stände der Gemeinden auf sorgendem und betendem Herzen. Wenn Sie als General-Superintendent in die Pfarrhäuser und die Gemeinden hineintreten, so erkennen Sie mit Ihren klaren Augen die Zustände bis auf den Grund; Sie kommen aber als treuer Amtsbruder, bewährt in Rath und That. Das wissen sie auch in der Provinz und kommen wieder zu Ihnen hierher persönlich und brieflich mit allen möglichen Sorgen und Wünschen. Deshalb könnten Sie auch davon reden, wie der heilige Apostel, daß Sie täglich angelaufen werden und tragen Sorge für alle Ihre Gemeinden. Sie werden sich dessen nicht rühmen, sondern sich vielmehr mit ihm Ihrer Schwachheit rühmen wollen. Dieses Bekenntnis können wir aber Ihnen getrost überlassen; unsere Pflicht und Herzensbedürfnis ist es, Ihre feste Pflichttreue mit strenger Selbstverläugnung in unermüdlicher Arbeit und Ihre so unendlich reich gesegnete Wirksamkeit im geistlichen Amt und im Kirchenregiment heut vor aller Welt mit vollstem Danke anzuerkennen."
Zu einer weiteren Ansprache, jener nämlich des Generalsuperintendenten der evangelischen Kirche Berlins, hat Fontane ebenfalls das Lob „sehr gut" an den Rand geschrieben. Ich zitiere die markierte Stelle: „In den mehr als drei Jahrzehnten, die Sie hier in der Arbeit stehen, sind viele dahingegangen, neue Kräfte aufgetaucht, zum Theil auch wieder verbraucht, aber Büchsel ist stehen geblieben wie eine Eiche; unerschüttert, dabei unbeirrt seinen Weg gehend, jedenfalls bekenntnißfreudig. Sie sind ein Thatbeweis, daß auch unter den Verhältnissen unserer Stadt eine treue Gemeinde nicht bloß gesammelt, sondern erhalten werden kann. Sie haben, ohne es zu suchen, mehr für die Hebung der kirchlichen Noth- stände unserer Stadt gethan als irgend einer. Sie haben neue Kirchen zusammengepredigt und vielen die Macht lebendigen Wortes gezeigt. Auch ich habe bei der Last, die auf mir liegt, in mancher stillen Stunde des Zagens nach St. Matthäus geblickt, und es ist mir immer gewesen, als ob das, was Büchsel mir zuriefe, lautete: fürchte dich nicht, glaube nur! Gott beschere unserer Stadt viele solcher treuen Zeugen! Gott erhalte insbesondere Sie, lieber Bruder, in der hoffnungsvollen Freudigkeit, die Sie heute so schön als Ertrag des Lebens ausgesprochen haben. Büchsel hat sich als Optimist gezeigt, in dem Sinne des christlichen Optimismus, welcher seine Wurzeln im lebendigen Glauben hat."
Unter der Aufschrift „Büchsels Amts-Jubiläum" hat Fontane zusätzlich eine Liste von Büchsels drei Söhnen und zwei Schwiegersöhnen aufgestellt, die alle als Pastoren in der Mark Brandenburg tätig waren. Diese kleine Liste befindet sich im FAP unter der Signatur M4.
Auf die Frage, warum Theodor Fontane ein so großes Interesse für den Lebenslauf, die Wirksamkeit und das schriftstellerische Werk Karl Büchseis besaß, kann nur eine die unterschiedlichen Aspekte berücksichtigende, differenzierte Antwort gegeben werden. Büchsel ist für Fontane eine reiche kulturhistorische Quelle, die Fontanes während seiner Wanderungen durch die Mark Brandenburg gemachte Erfahrungen zu ergänzen vermochte. Büchsels Leben und Tätigkeit als Pfarrer sind auch ein bedeutsames Stück Leben der Stadt Berlin gewesen. Büchsel hat mit seinen Geschichten die Neugier des an der Historie interessierten Autors Fontane angeregt. Ohne seine schriftstellerische Begabung hätte Büchsel diese Wirkung auf den in einer ganz anderen Weise produktiven Fontane wohl kaum gehabt. Büchsels Werke zeichnen sich durch eine Fülle von Geschichten, anschaulichen Lebensberichten und Anekdoten aus. Wenn die Empfänglichkeit des Lesers für seine religiös-erbauliche Botschaft nur in geringem Maße vorhanden war — dies können wir bei Theodor Fontane wohl annehmen — so hat Büchsels Werk diesem Leser dennoch viele gut erzählte, lebensnahe Geschichten zu bieten. Andererseits
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