mit diesem Eindruck. Im Uebrigen geht es in diesem Winter im Tunnel rüstig genug zu, und die Debatte ist meist ebenso frisch; es dauert öfters bis 1 /2 und bis 1 / 4 auf 8 Uhr. Wie aber könnte ich schreiben, ohne meiner lieben Münchner zu gedenken. Ich halte es freilich für eine der größten Thorheiten, von ihnen getrennt sein zu müssen; aber die Lichtblicke von dort sind nur steter Sonnenschein. Pauls Schaffen ist ein unausgesetzt Erstaunlichstes; ich habe ihm eben schreiben müssen, daß ich mich in die Paar Theklagesänge, die ich in Abschrift habe, mehr und mehr wie ein klassisches Werk hineinarbeite, während auch doch sonst, und gerade auch ihm gegenüber, die Kritik oft genug stachelt. Ich selbst ackere ruhig meine Furchen fort, der fernen Saaten wartend, die daraus aufsprießen wollen. Ob sich Jemand meiner poetischen Dinge erinnern mag, lasse ich dahingestellt, nicht minder, ob es mir beschieden sein wird, später und in andrer Weise wieder an dergleichen Hand anzulegen. Habent sua fata libelli und Menschen; —
Die in junger Brust ich bang voll Schaam,
Die ich Knaben Thorheit gescholten Jetzt, da ich durchgemustert den Kram,
Der als ein Mirakel wonnesam Die langen Jahre gegolten, —
Wie steht ihr in verklärtem Strahle Ihr, meine kindischen Ideale!
Diese nicht sehr bedeutenden, zu meiner Confession gehörigen und im Tunnel einigermaßen angefochtenen Verse mögen es einigermaßen andeuten, daß ich mit meinen liebsten Dingen in der Stille meiner Seele lebe und wenigstens keine Neigung verspüre, in den Reihen der Virtuosen mitzukämpfen.
Und soweit wie stets
Dein getreuer
Berlin 21/1. /18/56. F. Kugler
Nr. 5
Berlin, 23. Juli 1857 Lieber Fontane!
Wenigstens zwei schriftliche Worte zu den Berichten, welche Dir Deine Frau über unser hiesiges Treiben mündlich machen wird. Wie gern wäre auch ich gekommen! Zu dem Wunsch, Dich und Alt-England zu sehen, war ja nun diese lange und breite Manchester-Ausstellung hinzugekommen. Aber bei studirenden und reifenden Söhnen, nach eigner, schon erfolgter April-Reise nach München und bei bevorstehender erhöhter Wohnungsmiethe und sehr umfassender neuer Einrichtung fehlte es völlig an Geld, oder wären doch ungewöhnliche Künste nöthig gewesen, welches zu schaffen. Und noch mehr fehlt es an Zeit, da meine Arbeiten (Baugeschichte und Handb. der Kunstgesch.) noch immer auf geraume Dauer voll mein Thun in Anspruch nehmen. Ich mußte eben die Manchester- Ausstellung in eine Reihe mit 100 und aber 100 Dingen (z. B. den altenglischen Architekturen) stellen, deren nähere Kenntniß mir höchst wünschenswert ist, aber doch nur von der günstigen Stunde erwartet werden kann. Freilich, hätte das Schicksal aus eigenem Antriebe beschlossen, mir die Reise nach Manchester zuzuwerfen, so würde ich das trotz aller Bedenken doch als höheren Willen empfangen haben und ihm gefolgt sein. Einen Augenblick schien es, als ob das
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