haben gerade diese persönlichen Erfahrungen des Autors, die sich in den Kriegsbüchern, vor allem aber natürlich in den Erlebnisbüchern Kriegsgefangen und Aus den Tagen der Okkupation niederschlagen, anerkennend hervorgehoben. Man macht sich heute wohl schwer einen Begriff davon, wie trocken die offizielle Kriegsgeschichtsschreibung jener Zeit gewesen ist und wie sehr die Darstellung eines Mannes, der sich in erster Linie als Künstler und erst in zweiter als „Amateur-Stratege" 19 versteht, in ihrer schriftstellerischen Qualität über jene hinausragt. Daß den heutigen Lesern nach zwei Weltkriegen die Lust an Kriegsbeschreibungen überhaupt vergangen ist, kann man schwerlich Fontane zum Vorwurf machen. Freilich wird man Helmuth Nürnberger zustimmen müssen, wenn er feststellt, daß Fontane „gerade die künstlerische Gestaltung des Stoffes, die ihm so am Herzen lag, nicht gelang". 20 Indessen liegt der Grund für dieses Scheitern in eben diesem Stoff — und nicht in den Fähigkeiten des Schriftstellers, der sich nach Kräften bemüht, der Aufgabe seinem künstlerischen Selbstverständnis entsprechend gerecht zu werden. Fontanes Dilemma liegt darin, daß er Bücher schreiben soll, deren künstlerische .Ausstattung' ihr Verleger bei einem Illustrator bestens aufgehoben sieht, während der Autor diese Anforderungen gerade mit den Mitteln seiner Sprachkunst zu erfüllen sucht und die Illustrationen als hinderliches Beiwerk betrachtet.
Fontanes wachsende Gereiztheit und Unlust während der Arbeit an den Kriegsbüchern liegt indessen nicht nur im problematischen Verhältnis zum Verleger und im Ringen, um sein schriftstellerisches Selbstverständnis begründet. Zu all dem tritt eine wachsende Einsicht in die Fragwürdigkeit des Kriegs und der modernen Kriegführung — zumal derjenigen gegen Frankreich —, wie sie sich in der Entwicklung von Kriegsbuch zu Kriegsbuch ablesen läßt. Hans Scholz hat Fontanes hugenottische Abstammung für sein „Interesse an Heeresangelegenheiten, an Schlachten und Waffengängen" 21 verantwortlich gemacht — wenn man überhaupt mit solchen Kategorien arbeiten will, wird man damit ganz im Gegenteil viel eher Fontanes Skepsis gegenüber dem Krieg, den Preußen gegen Frankreich führt, erklären können. Es ist ja gerade die ganz unkriegerische, vielmehr im Kulturellen wurzelnde Affinität Fontanes zu Frankreich, die einerseits die Kritik seines Sohnes und der Leser im militärischen Lager herausgefordert hat, andererseits die so wenig hurrapatriotische Darstellungsweise im Buch über den Deutsch-Französischen Krieg, die dieses Werk auch heute noch zu einer ernstzunehmenden historischen Darstellung macht. Der Schleswig-Holsteinsche Krieg im Jahre 1864 war noch deutlich vom konservativen ,Kreuzzeitungs-Denken' seines Verfassers geprägt, wie es besonders im Schlußsatz des Buches zum Ausdruck kommt: „Die meerumschlungenen Lande sind unser, werd' es auch das Meer. Das walte Gott!" 22 Ganz anders dagegen die um Objektivität bemühte Darstellung im Krieg gegen Frankreich 1870/71, in dessen letztem Kapitel das Gebet des Feldprobstes Thielen zitiert wird, der Dank für „ein wieder geeintes, großes, deutsches Vaterland, ein Bollwerk des Friedens, ein Hort der Freiheit und des Rechts", dem Fontane den Wunsch anfügt: „Und so bleib' es in alle Zeit!" 23 Diese Wandlung im Denken Fontanes hängt ohne Zweifel auch mit seinen persönlichen Erfahrungen in dieser Zeit zusammen, mit dem Erlebnis der ersten Reise nach Frankreich und der Gefangenschaft, mit der Sorge um den im Felde stehenden Sohn und der Nähe der schrecklichen Auswirkungen des Krieges, wie sie in eng befreundeten und verwandten Familien erfahren und erlitten werden.
Max von Below, der Sohn einer Halbschwester Emilie Fontanes, war am 11. De-