Heft 
(1989) 48
Seite
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Postulat der Unentbehrlichkeit von Kunstgenuß für eine Nation berufend 30 , hatte er die Verantwortlichkeit des Staates für eine ausgewogene Förderung aller Künste begründet. Die Schrift besticht durch ihre Sachkenntnis. Kuglers Ausfüh­rungen wurzelten in der Feststellung, daß die Öffentlichkeit von Kunst ihren wirklichen Rang für das Gemeinwesen erst garantiere. Sie ermögliche eine Wir­kung auf den einzelnen und auf das öffentliche Leben. Die Kunst erbaue und' sie bewahre vorEntartung". Rechtsfragen wurden dabei von Kugler ebenso berück­sichtigt wie das Verhältnis der Künstezur mercantilen Speculation" 31 Das ge­druckte Buch sei dieser besonders unterworfen. Mit einer Attacke gegen die Gleichung, nach der sich der Wert des Produktes am pekunären Gewinn bemißt, wandte er sich gegen die fortschreitende Kapitalisierung.Soweit mithin dieser Einfluß herrscht, macht sich dasjenige, was der Menge im Kunstwerk behagt, also das leicht Verständliche, das sinnlich Bestechende, Reizende, Erschütternde vorzugsweise geltend, und die hohe, innerlich sittliche Bedeutung der Kunst ist in Frage gestellt." Seine Folgerung lautete:Hier ist einer der wesentlichsten Punkte, wo die Entartung der Kunst beginnen kann und hier entgegenzuwirken, wird demnach vornehmlich Sorge der Staats-Regierung sein müssen" 32 . Das Gesetz zum Schutz des Eigentums an Werken der Wissenschaft und Kunst gegen Nach­druck- und bildung sollte erweitert werden. Auftragswerke bejahte Kugler.

Aber auch die Dichtkunst ließe sich durch Ausschreiben von Konkurrenzen und mit Hilfe von Geldprämien fördern. Dort allerdings wäre Neuland zu betreten. Kugler empfahl dieGründung einer besonderen poetisch-dramaturgischen Commission, für die sämtlichen, in dies Gebiet einschlagenden Zwecke" 33 . Der Staat, der bislang ohne Einwirkung auf die Dichtkunst gewesen sei, sollte nach Kugler durch die Bildung von Sachverständigengruppen und eine Sektion für Dichtkunst an der Königlichen Akademie diesen Mißstand zu beseitigen trachten.

Der Exkurs in diese frühen Überlegungen Kuglers endet im Ausgangspunkt: keine Institution nimmt sich der Dichter an, keine Rechtsvorschrift oder staatliche Regelung liege auf dem Tisch, mit der der Dichter seine Existenz in sichere Bahnen lenken kann, die ihm Unterstützung gewährt, wo die Marktbedingungen ihn chancenlos lassen. Was bleibt, ist die Berufung auf die königliche Gnade. Mit der Erinnerung an Geibel, Scherenberg und Tieck, die die Gunst des Königs erfahren hatten, schließt Kugler den argumentativen Teil seines Schreibens. Das Ableben Tiecks am 28. April 1853 und damit das Erlöschen einer vom König gezahlten Pension schienen Kugler letzter Beweggrund, auf eine positive Reak­tion seitens des preußischen Königs zu hoffen. So empfiehlt er Fontane als einen Dichter,dessen stilles Wirken zur Ehre unsrer Zeit und unsres Vaterlandes ... beizutragen geeignet ist".

Die verschiedenen Ansätze des Gesuchs, die neben dem eindringlichen Einsatz für Fontane auch preußische Kunstangelegenheiten einbeziehen, bewirken den hohen Stellenwert des Dokuments 34 . Auf diese Weise kam es zur ersten geschlos­senen Würdigung des Dichters Theodor Fontane. Obwohl Kugler mit einem tradi­tionellen Poetenbild bei Illaire um Unterstützung für den befreundeten Fontane bat, erkannte er die unverwechselbaren Züge in dessen Dichtung. Nicht für ein mögliches Talent warb Kugler, sondern für einen Dichter, der nationales Format besaß. Mit Fontane vollendete sich, was mit Gottfried Bürger, den Mehring später ganz in diesem Sinne einenechten Volksdichter" 35 nennen wird, begonnen hatte. Friedrich Schiller hatte in seiner Rezension zu Bürgers Gedichten zwei Fragen gestellt:Ist der Popularität nichts von der höhern Schönheit aufgeopfert worden? Haben sie (die Gedichte - R. B.), was sie für die Volksmasse an Interesse gewan-

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