1 Eugen Zabel hatte Fontane einen Sonderdruck seiner eben erschienenen deutschen Bearbeitung von Iwan Turgenjews 1849 geschriebener Komödie in drei Aufzügen „Der Junggeselle" zugeschickt, die in der Zeitschrift „Nord und Süd" im Oktober 1889 (Bd. 51, Heft 151, S. 92—112) erschienen war. „Der Junggeselle" kam damals in Berlin nicht zur Aufführung.
2 Iwan Turgenjews Komödie in fünf Akten „Ein Monat auf dem Lande" war in Eugen Zabels Bearbeitung unter dem Titel „Natalie" am 20. September 1889 im Berliner „Königlichen Schauspielhaus" gegeben worden, nachdem sie schon 1884 in Wien ihre Uraufführung erlebt hatte. Fontane hatte „Natalie" in der „Vossischen Zeitung" Nr. 441 vom 21. September 1889 als „erste Novität dieser Saison" lobend besprochen: „Das Stück gefiel von Anfang an und erhob seine Wirkung auf das Publikum in der zweiten Hälfte des Schlußaktes zu einem durchschlagenden Erfolg. An dieser Zustimmung voll teilnehmen zu können, war mir von Anfang bis Ende vergönnt. .. Von einem großen stofflichen Interesse . .. kann bei diesem Stücke nicht die Rede sein, sein Wert und sein Reiz liegen in dem, was den Novellisten Turgenjew groß und gefeiert gemacht hat, in der Aufschließung des Menschenherzens ..." (vgl. Theodor Fontane, Causerien über Theater, München: Nymphenburger Verlagshandlung, Bd. XXII,2, 1964, S. 631-633).
3.
Berlin, 1. Januar [18]90*. Potsd[amer] Str(asse) 134 c.
Hochgeehrter Herr.
Ich höre von einem wundervollen Artikel aus Ihrer Feder in der Nat[ional] Zeit[ung] ; 2 er wird mir so charakterisiert, daß ich Ihnen doch ein Dankeswort aus sprechen muß, noch eh' ich gelesen. Erst nach dem 4. 3 und nach Erledigung aller Briefschulden, wird für mich die Festzeit unter mußevoller Lektüre beginnen. Ich freue mich herzlich darauf. Verzeihen Sie diesen Dank ins Dunkel hinein, auf Hörensagen hin, aber es geht nicht anders. In vorzügl[icher] Ergebenheit
Th. Fontane
Erstdruck nach dem Original im FAP.
1 Dem Brieforiginal liegt ein am 1. 1. 1890 abgestempeltes Kuvert bei, auf dem in Fontanes Handschrift die Adresse vermerkt ist: Herrn Dr. Eugen Zabel, Redakteur der Nat. Ztg., Kronprinzen Ufer 24, NW.
2 Eugen Zabel hatte am 29. Dezember 1889 (Nr. 723, Morgen-Ausgabe) auf drei Seiten des Feuilletons der „Nationalzeitung" aus Anlaß des 70. Geburtstages des Dichters einen Artikel „Theodor Fontane" veröffentlicht. Er beginnt mit den Worten: „Es ist für viele eine Überraschung gewesen, als sie davon hörten, daß Theodor Fontane um die Jahreswende als Siebziger dem Bunde der .Alten Herren' beitreten werde. Die meisten waren nach dem Eindruck, den sie von seiner Persönlichkeit und seiner Schreibweise empfangen haben, geneigt, ihn für weit jünger zu halten. Er hat auch in der Tat nichts von dem Abgeschlossenen und Grillenhaften des Alters und seine Bücher, die uns mit einer freien und frischen Künstlernatur bekanntmachen, sind von modernen, lebendigen Ideen durchdrungen. Wenn man eines solchen Schriftstellers an seinem Ehrentage gedenkt, hat man nicht das peinliche Gefühl, einen matt gewordenen Ruhm wieder blank zu putzen, sondern ist mit dem Herzen bei der Sache und möchte in jedes Wort so viel Wärme und Kraft wie in den Händedruck hineinlegen, den man mit einem Freunde wechselt. Man hat daneben das Gefühl, als ob dem Mann gegenüber etwas gutzumachen wäre, als ob sein Können nicht immer die verdiente Förderung erfahren habe. Fontane hat sich aus innerer Notwendigkeit entwickelt, und es dabei vermieden, sich irgend einer Richtung anzuschließen, an die das Publikum bereits glaubt. Er hat vielmehr selbst literarische Gattungen geschaffen. Anstatt nachzuahmen hat er andere
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