dies offen (GM, 65—66). 13 Truds Behandlung der Heranwachsenden Grete weist schon auf die Schwierigkeiten voraus, die dieser von ihrer Umwelt bereitet werden, einer Gesellschaft, die sie besonders nach dem Tode ihres Vaters als nicht zugehörig akzeptiert. So wird bereits im Anfang der Erzählung deutlich, daß Fontanes Interesse dem Zusammenspiel von Charakteranlage und Umwelteinfluß in Gretes Entwicklung gilt.
Thackeray scheint ein solches Interesse ganz und gar abzustreiten, wenn man seinen wiederholten Beteuerungen glauben darf, er habe sich die Biographien einiger unverbesserlicher Schurken aus dem Newgate Calendar herausgesucht, um ihre abgrundtiefe Schlechtigkeit vorzuführen (C, 3—4, 7—8, 31f., 78, 113, 183). Betrachtet man seine Darstellung besonders der Hauptfigur Catherine jedoch genauer, gewinnt man einen anderen Eindruck. Obwohl er nämlich seinen Erzähler behaupten läßt, er halte sich in seinem Bericht genau an „that great authority. the Calendarium Newgaticum Roagorumque Registerium" (C, 113), nimmt die Beschreibung der genaueren Umstände des Mordes und der Hinrichtungen nur den Raum eines halben Kapitels (von insgesamt fünfzehn) ein. Nur hier verwertet Thackeray den knappen Lebenslauf der Catherine Hayes aus dem Newgate Calendar und für die Einzelheiten ihres Endes den Zeitungsbericht des Daily Journal (C, 181f.) oder der Daily Post (C, 183). 14 Ein Vergleich dieser Quellen mit Thackerays Version von Catherine Hayes' Biographie macht deutlich, was er in einem Brief an seine Mutter, geschrieben nach Abschluß der Erstveröffentlichung in Fraser's zugibt: „The author had a sneaking kindness for his heroine, and did not like to make her utterly worthless". 15 *
Die historische Catherine war keine Waise, die im Armenhaus aufwuchs, sondern verließ ihre Eltern im Alter von fünfzehn Jahren nach einem Streit (NC, 30). Bei Thackeray ist Catherine zwar „a slattern and a minx',** aber gleichzeitig einer skrupellosen Arbeitgeberin ausgeliefert, die sie als Lockvogel für ihre Wirtshauskundschaft ausnutzt: „Mrs Score was a far superior shrew; and for the seven years of her apprenticeship, the girl was completely at her mistress's mercy."*** (C, 11). Thackeray erfindet die Figur des Grafen Galgenstein und führt sowohl ihn als auch Peter Brock alias Wood unter Betonung ihres schurkischen Charakters so früh in die Geschichte ein, daß sie von Anfang an beherrschenden Einfluß auf Catherines Schicksal ausüben: „If the reader fancies (...) that the sun of that autumn evening shone upon any two men (...) who were greater rascals than Count Gustavus Galgenstein and Corporal Peter Brock he is egregiously mistaken"**** (C, 7). Der Dewgate Calendar erwähnt lediglich „some officers", bei denen Catherine sich vorübergehend aufhält (NC, 30), und einen gewissen „Thomas Wood", der erst kurz vor der Mordtat zu der Familie Hayes stößt und zur Mitwirkung überredet werden muß (NC, 32) , 16 Während man aus den kargen Einzelheiten dieses Berichtes nur schließen kann, daß Catherine ihren Mann aus Habsucht und einfacher Schlechtigkeit umbringt (NC, 31—32), begründet Thackeray die Tat mit ihrer Liebe zu Galgenstein. Er betont, daß sie die Verführte ist (C, Kap. 1) und ihm verfallen, was ihm die Möglichkeit gibt, sie schamlos auszunutzen
* .Der Autor hegte eine heimliche Sympathie für seine Heldin und wollte sie nicht völlig unwürdig darstellen.*
** .eine Schlampe und ein Wildfang*
•** .Mrs. Score war eine Xanthippe erster Güte, und während der sieben Jahre ihrer Lehrzeit war das Mädchen ihrer Herrin völlig ausgeliefert.*
*** .wenn der Leser denkt (...), daß die Sonne jenes Herbstabends auf zwei größere Schurken als Graf Gustavus Galgenstein und Unteroffizier Peter Brock schien, dann unterliegt er einem ungeheuren Irrtum.*