Heft 
(1989) 47
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ausgegeben von ihrem jetzigen Eigentümer Gotthold Lessing, Rittergutsbesitzer zu Meseberg bei Gransee." Die Grundlage dieser Sammlung bilden die Manu­skripte Gotthold Ephraim Lessings. Es ist nicht verwunderlich, daß die späteren Besitzer, Carl Robert Lessing, der Mitherausgeber der Vossischen Zeitung, und sein Sohn Gotthold, die im Leben Fontanes eine Rolle gespielt haben, ihrer Samm­lung eine größere Anzahl von Briefen Fontanes hinzufügten, die im zweiten und dritten Band des Katalogs verzeichnet sind. Herr Dr. Hans-Erich Teitge, Direktor der Handschriftenabteilung der Deutschen Staatsbibliothek Berlin (DDR), hat mir freundlicherweise die Einsicht in die Bibliotheksexemplare des gedruckten Kata­logs erlaubt, in denen spätere Erwerbungen handschriftlich eingetragen sind und die wir also in unser Verzeichnis aufnehmen konnten. Diese Sammlung war ursprünglich von David Friedlaender (17501834) angelegt worden und wurde 1876 von Carl Robert Lessing erworben. Mit einem schmerzlichen Gefühl liest man einige Zeilen der Einleitung des Katalogs:... am 28. April 1876 erwarb er (Carl Robert Lessing) . . . die reiche Autographensammlung, die zwei Generationen der Familie Friedlaender planmäßig angelegt, und die dritte so lange liebevoll gepflegt hatte, bis sie mit richtigem Vorgefühl in einem Träger und Hüter großer Überlieferungen einen Käufer fand, der ihr Gewähr bot, er werde dieses Erbe ihrer Vorfahren niemals auf den Markt bringen, vielmehr für seine dauernde unzersplitterte Erhaltung sorgen". Carl Robert Lessing und sein Sohn Gotthold haben diese Sammlung nicht auf den Markt gebracht. Sie ist der Preußischen Staatsbibliothek übergeben worden. Aber in unserem gewaltsamen Zeitalter kann wohl eine unzersplitterte Erhaltung nicht mehr garantiert werden. So sind also auch 125 Originalbriefe Fontanes als verschollen, wenn nicht als verloren zu verzeichnen. Einige davon sind in den frühen unzuverlässigen Ausgaben ab­gedruckt, von einigen sind Abschriften vorhanden, von anderen indessen weder Drucke noch Abschriften. Von diesen in keiner Form erhaltenen Briefen konnten daher entweder überhaupt keine Auflistungen von Namen, Werken usw. erstellt oder nur das verzeichnet werden, was vom Inhalt durch Auszug oder Regest im Katalog der Lessing-Sammlung bekannt war.

Die in der Jagellonischen Bibliothek in Krakow aufbewahrte Sammlung aus dem Gnissauer Depot enthält etwas über einhundert Briefe Fontanes, dazu einen aus der Varnhagen-Sammlung, der an Karl August Varnhagen von Ense gerichtet ist. Unter diesen Briefen sind diejenigen an Eduard Engel besonders zu erwähnen, weil sie eine geschlossene Sammlung an einen Adressaten bilden. Sie sind 1984 im Jahrbuch der Deutschen Schiller-Gesellschaft von mir veröffentlicht worden. Sie sind darum bisher unbekannt gewesen, weil sie erst im Herbst 1939, nach Engels Tod, von der Preußischen Staatsbibliothek auf einer Auktion erworben und dann bald ausgelagert wurden. Engel hatte den frühen Herausgebern von Fontane-Briefen, trotz ihrer Bitten, die Briefe nicht zur Verfügung gestellt. Dies ist aus einigen Notizen zu ersehen, die sich auf Briefabschriften im Fontane- Archiv befinden.

Es sind in den letzten Jahren weitere neue Briefschätze an den Tag getreten,- so die 1983 von Rene Cheval veröffentlichten Briefe an den Kardinal Mathieu. Helmut Richter entdeckte Briefe an Wilhelm und Karl Bölsche, und von großer Bedeutung sind die sechzig in Privatbesitz befindlichen Briefe an Fritz Mauthner, die Jörg Thunecke aufgefunden hat und die, von ein oder zwei Ausnahmen abgesehen, alle bisher unbekannt waren. Sie sind von ihm und Frederick Betz in den Fontane-Blättern veröffentlicht worden. Der Fund dieser Briefe ist auch ein Beispiel dafür, daß uns derartige Schätze keineswegs immer zufällig in die

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