Heft 
(1989) 48
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einleuchtend und kräftig und dabei durchaus frei von jenem blechernen Geklap­per, mit dem uns, Gott sei's geklagt, die Kriegskorrespondenten so gern rega- lieren.

Die Behandlungsweise ist übrigens nicht ganz gleichmäßig. Ich habe das Werk gelegentlich alsbelletristisch" bezeichnen hören. Der Ausdruck ist überhaupt nicht zutreffend; ganz und gar unpassend erscheint er aber für den zweiten Teil, denKrieg gegen die Republik". Obgleich dieser Teil mehr als tausend Seiten umfaßt, hat die Massenhaftigkeit des Materials hier doch zu einer sehr sachlichen und kompendiösen Form genötigt, die von der des ersten Teiles (Krieg gegen das Kaiserreich", 854 Seiten) absticht. Man mag dies als einen Kompositionsfehler tadeln a ber wenn es ein solcher ist, so liegt er doch in der Natur der Sache, ja in der Auffassung von Heer und Volk selbst begründet, und kein Werk über den Krieg, auch das des Generalstabs nicht, wird sich diesem Einfluß entziehen können. Den Krieg gegen das Kaiserreich beschreibt Fontane in ähnlicher Art, wie er in seinen brandenburgischen Wanderungen unsere Mark schildert. Dies dürfte auffallend erscheinen, weil es doch in dem einen Falle die Darstellung eines zeitlich Geschehenden, im andern diejenige eines örtlich Vorhandenen gilt; aber es ist dennoch nicht nur wahr, sondern auch zweckmäßig. Denn die Auffas­sungsweise Fontanes ist das vollständige Gegenteil der Abstraktion; seine Eigen­tümlichkeit beruht gerade darauf, daß er niemals nurdas Ding an sich" sieht; vielmehr erblickt er immer das Ding im Strome der Geschichte und das Ereignis stets in seinen Beziehungen zur Örtlichkeit und zur Lokalhistorie. Das Geschaute und das Geschehende regen in seiner Seele eine Welt von Erinnerungen und Betrachtungen an,

Es ist in seiner Gedankenfabrik Wie mit einem Webermeisterstück,

Wo ein Tritt tausend Fäden regt,

Ein Schlag tausend Verbindungen schlägt."

Die malerische Kennzeichnung des Lokals, das biographische Charakterbild, der anteilsvolle Reflex der Stimmungen, die historische Reminiszenz das sind die begleitenden Momente der Erzählung Fontanes, und seine Kunst besteht darin, daß dies reiche Material doch immer der Hauptsache untergeordnet bleibt: ein' Rahmen schöner Randzeichnungen, der mit dem Hauptbilde gleichzeitig kompo­niert ist und wesentlich zu dessen Verständnis beiträgt, der es jedoch an keiner Stelle beeinträchtigt und stört. Schon die Rücksicht auf diesen letzteren Punkt verbot wohl eine gleichartige Behandlungsweise für den zweiten Teil des Werkes: Große, einheitliche, in gewaltigem Monumentalcharakter gehaltene Bilder werden durch leichteres Beiwerk nicht gestört; sie heben sich scharf und klar aus dem­selben hervor. Unruhige und ungeheure Ereignisse, welche sich wie Nebelbilder von einem stets bewegten Hintergründe lösen, um wieder in ihn zu verfließen, würden unverständlich werden, wenn sie nicht so fest und schlicht als möglich eingerahmt würden. Und so ist der vermeintliche Kompositionsfehler vielleicht ein Kompositionsvorzug.

Theodor Fontane hat uns früher den Krieg um Schleswig-Holstein und den von 1866 geschildert, und diese Werke sind von Ludwig Burgers Meisterhand illustriert worden. Eine derartige Zugabe fehl diesmal. Die in den Text gedruckten Holz­schnitte verfolgen vielmehr einen ganz andern Zweck: sie veranschaulichen stra­tegische und taktische Kombinationen und Situationen. Und diesen Zweck erreichen sie vollkommen; denn sie sind gut entworfen und technisch ganz vortrefflich

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