Heft 
(1989) 48
Seite
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Seit ihrer Gründung 1953 Redaktionsmitglied derWochenpost", für die er 20 Jahre die FeuilletonrubrikMit beiden Augen" schrieb. In seinen Feuilletons, Essays, Erzählungen, die in über dreißig Büchern gesammelt sind, hat Heinz Knobloch vor allem Menschen, Straßen, Plätze und Grabsteine Berlins sowie besonders die jüdische Geschichte der Stadt dem Vergessenwerden entrissen und für die Gegenwart lebendig gemacht.

Volker Ebersbach, Leipzig

Geständnis

Seit dem Erscheinen meines historisch-biografischen RomansCAROLINE", der das Leben und Wirken der viel verheirateten, teils bewunderten und geliebten, teils gehaßten und alsDame Luzifer" verleumdeten Caroline Michaelis-Böhmer-Schle- gel-Schelling darstellt, erreichen mich immer wieder mündliche und schriftliche Anfragen, wie denn ich als Mann es geschafft habe, das Erleben, das Denken, die Gefühlswelt eines weiblichen Wesens überzeugend zu gestalten. Ich darf dann auf die Offenherzigkeit ihrer überlieferten Briefe verweisen, auf die ich mich, oft bis in die Diktion hinein, stütze, und berufe mich auf manches Gespräch mit meiner Frau, ohne die das Buch überhaupt nicht hätte entstehen können, denke auch an das als typische Weibergeschichte mir sehr nahegehende Märchen vom Schneewittchen, die wie Caroline immer vor vergifteten Äpfeln auf der Hut sein mußte. Nie vergesse ich, welch tiefen Einblick in die weibliche Psyche ich durch die Protokolle Maxi Wanders gewann.

Aber das alles wäre keine ausreichende Erklärung. Es hätte niemals zum Tragen kommen können ohne die starke und gleichmäßige Hintergrundstrahlung, mit der, viel früher schon beginnend und darum stetig und nachhaltig, Theodor Fontanes Frauengestalten auf mein Bild vom anderen Geschlecht einwirken, Effi, Mathilde, Stine, Melanie und all die anderen.

Dieses Geständnis war ich dem Meister und uns schuldig.

Volker Ebersbach wurde 1942 in Bernburg geboren, studierte Germanistik und Altertumskunde in Jena, wo er 1967 mit einer Arbeit über Petronius promovierte. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Deutsch-Lehrer für Ausländer am Herder-Institut der Karl-Marx-Universität Leipzig und als Lektor am Deutschen Lehrstuhl der Uni­versität Budapest lebt er seit 1976 als freischaffender Schriftsteller und Übersetzer in Leipzig. Aus der Feder von Volker Ebersbach stammen neben Kinderbüchern vor allem historisch-biographische Erzählungen und Romane.

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