließen, bald und glücklich wieder in unserer Mitte seiest. Dann mußt Du es mir verzeihen, daß ich Dir nicht zu Deinem Geburtstag geschrieben. Dir nicht gedankt für Deinen betrüblichen, hellen Rüthlitoast, der nicht einmal zur Anwendung kommen konnte, sintemal per discrimen rerum das Rüthlifest selbst nicht zur Anwendung kam, — und es fehlt mir ja alle gute Zeit zum Briefschreiben, und wie sehr ich damit auch in der Rütlisitzung am 19 ten Abends, von der Dir Deine liebe Frau (welche trefflichst mitspielte) erzählen wird, durchgenommen wurde, so ist es nichts destoweniger mehr, daß ich mich in meinen Arbeiten in einen förmlichen Zeitbankrott hineingearbeitet habe und immer und immer noch nicht ersehe, wann dies enden soll. Aber für den schönen prächtigen Toast, den Du zu besagtem 19 ten übers Meer gesandt hast und den Deine liebe Frau so tap- ferlichst vortrug, als es fast nur der Autor selber zu thun pflegte, für ihn muß ich Dir aus vollem gerührtem Herzen meinen Dank sagen, und ich weiß das nicht besser, als indem ich Dir alles Gute und Schöne, was darin enthalten, zurückgebe. Und wenn Dir in der Wüste der Masse zu kalt wird, eines bleibt Dir doch (neben anderen guten Dingen und Menschen): das was man so prosaischer Weise die Muse nennt, und wenn Du die großen Acten und Dokumente und Monumente großen geschichtlichen Lebens, unter dem Du Dich dermalen bewegst, bewältigt hast, so wird auch die Muse ein um so edleres und reiferes Gestein vorfinden, ihren scharfen Meißel daran zu setzen. Harre standhaft aus, lieber Kämpe, Du wirst doch noch ans Ziel kommen, und dies Ziel wird kein schlechtes sein; — man hat so unter Umständen gutes Vertrauen, und zu Dir habe ich's, und zu Deinem Geschick auch, trotz alledem!
Wenig Vertrauen habe ich zu diesem und jenem Andern, z. B. zu unserem Hans Sachs, den Metastasio neulich in seiner tiefen Vereinsamung und Noth heimgesucht und den er wieder ein wenig aufgerichtet. Aber der nächste Erfolg war, daß er im Tunnel wieder eine preuß. historische Tragödie vorlas und daß diese wieder aufs Haar aussah wie die frühern. Er macht mir den Eindruck eines Verhexten, und seine Äußerung, wenn es mit seinen Dramen nichts sei, so sei sein Leben ein verlorenes — wie tiefe Bedeutung darin auch liegt — stimmt nur zu sehr
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