Eggers’»Wochenzettel« 1870 Berbig 37 […] im Rütli brachte Schenkendorf[Bernhard von Lepel ] die Nachricht, daß von Nöhl[Fontane ] nun schon seit dem 4 t October keine Nachricht da sei und dies brachte die Frage auf, ob nicht Jemand mit Gelegenheit nachfahren müsse, zu sehen, was aus ihm geworden. 13 Er sei, so Eggers,»zwar sehr unpraktisch dazu«, doch entzog er sich nicht. Die militärische Welt, im Gegensatz zu Fontane und einigen anderen im Rütli-Kreis(Lepel war sogar Offizier), war ihm gänzlich fremd, nicht mehr als eine Bild- und Zeitungsgröße. Waffendienst hatte er nicht ableisten müssen. Im Mai 1841 war ihm vom Militair-District Güstrow ein»Freilassungs-Schein« zugesandt worden –»wegen Unbrauchbarkeit« 14 . Ob dieses Attest in einem Bezug zu Eggers´ Homosexualität gestanden hatte? Wohl eher nicht. Als Student war ihm der Fechtboden zu einem vertrauten Terrain geworden, er hatte sogar Erfahrungen im Duellieren gesammelt. 15 An körperlicher Ertüchtigung war er Fontane um einiges voraus. Das beinahe tägliche Kürzel»G=G« in seinen Wochenberichten bedeutet morgendliche »Garten=Gymnastik«. Schon 1857 hatte es in einem Brief Fontanes geheißen, Eggers»hantelt erst eine Viertelstunde, dann läuft er Dauer« 16 . Hinzukam, dass Eggers sich außerordentlich ins Zeug legte, für die kämpfenden Soldaten wohltätig zu wirken: mit Paketen und Postsendungen aller Art. Nicht wenige seiner Freunde standen unter Waffen. Derartiges zu organisieren, besaß er Neigung und Vermögen. Kein Zufall, dass in Von Zwanzig bis Dreißig eben diese Seite der Eggers’schen Persönlichkeit unverhältnismäßig stark herausgestrichen wird. Fontane hatte seine Gründe. 3 Kommen wir zu den Aufzeichnungen selbst. Nachdem Sanitätsrat Klaatsch am 19. Oktober 1870 Eggers aufgefordert hatte,»ihn mit nach Remilly 17 zu begleiten, um Verwundete zu holen«, das Rütli zusammengetreten war, um ihn seinerseits mit den»Nachforschungen über unseren verlorenen Freund« zu beauftragen, Moritz Lazarus die dafür erforderliche Geldsumme bereitgestellt hatte und auch Rudolf von Virchow diesem Doppelauftrag zugestimmt hatte, brach Eggers um 12:05 Uhr am 20. Oktober 1870 von Berlin auf: mit einem»wundervoll ausgerüstete[n] Lazarethzug« 18 . Die Perspektive, aus der gesehen und geschrieben wird, ist die eines Privilegierten. Daran lässt die Beschreibung von Beginn an keinen Zweifel. Da die in Anspruch genommenen Annehmlichkeiten einer guten Sache dienen, dürfen sie beansprucht werden. Der Reisende ist untergebracht im »Salonwagen« an der Spitze des Zuges, real wie symbolisch,»dann Wagen je mit 12 Betten für Verwundete. Dann d. Bureau, welches zugleich Eßzimmer, dann die Küche, die Vorrathskammer und wieder Wagen für die Verwundeten, endlich Packwagen.« 19 Das setzt sich so fort:»Wir beluden einen Preuß. Artilleristen«, so am 27. Oktober 1870 in Nancy/Nanzig ,»mit meinen
Heft
(2022) 113
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