Heft 
(1989) 47
Seite
51
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Im Vergleich dieser öffentlichen Aussage mit der privaten Einschätzung des besprochenen Buches im Brief an Decker ergibt sich ein interessanter Einblick in Fontanes Verfahrensweise beim Schreiben solcher Rezensionen, und zugleich wird deutlich, daß man aus der gedruckten Äußerung nicht unbedingt auch auf das private Urteil über das besprochene Buch schließen kann. In diesem spe­ziellen Fall ist freilich auch zu bedenken, daß Fontane im Brief an den Verleger seines eigenen Kriegsbuches dessen Vorzüge hervorheben möchte, das Konkur­renzwerk des Obersten von Besser hingegen deutlicher kritisiert, als er es in seiner Besprechung tut. Bezeichnend ist, daß über die Hälfte der Rezension von einem Zitat eingenommen wird, während in den Zeilen, die von Fontane selbst stammen, über das Buch selbst kaum etwas ausgesagt wird, dafür aber um so mehr über die Taten des 10. Husarenregiments. Die Äußerungen, die sich auf das besprochene Werk beziehen, deuten allerdings an, daß Fontane es als Kriegsbuch für mißlungen hält, denn allein diegefällige Gabe für landschaftliche Schilde­rung" und einliebenswürdiger, ritterlich-patriotischer Geist" erscheinen als recht magere Ingredenzien eines militärgeschichtlichen Werks. Um beides ist Fontane zwar auch bemüht, aber in erster Linie geht es ihm um die sprachliche Durch­dringung und übersichtliche Gruppierung, um die Ordnung eineschaotischen" Stoffes3 Ansprüche, die er in seinen eigenen Kriegsbüchern erfüllt sieht.4

Zwölf Tage nach dieser Besprechung erschien in der Kreuzzeitung5 eine weitere Rezension eines Buches über den Krieg von 1866. Auch sie ist ungezeichnet, und obwohl es keine Zeugnisse gibt, die Fontanes Autorenschaft eindeutig beweisen, spricht einiges für die Annahme, daß er der Verfasser auch dieses Artikels ist:

Aus dem Kriege. Meine Erlebnisse im Feldzuge 1866 als Landwehr-Unteroffizier im 4. Magdeburgischen Infanterie-Regiment Nr. 67 von Heinrich Freiherrn v. Gablenz. Berlin, Stilke u. van Muyden, 1867.

Die 7. Division hat Glück! Wie ihr bei Königgrätz die reichsten Ehren, wenigstens die größten Verluste zufielen, so scheint es ihr Vorbehalten, auch noch nach dem Kampfe, man verzeihe uns den Ausdruck,den Vogel abzuschießen". Von all den Monographieen, die, anknüpfend an die großen Ereignisse des vorigen Som­mers, bis jetzt erschienen sind, halten wir des Obersten von Zychlinski Büchel­chen:Theilnahme der 27er an den Kämpfen von Münchengrätz und Königgrätz", und das uns vorliegende des Herrn v. Gablenz eines Neffen des Oesterreichi- schen Feldmarschall-Lieutenants für die besten. Mit scharfem Auge für die militärische Action, wenn auch freilich von sehr verschiedenen Standpunkten aus (Herr v. Gablenz trat als Landwehr-Unteroffizier ein) geschrieben, haben beide Bücher vor Allem Frische, Unmittelbarkeit und Subjectivität mit einander gemein.

Militärische Darstellungen, wenn sie bloß das große Schachspiel des Krieges geben, werden leicht trocken, wenn wir auch nicht behaupten wollen, daß sie es nothwendig sein müssen; was aber, wie immer dem sein möge, in der großen Mehrzahl der Fälle erst Leben und Theilnahme weckt, das ist das Hervortreten des Persönlichen überhaupt und der Persönlichkeit des Erzählers im Besondern. Das Zylinskische, wie das Gablonzsche Buch haben diese Vorzüge und sind deshalb eminent unterhaltlich; man kann nicht von ihnen los und liest en suite bis auf die letzte Seite. In beiden ist der Eroberung und Behauptung des berühmt gewor­denen Waldes zwischen Benatek und Cistowes eine Anzahl von Seiten gewidmet, und es ist interessant, die beiden Darstellungen, die sich trefflich ergänzen, miteinander zu vergleichen. Einzelnes, was dem Genre und der Landschaft