Heft 
(1989) 47
Seite
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unter sehr ähnlichen Umständen (Quitt Kapitel 13,14 und 34, 35) den Tod. An die Macht des rächenden Schicksals erinnert der Spruch an der Buche und das wiederholt angeführteEwig und unwandelbar ist das Gesetz"; in Quitt auf weniger sentenziöse Art ein Gespräch zwischen Lehnert und L'Hermite (429430). In Unterm Birnbaum kommt dem Baum als Symbol zentrale Bedeutung zu, aber Fontane benutzt es subtiler und differenzierter als in den zuvor besprochenen Erzählungen, d. h. nicht einfach als Schauplatz der Tat und später der Vergeltung. Der Baum dient im Gegenteil Abels erfolgreicher Täuschung seiner Umwelt (461462, 483484); mit seiner Hilfe liefert er denBeweis seiner Unschuld" (505508, 514515, 521). Wo der Reisende Szulski zu Tode kommt, läßt sich nur aus Ursels Reaktion erschließen (524), da seine Ermordung wie die des Aaron in der Judenbuche aus der Erzählung ausgespart ist. Schließlich kommt der Mörder weder hier noch unter dem Birnbaum ums Leben, sondern im Keller, wo er die Leiche vergraben hat. Der Hinweis auf diesen Keller und auf die Methode, mit der die Falltür offengehalten wird, erfolgt früh in der Erzählung (454). Der Keller wird mehrmals beinahe zum Anlaß von Abels Entlarvung, da dieser sich aus Angst durchschaut glaubt (517, 541). Angst vor Entdeckung läßt ihn schließlich die Unvorsichtigkeit begehen, die ihn das Leben kostet (549), wobei die genauen Umstände seines Todes noch rätselhafter bleiben als bei Friedrich Mergel. 14

Das Schauermotiv der Vergeltung als schicksalhafte Fügung erfährt bei Fontane also differenzierte Behandlung. Ähnliches läßt sich für die Verknüpfung beängsti­gender Naturvorgänge mit grauenerregenden Ereignissen im menschlichen Bereich feststellen, ein weiteres Schauermotiv, dessen Droste-Hülshoff und Fontane sich bedienen. In der Judenbuche wird Hermann Mergels Leiche in einer ,,harte[n], stürmische(n) Winternacht" nach Hause gebracht (487489). Die Nachricht von dem Mord an Aaron erreicht den Gutsherrn in einer Nacht, in derein furcht­barer Sturm" tobt (514), und eben zu dieser Zeit findet Friedrichs und Johannes' Flucht statt. Auch der Mond ist oft Teil einer unheimlichen Naturkulisse. Mond­schein gibt der Szenerieein fremdartiges Ansehen", als Friedrich zum ersten Mal mit seinem Onkel nachts durchs Brederholz geht (493); ein verblassender Mond ist Zeuge der Konfrontation zwischen Brandis und Friedrich (500 ff.) ; und im Mondlicht spielt sich die Auseinandersetzung zwischen Simon und Fried­rich ab, die mit dem für Friedrichs Korrumpierung entscheidenden Verzicht auf die Beichte endet (508509).

Sturm und Mondlicht begleiten auch die zentralen Episoden in Fontanes Kriminal­erzählungen. Ein Sturmwind trägt zur Verbreitung des von Grete Minde gelegten Feuers bei (99); in einerstürmischen Novembernacht" unternimmt Hradscheck sein Täuschungsmanöver und begeht den Mord an Szulski (483 f 503 f), des­sen Fahrzeug noch bei Sturm in der Oder gefunden wird (489). Eines der ersten Kindheitserlebnisse Hildes im Hause des Heidereiters ist ein Sturm und Wetter­umschwung bei Vollmond, dessen Licht sie alsunheimlich" empfindet (114). Wie auch bei dem Brand auf Kunerts-Kamp (120123) ist sie angesichts dieses Natur­schauspiels von einer Mischung aus Grauen und Faszination erfüllt, und die Unfähigkeit Grissels, sie mit mechanischem Gebet zu beruhigen oder vom Schau­platz der Katastrophe zurückzuhalten, deutet auf deren Hilf- und Verständnis­losigkeit gegenüber der heranwachsenden Hilde voraus. Der Mond tritt als Zeuge aller weiteren wichtigen Ereignisse auf: des von Grissel beobachteten Kusses (160 f.), des Mordes an Martin (176), der Suche nach der Leiche (182 f.)

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