Heft 
(1989) 47
Seite
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SCHRIFTSTELLER DER GEGENWART ÜBER THEODOR FONTANE

Vorbemerkung: Manfred Horlitz

Die Fontane-Ausgaben der letzten Jahre zeugen von der anhaltenden internatio­nalen Verbreitung der Werke Fontanes bei vielen Lesern in europäischen und auch zunehmend in außereuropäischen Ländern. Aber auch viele Schriftsteller unserer Zeit stellen in ihren Werken direkte und indirekte Beziehungen zur Persönlichkeit bzw. zum künstlerischen Schaffen des .märkischen Wanderers" her, und sie tragen dazu bei, daß Fontanes humanistisches Gedankengut im Bewußt­sein der Leser weiterlebt.

Wir sind im Interesse vieler Leser der Fontane-Blätter der Frage nachgegangen, welche Beweggründe für die Fontane-Beziehung einiger Autoren unserer Gegen­wart bestimmend sind und wie diese im eigenen Schaffensprozeß zum Ausdruck kommen.

Wir freuen uns, diese Betrachtung, die wir in den folgenden Heften fortsetzen wollen, hier mit zwei Schriftstellern eröffnen zu können, und zwar mit Jan Koprowski (Volksrepublik Polen) und mit Christine Brückner (Bundesrepublik Deutschland). Beide Autoren haben in den vergangenen Jahrzehnten eine viel­fältige, spezifische Beziehung zu Theodor Fontane und seinem Werk gefunden, das sich im eigenen Schaffen äußert.

Jan Koprowski, Warszawa

Ein alter (und) neuer Realist *

Ende 1987 fuhr ich während meines Berlin-Aufenthaltes für einen Tag nach Potsdam, vor allem, um dort das Fontane-Archiv der Deutschen Staatsbibliothek zu besichtigen. Ich verbrachte einige Stunden in einem stillen Zimmer und sah Handschriften, Fotos, Rezensionen über Werke des Schriftstellers, seine Äuße­rungen, Kritiken. Briefe und Reportagen aus alten Zeitungen und Zeitschriften, verschiedene deutsche Ausgaben seiner Werke und deren Übersetzungen in fremde Sprachen. Dazu gleich eine Anmerkung: ärmlich wirkt die kleine Zahl der vorhandenen Exemplare polnischer Übersetzungen. Schließlich haben wir nach dem 2. Weltkrieg beinahe alle wichtigen Werke von Theodor Fontane in pol­nischer Übersetzung herausgebracht. Es schien von Warschau nach Potsdam so nahe zu sein, aber nun erweist sich der Weg als ziemlich lang.

* Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors aus: Kultura, Nr. 18 (152) Warszawa, 4 maja 1988 r., S. 11 Übersetzung: Ingrid Kuhnke, Berlin.

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