Heft 
(1989) 47
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Schicksal in der That diesen Beschluß gefaßt habe, und ich dachte ein Paar Tage schon daran, wie ich es einzurichten hätte, um die allernöthigsten englischen Phrasen zu lernen. Mein Kollege Kassenrath fand es nemlich aus freien Stücken (ich weiß nicht, wodurch veranlaßt) für angemessen, unser Herr Chefs Excellenz den Vorschlag zu machen, mich mit 200 rth. hinzuschicken, damit eben seitens unser Regierung doch Etwas der Art geschehe, (zumal da Waagen ja nur auf dortige Einladung hinüber gegangen war.) Er hat es Sr. Excellenz in der That vorgetragen /Notiz am linken Rand: (die Summe mußte also jedenfalls disponibel sein)/; Hochdieselbe haben aber geantwortet. Sie gingen auch gern hin; ob er nicht zunächst Ihre Diäten schaffen kann? Damit war die Sache zu Ende und mir war der Nichterfolg so lieb als hätte mir Jemand was Erhebliches geschenkt; es ist in manchen Verhältnissen besser, nicht zu extraordinärer Dankbarkeit ver­pflichtet zu sein.

Von unseren Freunden wird Dir Deine Frau erzählen. Die Sandbank des Kunst­blattes scheint immer fester zu werden. Der Actien-Verein für das Kunstbl. ist bis auf die Hälfte des Minimums von Actionären zu Stande gekommen. Ich hatte Freund Ebner in Stuttgart aufs Lebhafteste für das Blatt interessirt /Randnotiz, links neben Brieftext: Lübke ebenfalls/; er machte die besten Anerbietungen für eine Uebernahme desselben, wobei die Redaction in Berlin bleiben sollte; das Comite des /Randnotiz, links neben Brieftext: beabsichtigten/ Verein's bestand aber darauf, dasselbe als künftiger Besitzer in Händen zu behalten, dies sagte E. nicht zu, und es erfolgte schließlich seinerseits eine definitive Ablehnung. Eggers war mir, wie stets in solchen Dingen, unbegreiflich; in meinem Gespräch, was ich vorher mit ihm über die Sache hatte, kam wieder sein Grundsatz vor, daß man die Dinge der historischen Entwicklung überlassen müsse, d. h. er hat in der Sache Nichts gethan. Was nun aus ihm werden wird, wissen die Götter. Der Gedanke, auch ihn möglicher Weise bald zu verlieren, erinnert uns jetzt aber wieder lebhaft daran, was wir, zumal in guten Zeiten, an ihm hatten. Daß Eggers für Taubert eine OperMacbeth" geschrieben hat, daß die Composition fast fertig ist und schon im Herbst auf die Bretter kommen soll (die Wagner als die Lady Macbeth) bisher ein Geheimnis haben nun die Zeitungen verkündet. Außerdem wird Eggers für Taubert jetzt einen Concert-Text machen, für dessen Composition zu Shakespeares'Sturm", mit dem der letztere auf der Münchner Bühne aufgeführt wurde. Hülsen hat hier die Aufführung verweigert, und Tau­bert will seine Arbeit nun zu Concert-Aufführungen benutzen (wie man z. B. Mendelsohns Musik zur Athalia und Beethoven's zum Egmont mit declamatorisch erläuternden Zwischenreden aufführt.) Vielleicht erblüht für Eggers aus diesen Dingen irgend etwas Neues.

Paul hat eine sehr ergreifende kleine Novelle für die Argo geschrieben. Auch ein Trauerspiel für die Münchner Concurrenz, das ich ihm hier, um es von hier aus einzusenden, habe abschreiben lassen. Es scheint mir höchst bedeutend, und ich wüßte nicht, von welcher Seite Größeres einlaufen sollte. Selbst die Durchsicht der Abschrift habe ich mit stets erneuter Erschütterung, mit stets verschluckten und offenbaren Thränen absolvirt. Es ist so ganz groß und rein und, bei tiefster leidenschaftlicher Gewalt, so innig ergreifend und rührend. Ich kenn in dieser Weise gar nichts Aehnliches.

Deiner Erwägung, Theuerster, habe ich schließlich noch eine besondere Frage vorzulegen. Willst Du jetzt nicht daran gehen, Deine Uebersetzungen und Bear­beitungen altenglischer Balladen zu einem Abschluß und zur Herausgabe zu bringen? Meines Erdünkens dürfte ein solches Unternehmen für Deine Existenz

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