Nußbraun war sein Gesicht und sein Bart rostfarben und struppig War mit Schnee überweißt wie ein Gartenzaun im November; wirft sein Auge auf die reizende Priscilla, eins der jungen Mädchen das mit den ersten Colonisten herübergekommen ist. Muthig wie er ist und brav und tapfer wie er in Flandern gefochten hat, ist er doch nicht muthig genug um vor Priscilla selber hinzutreten und so bittet er seinen Freund und Schreiber, den jungen John Alden, statt seiner den Freiwerber zu machen. Eine harte Aufgabe für John Alden, denn er selber liebt Priscilla. Er schwankt ob er [ihm] dem väterlichen Freunde diese Liebe bekennen soll; Verehrung gegen den alten Miles Standish aber und eine allzu zarte Rücksichtsnahme auf das Vertrauen das dieser in ihn gesetzt, schließen ihm den Mund und er erscheint wirklich als Freiwerber seines [väterlichen] Freundes vor der schönen Priscilla. Anfangs fehlen ihm vor Verwirrung die Worte, dann aber entsinnt er sich plötzlich seines Auftrags und spricht nun in begeisterten [Worten] Ausdrücken für seinen Freund. Priscilla folgt [ihm] lächelnd seiner Rede und als er endlich geschlossen hat, antwortet sie in reizend schelmischer Weise: „Why do'nt 23 you [not] speak for yourself John?" „warum sprichst Du nicht so für Dich selbst John?" Hieraus entspinnen sich dann einige Conflikte; Miles Standish nennt seinen Freund einen Verräther und John Alden von den verschiedensten Empfindungen hin und her geworfen, steht auf dem Punkt nach Europa zurückzukehren; aber ein Blick Priscillas hält ihn. Der Ausgang ist nicht schwer zu errathen: die zwei Liebenden werden ein Paar und Miles Standish, nach erfolgter Aussöhnung, zieht in den Krieg und schlägt mit 7 Mann und 3 Musketen die ersten Schlachten der Republik. Durch die ganze Dichtung zieht etwas Heitres und Kerngesundes, was außerordentlich wohlthuend berührt; Evangeline ist tiefer und (mächtiger] erscheint auf den ersten Blick bedeutender, dennoch mag es dahingestellt bleiben, welcher von beiden Dichtungen der Preis gebührt. Eines muß ich noch hinzufügen. Abgesehen von ihrem innren, dichterischen Werth, haben beide Dichtungen noch eine nicht zu übersehende formelle Bedeutung. Beide [Dichtungen] nämlich sind in Hexametern geschrieben und es heißt daß diese Hexameter die ersten seien, die, mit Ausnahme einiger Uebersetzungen, in der gesamten englischen Literatur existirten. Nach meiner Kenntniß der Sache ist diese Annahme richtig und das Verdienst, das die Einführung einer so wichtigen dichterischen Form involvirt, ist natürlich kein geringes.
Nun noch ein paar Worte über „Hiawatha" die dritte seiner epischen Dichtungen. Wenn uns Longfellow in „Evangeline" eine französisch-normannische, in „Miles Standish" eine puritanische Geschichte gab, so giebt er uns in „Hiawatha" eine indianische. Der Dichter selbst [giebt mit] äußert sich in wenigen Worten über Inhalt und Bedeutung seiner Dichtung [dahin an] und sagt folgendes: „das Lied von Hiawatha, diese indianische Edda wenn ich mich dieses Ausdrucks bedienen darf, gründet sich auf eine Ueberlieferung welche bei den nordamerikanischen Indianern von einem Manne wunderbarer Geburt herrscht. Dieser Held oder Halbgott, wie wir ihn nennen wollen, wurde gesendet um Flüsse, Wälder, fischreiche Seen zu entwildern und die Künste des Friedens zu lehren. Man kannte ihn bei den verschiednen Stämmen unter verschiedenen Namen: Michabou, Chiabo, Hiawatha u.s.w. Mit diesen alten Sagen habe ich andre seltsame Indianer- legenden verwoben, welche meist den werthvollen Schriften Schoolcrafts entnommen sind." Diese Bemerkungen schickt Longfellow seiner Arbeit voraus. Hiawatha ist der Sohn der liebliehen Wenonah und des Westwinds Mudjekeewis. Diese etwas räthselhafte Angelegenheit beschreibt die Dichtung [folgendermaßen. S. 20)] und ich werde die betreffenden Zeilen lesen.
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