zember 1870 bei Orleans an den Folgen einer Verwundung gestorben. Fontane schreibt darüber in einem Brief an seine Schwester Elise:
Max v. Below ist tot; heute früh schrieb es uns Clara; daß er vor Orleans schwer verwundet war (Zerschmetterung des Unterschenkels) wußten wir schon. Ich kann sagen, es hat mich apart bewegt. Er war ein guter, braver, liebenswürdiger Mensch. Wann wird es ein Ende haben?! Heute Nachmittag fuhren 10 Waggons voll 24er Landwehr an uns vorüber. Sie sangen. Es ist noch das Beste, daß sie singen können, dieser unverwüstliche Leichtsinn der Menschennatur. (23. Dezember 1870)
Es kann nicht verwundern, daß im Briefwechsel mit dem Verleger der Darstellungen solcher und ähnlicher Begebenheiten wenig Heiteres zu lesen ist. Die Zeit der Kriegsgefangenschaft Fontanes ist die einzige Episode in den Beziehungen zwischen Decker und ihm, in denen es zu einer Art persönlicher Anteilnahme gekommen ist. Decker hat sich, wie viele der Freunde Fontanes, nach Kräften um dessen Freilassung bemüht; so jedenfalls geht es aus den Briefen hervor, die Fontanes Ehefrau und seine Schwester in diesen Novembertagen 1870 an den Verleger richten. Doch bald danach sind Fontanes Briefe so kühl und geschäftsmäßig, wie sie es in den Jahren zuvor gewesen sind. Kaum je wird ein persönliches, privates, über das rein Geschäftliche hinausgehende Wort niedergeschrieben, und die Wünsche für gute Gesundheit, einen schönen Urlaub oder fröhliche Feiertage sind die einzigen Zugeständnisse an die nötigsten Formen der Höflichkeit, die sich Fontane in dieser Korrespondenz gestattet. Es hat den Anschein, als übertrüge sich die Unlust und Anspannung, unter der Fontane an den Auftragswerken arbeitet, auch auf den Ton der Briefe an deren Auftraggeber. Man hat es mit einem der unpersönlichsten Briefwechsel zu tun, die aus Fontanes Feder überliefert sind. Gleichzeitig ist dies aber auch die einzige Geschäftskorrespondenz Fontanes, die den alltäglichen Kampf mit Lektoren, Setzern, Holzschneidern und Geschäftsführern in solcher Ausführlichkeit dokumentiert. Er zeigt Fontane bei einer sauren Arbeit in den Jahren materieller Not, ausbleibender Anerkennung und persönlicher Niederlagen, über die er vor allem in den Briefen an die Freundin Mathilde von Rohr 24 so offen und rückhaltlos klagt. Man tut jedoch gut daran, von der persönlichen Haltung Fontanes gegenüber Rudolf von Decker, die in den geschilderten Umbrüchen seines Lebens und Denkens gründet, im historischen Rückblick möglichst abzusehen. Vom Werk des späten Fontane aus gesehen, im Wissen um den Entwicklungsprozeß, den der Erzähler gerade bei der Entstehung seiner Kriegshistorik durchlaufen hat — und den später, kühleren Blutes, schließlich auch Fontane selbst zu würdigen wußte 23 — fordert es die literaturhistorische Gerechtigkeit, daß man sich an seine Kriegsbücher, ihren Verleger und deren Rolle im Werden des Dichters Theodor Fontane mit Achtung erinnert.
Anmerkungen
* Zum 275. Jahrestag der Gründung der Deckerschen Offizin in Berlin und zum 90. Todestag Theodor Fontanes hat R. v. Decker's Verlag, G. Schenck in Heidelberg 1988 eine Edition der Briefe Fontanes an Rudolf von Decker vorgelegt: Theodor Fontane: Briefe an den Verleger Rudolf von Decker. Mit sämtlichen Briefen an den Illustrator Ludwig Burger und zahlreichen
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