Rezeption
„Abel Hradscheck und sein Weib" wurde am 10. 9.1954 unter der Regie von Hans- karl Zeiser am Deutschen Schauspielhaus Hamburg (Intendant: Albert Lippert) uraufgeführt und erlebte ein Jahr später, am 16.9.1955, im Großen Haus des Landestheaters Linz (Intendant: Oskar Walleck) unter der Regie von Rolf Schneider seine österreichische Erstaufführung. In einer vom Verfasser eingerichteten Hörspielfassung wurde das Stück unter dem Titel „Bel etage" am 18. 5.1955, also noch vor der Premiere am Landestheater Linz, unter der Regie von Hans Krend- lesberger mit Heidemarie Hatheyer als Ursula und Romuald Pekny als Abel vom Sender Linz der Sendergruppe Rot-Weiß-Rot dem österreichischen Rundfunkpublikum vorgestellt.
Das Drama fand sowohl in Hamburg als auch danach in Linz geteilte Aufnahme. Kritische Stimmen werfen dem Autor rechtschaffene Langeweile, papierene Ausdrucksweise und schwächliche Symbolik vor (R. Stobbe) 7 , weiterhin „Geheimniskrämerei bis an die Grenze des Reißerischen" (R. Drommert), mangelndes Verständnis der Vorlage (J. Jakobi), eklektizistische Verwendung von Motiven Fontanes, Strindbergs, Barlachs, Billingers und gar Mickey Spillanes (cel), nur dürftige Psychologisierung der Figuren (H. R„ J. A.) und schließlich Überbetonung des Kriminalistischen auf Kosten des Dichterischen (R. Lehr). Wohlwollende Rezensionen hingegen würdigen Pühringers sprachliche Kraft, die dem Stoff „echten Bühnenatem" eingehaucht hätte (M. Georgi), Farbigkeit, Sinnlichkeit und Vitalität (K. L. Tank): „Endlich ein Dramatiker? Das zu entscheiden wäre nach dieser sehr balladesken Arbeit, die ihre epische Herkunft nicht leugnet, verfrüht. Den szenischen Zugriff scheint er zu haben! Atmosphärisches verlangt Anteilnahme. Zumindest eine außerordentlich interessante Begegnung!" (Hansemann). Bemerkenswert scheint, daß die bundesdeutschen Kritiker viel schärfer mit Pühringers Fontane- Adaption ins Gericht gehen als deren österreichische Kollegen (Rezensionen aus der DDR und der Schweiz liegen nicht vor). Daß der Autor für sein Drama „Der König von Torelore" 1951 mit dem Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet wurde, quittiert J. Jacobi im „Hamburger Fremdenblatt" mit der spitzen Replik: „man hat dort [d. i. Österreich] repräsentative Preise, aber anscheinend nur pädagogische Maßstäbe". „Eins graus, eins kraus", kommentiert R. Stobbe im „Hamburger Echo" Pühringers „Abel Hradscheck und sein Weib": „Fontane hat keine Schuld daran, daß nach seinem ,Unterm Birnbaum' der österreichische Staatspreisträger Franz Pühringer eine sich tiefsinnig gebende Moritat [.. .] modellierte." Die österreichischen Blätter hingegen berichten vornehmlich vom Erfolg der Uraufführung, die dem Autor 23 Vorhänge vor ausverkauftem Hause eingetragen hatte, und ein Jahr später, aus Anlaß der österreichischen Erstaufführung, von der wohlwollenden Aufnahme des Stücks durch das Linzer Publikum. Hervorgehoben wird die Treue gegenüber der Vorlage bei gleichzeitiger Akzentverschiebung der Kriminalnovelle zur Ehetragödie: „Wobei sich Franz Pühringer übrigens als wirkungsvoller Dialogschreiber (...] auszeichnete." (H. Lange).
Was die beiden Inszenierungen anlangt, so scheint die „Verjüngung" der beiden Hauptfiguren durch den Regisseur der Uraufführung in Hamburg, H. Zeiser, nicht ganz den Vorstellungen des Autors entsprochen zu haben. 8 Die Linzer Aufführung sollte, so Pühringer zur österreichischen Erstaufführung, „im Gegensatz zur Uraufführung am Hamburger Deutschen Theater, die zu sehr einer gewissen, vielleicht von den riesigen Dimensionen des Hauses erzwungenen, rein szenischen Sensation verhaftet war, Autor wie Publikum eine werkgerechtere Aufführung bescheren." 9
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