UNVERÖFFENTLICHTES / WENIG BEKANNTES
Roland Berbig, Berlin (Hrsg.)
Franz Kugler und Theodor Fontane
II. F. Kuglers Empfehlungsschreiben an Johann Georg v. Cotta und sein Gesuch an Emil Illaire
Charlotte Jolles zugeeignet
1. Franz Kugler an Johann Georg von Cotta, 27. Okt. 1852 Hochgeehrter Herr Baron!
Sie wollen freundlichst entschuldigen, wenn ich wieder einmal eine literarische Erscheinung, die mir der Aufmerksamkeit sehr werth zu sein scheint, Ihrem geneigten Interesse empfehle. Es betrifft den Dichter Theodor Fontane hieselbst, dessen Name Ihnen ohne Zweifel nicht unbekannt geblieben ist. Er gilt bei uns als eines der schönsten frischesten Talente der neueren Zeit. Den Sommer über war er, besonderer Zwecke halber, in England. Von dort hat er «Londoner Briefe" für das Feuilleton der hiesigen Neuen Preuß. Zeitung (der sog. Adler-Zeitung) geschrieben, die lebhaften Beifall fanden. Ich war den Sommer über hier in der Nähe auf dem Lande und habe mich an jedem dieser Briefe sehr erfreut. Es ist eine dichterische Frische und Naivität (wie sich von selbst versteht: ohne Alles, was etwa an poetische Phraseologie anstreift) darin, wie gewiß selten in solchen Artikeln; dabei ein höchst liebenswürdiger Humor, der gelegentlich die Kehrseiten in sehr ergötzlicher Weise herauszustellen weiß, gelegentlich aber auch in den düsteren und verworrenen Zügen den hohen Grundtypus jener Nation nachzuweisen vermag, der stets durchaus fein bleibt und überall von den ernstesten sittlichen Gefühlen getragen wird. Dies Alles wenigstens, soweit ich jene Briefe selbst gelesen habe, und wie ich es auch von dem Uebrigen in der That nicht wohl anders voraussetzen kann.
Fontane sagte mir neulich, daß etwa nur die Hälfte seiner „Londoner Briefe" in jener Zeitung abgedruckt sei; auf meine Frage, ob er sie nicht gesammelt wolle drucken lassen, meinte er, dazu sei er sehr gern bereit, aber es fehle ihm vor der Hand an dem rechten Verkehr mit dem rechten Verleger.
Mir wäre es nun sehr erfreulich, wenn ich ihm nützlich sein könnte und ich poche daher sofort an die beste Schmiede an, indem ich Sie, verehrtester Herr Baron, frage, ob die JG. Cotta'sche Buchhandlung geneigt sein würde, den Verlag der Londoner Briefe zu übernehmen. Ich wünsche, Fontane und seiner schönen Arbeit einen Dienst zu leisten; aber ich würde dies wahrlich nicht, wenn ich nicht die beste Ueberzeugung hätte, daß sie Ihrem Verlag nicht zur Unehre gereichen und — eines angemessenen Honorars werth sein würde. Denn auf dies letztere käme es allerdings wesentlich mit an, da Fontane unvermögend ist (nicht an Geist, aber leider noch am Materiellen) und Familie hat. Das Ganze würde etwa einen Band von 20 Bogen machen.
Nun wünschte ich freilich, daß ein Anderer diese Feder ergriffe und für mich das Wort nähme; — ich bin es indeß schon gewohnt, mich eben so für mich allein durch die Welt zu schlagen. Was ich Ihnen noch vortragen möchte, betrifft meine
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