25 Ingrid Leitner: Sprachliche Archaisierung. Historisch-typologische Untersuchungen zur deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts. Frankfurt/Main, Bern, Las Vegas 1978. S. 215-220.
26 Dies zeigt K. C. Phillipps: The Language of Thackeray. London 1978. S. 85, 115, 130-131.
27 Müller-Seidel spricht abwertend von historisierende [m] Erzählen und den historisierenden Novellen „Ellernklipp" und „Grete Minde": Walter Müller- Seidel: a. a. O., S. 77, 80.
Miroslaw Ossowski, Rzeszöw
Der „Berliner Roman" zwischen 1880 und 1900. Diss. 1985 / Autorreferat *
Die sich im 19. Jahrhundert sprunghaft entwickelnden Großstädte boten der europäischen Literatur mit einer Fülle von diversen Zivilisationsphänomenen Stoff für Studien der Gegenwartswirklichkeit. Zuerst nahmen sich die Schriftsteller in Paris, London und Petersburg der Großstadt an. In den 80er Jahren weckte die Großstadtproblematik auch die Aufmerksamkeit der deutschen Autoren, nachdem ihre Hauptstadt im Rausch der Gründerjahre zur Millionenmetropole aufgestiegen war. Die epische Erschließung des neuen Gegenstandes fiel hier mit dem Durchbruch des Naturalismus zusammen, der sich das Großstadtsujet zu eigen machte und mit der sozialkritischen Staffage und Milieuschilderung die Schriftsteller zu neuen Betrachtungsperspektiven inspirierte. In der hier anzuzeigenden Arbeit werden Werke von mehreren Autoren, die von unterschiedlichen ästhetischen Voraussetzungen ausgingen, auf ihre aus dem gemeinsamen Vorwurf — die Darstellung der modernen Metropole Berlin — resultierenden, das Genre der „Berliner Romane" konstituierenden epischen Mittel und Motive untersucht. Zur Beleuchtung dieser Aspekte werden auch die Art der Beziehung der Schriftsteller zur Großstadt, die literarischen Einflüsse und Vorbilder sowie die Resonanz, die die „Berliner Romane" in der zeitgenössischen Publizistik gefunden haben, erörtert. Einen anderen Schwerpunkt bildet der Versuch, die von der Literatur eingefangenen Urbanisierungsprozesse im Berlin nach 1870/71 zu bestimmen, indem das gesamte Korpus „Berliner Romane" als Zeitdokument betrachtet wird.
Die literarische Darstellung von Berlin wurde Anfang der 80er Jahre zum Gegenstand programmatischer Äußerungen in der Publizistik. Der von Julius Rodenberg 1879 geprägte Begriff „Berliner Roman" 1 tauchte in den Rezensionen der in der nachfolgenden Zeit erschienenen Bücher auf. Anders als die Literaturhistoriker im 20. Jahrhundert, die unter den „Berliner Romanen" in der Regel ästhetisch differenzierende Werke mit Berlin als Handlungsschauplatz verstanden und Berlin-Romane aus verschiedenen Epochen aneinanderreihten 2 , forderte die zeitgenössische Literaturkritik die Schriftsteller zur Darstellung der modernen Reichs-
* Die Arbeit erscheint voraussichtlich 1989 im Druck.
92