von Wichtigkeit sein. Daß die Leute Deiner Umgebung, neben Dir und über Dir, den Poeten in Dir sonderlich beachten sollten, ist schwerlich zu erwarten, — was ist ihnen ein Poet und die Poesie? Aber ein Andres ist es doch wohl, wenn die Poesie zu nützlichen Dingen verwandt wird, z. B. zum lebhaften Einverständnis zwischen den historischen Interessen u. Erinnerungen zweier Nationen, zur Belebung und Popularisirung der in ein solches Kapitel einschlagenden gelehrten Forschungen. Dergleichen hat, für die Leute, stets mehr Aplomp, und ich denke mir, daß wenn Du mit einer derartigen Arbeit aufträtest und einigermaßen für den äußeren Erfolg sorgtest, daß sie dann doch aufmerken und in Dir etwas mehr erkennen müßten, als ein Zeitungsschreiber, ein Charge d' affaires oder dergleichen. Du könntest Deiner exclusiven Stellung damit noch ein etwas stärkeres Siegel aufdrücken. Ob es sich macht, geradezu etwa Prinz Albert zur Entgegennahme einer Dedication des Werks zu veranlassen, weiß ich nicht; aber wenn es passend und thunlich wäre, so denke ich, müßte es für ein solchen Effect noch von wesentlicher Wirkung sein. Ueberlege Dir s also und thue danach! Meine Idee ist immer, daß man, für äußere Dinge, Alles was man hat, möglichst auf einen Punkt concentriren muß: — ich selbst verdanke meine bisherigen Erfolge (wie Vieles allerdings auch in den Brunnen gefallen sein mag!) im Canzen doch einer derartigen Praxis.
Aber Papier und Geist sind zu Ende. Daher schließlich nun auch 1000 herzliche Grüße von Deinem
stets getreuen F. Kugler
Nr. 6
Berlin, d. 8. Januar /18/58 Schellingstr. 9
Ich nehme eben zu der liebenswürdigen Neujahrs-Gratulation D. O London 20/12. 57. 52 St. Augustine Road etc. etc. Deinen letzten ausführlichen Brief zur Hand, liebster Freund, und lese zu meiner Beschämung darauf das Datum: 21. August 57. F.s sind also genau 7 Monate und 18 Tage, daß er geschrieben ist, ohne daß eine Antwort meinerseits darauf erfolgt wäre. Ich muß ein starkes Vertrauen zu der Freundschaft meiner Freunde haben, daß sie an mich glauben ohne zu sehen; aber ich käme ohne dieses Vertrauen in der That nicht aus. Ich weiß es sehr wohl, daß das Mitleben ohne fortgesetzte Mittheilung schwierig ist, daß es eben ein wenig und unter Umständen etwas stark schlummern mag; aber es hat doch auch seine hübschen Träume, in denen sich alte Tage spiegeln, und wenn man aufwacht, sieht man hoffentlich, daß die letztern noch keine Lüge geworden sind und sich das Neue vielleicht nur um so frischer an das Alte anknüpft.
Ich schicke mich also wirklich an. Deinen Brief vom vorigen Sommer zu beantworten; aber was ist seit dem Alles ins Land gegangen! Unsre Gegenwart und unsre Zukunft hat eine andere Physiognomie erhalten, und wenn wir uns in der Unbestimmtheit jener wenig erquickt fühlen, so ist der Nebel, der die Zukunft einhüllt, noch weniger geeignet, uns Sicherheit und Zuversicht zu geben. Mein geistiges Dasein ist, wie diese acht Jahre lang, durch meine unablässigen wissenschaftlichen Arbeiten und die verschiedene Theile, welche dieselben treiben allerdings geborgen, und es geht immer noch in dem Gange fort; wenn ich des Mor-
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