Heft 
(1989) 47
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der oben besprochenen Erzählzüge tauchen in diesem Zusammenhang wieder auf: Die Porträtierung bestimmter Gesellschaftskreise bei geselligen Anlässen etwa durchzieht sein Werk von Vor dem Sturm bis Der Stechlin, mit einer deutlichen Tendenz fort von Schreckenshöhepunkten wie Schach von Wuthenows Selbstmord nach der Hochzeitsfeier bis hin zum völligen Verzicht auf solch spektakuläre Ereignisse im Stechlin, wo Hochzeit und Tod einander auf ganz andere, stille Weise folgen. Und schließlich beim Aberglauben, um ein letztes Beispiel zu nennen , zeigt sich die zunehmende soziale Einbindung des Motivs, von Lenes Warnung an ihren adligen Liebhaber (Haar bindet") in Irrungen, Wirrungen (Kapitel 11) bis zu InnstettensErziehung" seiner jungen Frau mit Hilfe des unheimlichen Chinesen (Effi Briest, Kapitel 10).

Anmerkungen

1 An Richard Schöne, in: Winfried Woesler:Theodor Fontane über Annette von Droste-Hülshoff", Westfalen 47 (1969), 206209. Zweifel an Fontanes Gedächt­nis drängen sich auf, wenn man bedenkt, daß Die Judenbuche zuerst vom 22. 4. bis 10. 5. 1842 imMorgenblatt für gebildete Leser" erschien, einer Zeitschrift, in der Fontane selbst von Oktober 1843 an veröffentlichte. Wenn er die Novelle zu diesem Zeitpunkt nicht kennengelernt hat, so bot spätestens der Kontakt mit Paul Heyse eine weitere Gelegenheit, in dessenDeutschen Novellenschatz" Die Judenbuche 1876 (und Grete Minde 1884) aufgenommen wurde.

2 Bei Peter Demetz: Formen des Realismus. Theodor Fontane (München 1964), S. 80, und Walter Huge:Die Judenbuche als Kriminalgeschichte", in: Annette von Droste-Hülshoff ,Die Judenbuche'. Sonderheft der Zeitschrift für deutsche Philologie 99 (1979), S. 52 f.

3 In: Hans-Heinrich Reuter: Fontane (Berlin 1968), II, S. 633; Lionel Thomas: Fontane's Unterm Birnbaum", German Life and Letters 23 (1970), S. 193205, S. 198 f.; Edgar Marsch: Die Kriminalerzählung (München 1972), S. 187; Rudolf Schäfer: Theodor Fontane. Unterm Birnbaum. Frau Jenny Treibel. Interpretationen (München 1974), S. 17; Walter Müller-Seidel: Theodor Fon­tane. Soziale Romankunst in Deutschland (Stuttgart 1975), S. 82, 215.

4 Siehe Winfried Freund:Der Außenseiter Friedrich Mergel", in: Annette von Droste-Hülshoff ,Die Judenbuche', Sonderheft der Zeitschrift für deutsche Philologie 99 (1979), S. 110.

5 So Winfried Freund über Friedrich Mergel, a. a. O., S. 111.

6 Vgl. dazu Fontanes Brief an Paul Lindau (6.5.1878), in: Dichter über ihre Dichtungen, 12: Theodor Fontane, hg. von Richard Brinkmann und Waltraud Wiethölter (München 1973), II, S. 244. Diese Problematik in Grete Minde erörtert: Ulrike Horstmann-Guthrie:Thackerays Catherine und Fontanes Grete Minde (in Vorbereitung).

7 So schrieb Fontane an Georg Friedlaender (16. 11.1885) über Unterm Birn­baum,Daß keine schöne, herzerquickliche Gestalt darin ist": Dichter über Dichtungen, 12, II, S. 339.

8 Winfried Freund irrt mit seiner Behauptung, daß dieUnbarmherzigkeit des altjüdischen Gerechtigkeitsdenkens .. . durch die Gnadenlehre Christi über­wunden .. . [wird], wie sie in den Eingangsversen hervortritt." Erläuterungen zur Goldmann Klassiker Ausgabe der Judenbuche (München 1983), S. 114. Im folgenden wird zitiert nach Annette von Droste-Hülshoff: Sämtliche Werke in zwei Bänden, hg. von Günther Weydt und Winfried Woesler (München 1973 ff.), I, und Theodor Fontane: Sämtliche Werke, hg. von Walter Keitel (München 1962), I. Seitenangaben in Klammern beziehen sich auf diese Aus­gaben.

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