Heft 
(1989) 47
Seite
21
Einzelbild herunterladen

Zabel wird als einstattlich schöner Mann mit feingeschnittenem Profil und üppigem, rötlich schimmerndem Blondhaar . .. von sonniger Laune, warmherzig und anregend, ein ungebundener Junggeselle" geschildert. 8 Er zählte einem anderen Nekrolog zufolge bis um die Jahrhundertwende auf dem Gebiet der Kritik und Berichterstattung zu den führenden Schriftstellern Berlins und galt als einer der würdigsten und lautersten Vertreter der deutschen Presse. Er kannte keinen höheren Ruhm, als mit Hilfe seiner stets bereiten Feder und seiner aus­gedehnten Kenntnisse andere zu fördern, an deren Bedeutung er glaubte. ... Er selber fragte kaum nach Lohn und Anerkennung." 8

Eine indirekte Kontroverse mit seinem Kollegen hatte Fontane Anfang 1879, als Zabel an Stelle von Karl Bleibtreu in der ZeitschriftMehr Licht!" den Erstlings­romanVor dem Sturm" besprach. Über diesen im Gesamttenor lobenden Artikel Zabels, der Fontanes Befriedigung hervorrief, korrespondierte er mit seinem Verleger Wilhelm Hertz. Dieser hatte seinen Brief vom 13. Januar 1879 mit den Worten beendet: . . . [ich] füge nur hinzu, daß mir Herr Zabel heute schreibt, er habe Ihren Roman in .Mehr Licht' angezeigt. Mehr Licht hat noch nicht die Höflichkeit gehabt, mir die Nr. zu senden. Haben sie schon gelesen?" 10 Fontane antwortete unmittelbar darauf, am 14. Januar 1879:Die Besprechung des Romans in .Mehr Licht!' hab ich erst heute, durch Ihre Zeilen darauf aufmerksam gemacht, gelesen. Es ist ,toll genug'." Doch war Fontane damals mit Zabels Beanstandung der inVor dem Sturm" enthaltenendirekten Wendungen zum Leser, welche die dichterische Illusion gefährden" 11 , nicht einverstanden und er fuhr fort:Nur die Stelle, daß der Erzähler nicht mitsprechen darf, weil es gegen das .epische Stil­gesetz' sei, erscheint mir als reine Quackelei." 12 David Turner hat 1968 darauf hingewiesen, daß mit dieser Kritik Zabels Fontanes Auseinandersetzung mit den ästhetischen Anschauungen Friedrich Spielhagens begann 1 1 , die schließlich zu einer anderen Einstellung als die eben zitierte führte. An Spielhagen schrieb er über anderthalb Jahrzehnte später, daß dasHineinreden des Schriftstellers .. fast immer vom Übel, zumindest überflüssig" sei 14 , doch verzichtete er nicht gänzlich auf die Rolle des den Leser durch bestimmte Hinwendungen direkt steuernden Erzählers. Für unser Thema ist nur wichtig, daß Zabel schon kurz nach seinem Eintritt in das Berliner Journalistenleben den eben als Romancier auftretenden Fontane Anstoß zur Überprüfung seiner ästhetischen Anschauungen gab. Ob Fontane damals Zabel schon begegnet war, bzw. wann er ihn kennen­lernte, ist unbekannt, doch dürften die Besuche derselben Theatervorstellungen reichlich Gelegenheit geboten haben, sich zu treffen. Am 30. September 1888 spricht Fontane im Brief an seine Frau von dem Kollegen als von einem Bekann­ten, doch stand er dem über 30 Jahre Jüngeren damals recht reserviert gegen­über: .. . gegen 7 machte ich mich auf nach dem Wallnertheater. Von Kritik war nur Dr. Zabel zugegen, also niemand." 1 '

Fontanes Briefe an Zabel beginnen erst ein Jahr später im August 1889, als er nur noch ein knappes Jahr die Theaterkritik für dieVossische Zeitung" zu besorgen hatte. Weitere Briefe Fontanes an Zabel haben sich nach neuesten Er­kenntnissen nicht erhalten 10 ; auch Zabels vorausgegangene Briefe, die nachweis­bar in vier Fällen geschrieben worden sind, sind nicht überliefert. Die Briefe Fontanes beschränken sich im wesentlichen auf kurze Bestätigungen für empfan­gene Bücher. Nur in seinem Brief vom 1. Januar 1890 klingt mehr an: ein sehr warmer Dank für Zabels Artikel zu Ehren seines 70. Geburtstages in derNatio­nalzeitung" vom 29. Dezember 1889, in dem Zabel u. a.der freien und frischen Künstlernatur" huldigt, die vonmodernen, lebendigen Ideen durchdrungen" ist.

21