Heft 
(1989) 48
Seite
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Zwanzig bis Dreißig: 381) Der Satz aus Storch von Adebar findet hier also seine Bestätigung.

Eine Stelle aus Von Zwanzig bis Dreißig übertrifft die anderen im Hinblick auf Karl Büchsel an Bedeutung. Fontane berichtet, wie die Kreuzzeitung durch Zu­sammenkünfte im kleinen Kreise und durch Feiern zu politischen Gedenktagen gesellschaftlich repräsentiert war. Wenn auswärtige Korrespondenten eintrafen oder zur Feier des Geburtstages des Königs kamen die der Kreuzzeitung Nahe­stehenden zusammen:Auch da fanden sich interessante Leute zusammen, aus deren Gesamtheit ich, um mich nicht zu sehr in Einzelheiten zu verlieren, nur einen herausgreife: den alten Büchsel. Ich hatte das Glück, ihm immer gegen­überzusitzen und ihn dabei studieren zu können, was ich denn auch redlich tat. Sein Kopf war wie der eines märkischen Schäferhundes oder noch richtiger einer Mischung von Neufundländer und Fuchs. Der Fuchs aber wog sehr vor, wodurch, ich kann nicht sagen die Verehrung, aber doch das Interesse für ihn gewann. Er war die personifizierte norddeutsche Lebensklugheit, mit einem starken Stich ins Schlaue. Zu Büchsels wärmsten Verehrerinnen gehörte auch eine Generalin von Gansauge. ,Frau Generalin', so begrüßte er eines Tages die alte Dame, ,ich habe nicht geglaubt, daß Sie noch so vergnügungssüchtig seien' ,Ich? vergnü­gungssüchtig? Aber wie das, Herr Generalsuperintendent?' Ja, Frau Generalin. Ich sehe Sie jetzt auch öfter in meinen Nachmittagsgottesdiensten.' Man hat die ,Wrangeliana' gesammelt; Büchsels Aussprüche zu sammeln würde sich noch mehr verlohnen. Von meiner großen Zuneigung zu ihm hatte er keine Ahnung; sie galt dem Menschen, aber noch mehr dem Schriftsteller. Sein BuchErinne­rungen aus dem Leben eines Landgeistlichen'' ist ein Prachtstück unserer märki­schen Spezialliteratur.'' (Von Zwanzig bis Dreißig: 280; Hervorhebung HE)

Der Vollständigkeit wegen sind noch zwei andere Stellen aus Fontanes Werk zu erwähnen, an denen Pfarrer Büchsel genannt wird. In den Entwürfen zurBrief- Novelle" Ehen werden im Himmel geschlossen begegnet als eine der Figuren Charlotte v. Wnuck, die ihrer Freundin Seraphine v. Goarshausen die an ihre persönliche Perspektive gebundenen Gedanken zur Idylle des Pfarrhauses anver­traut:Ich bekenne Dir, daß ich für Großstadt, für Hof bin, es ist eine andre Luft, aber auch das Idyll einer Landpfarre hat ihren eignen idyllischen Zauber. Eine Laube dicht von Geißblatt überwachsen und nur durch einen Kirchhof mit seinen Kreuzen und seinen Schmetterlingen an der kl. Kirche, vielleicht noch gotisch, getrennt und dann die Abendglocken und dazwischen die Glöckchen der heimkehrenden Herde, die Braune mit dem weißen Bleck vorauf, ja Seraphine. Da schweigt das Triviale, das ist was ich poetisch nenne. Aber trotzdem ich würde wünschen es nur als Durchgangspunkt anzusehn und da ist es von Segen [.. .] Büchsel war Pfarrer in der Uckermark, Müllensiefen war solch Pfarrer, selbst Schleiermacher soll ein Landprediger gewesen sein." (Ehen werden im Himmel geschlossen: 331)

In einem völlig anderen Kontext nennt Fontane den Namen Büchsel in seinen Entwürfen zu einem Aufsatz über den Berliner Bischof Roß. Der letzte Absatz dieser sehr nuancierten Skizze über den Bischof lautet:Weiterhin, mehr am Schlüsse des Aufsatzes, ein Hinweis auf eine gewisse Verwandtschaft zwischen Büchsel und ihm. Dies näher ausführen. Roß war von Abstammung ein Schotte, sogar ein schottischer Graf, von Geburt ein Rheinländer, Büchsel war Ucker­märker. Da liegen die Hauptunterschiede. Au bon sens, an Popularität, an Macht über die Gemüter, an Einfluß der Stellung waren sie sich gleich. Der eine be-

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